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Jonathan Hofmann: Die musikalische Kraftmaschine hinter „Soundwerk“

Der Mann mischt die Chorszene in und um Hofheim auf, und zwar gewaltig. Mit seinem Chor „Soundwerk“ hat er in den letzten Wochen tausende Menschen erreicht und begeistert – trotz Corona: Sein einzigartiges Internet-Projekt „Lichtblicke“ faszinierte selbst Menschen, die Chorgesang als etwas vorgestrig und altbacken abtaten. Wer ist dieser Mann – und was treibt ihn an? Und überhaupt: Was ist das für ein Chor, der in dem Nest Wallau beheimatet ist und längst Fans in der ganzen Region gefunden hat? 

Sein Name: Jonathan Hofmann. Alter: 32 Jahre. Verheiratet mit einer Ärztin, zwei Kinder. Beruf: Dirigent. Leidenschaft: Musik, Chorgesang.

Er sei ein echter „Wallauer Bub“, erzählen die Menschen in dem kleinen Hofheimer Ortsteil, sie klingen durchaus ein bisschen stolz. Zwar lebt er mit seiner Familie längst in Hanau, taucht allerdings regelmäßig in seinem Heimatdorf auf. Bodenständig sei er geblieben, sagen die Leute und nicken anerkennend. Einer von uns. Dabei sei er ja durchaus schon eine kleine Berühmtheit.

Wer Jonathan Hofmann näher kennenlernt, erlebt ein musikalisches Energiepaket mit schier unbegrenzter Power:

2013 gründete er das RheinMainEnsemble (Mainz), mit dem er 2017 den 1. Preis im Landeschorwettbewerb Rheinland Pfalz, Kategorie gemischte Kammerchöre, gewann.

2014 übernahm er die künstlerische Leitung der Jungen Kantorei, eine Art Elite-Chor mit höchsten Ansprüchen und Dependancen in Frankfurt, Marburg und Heidelberg. Hofmann initiierte die Konzertreihe „Neues Hören“ und gründete die „Junge Kantorei für Junge Ohren“.

Und zu alledem ist er auch noch die musikalische Kraftmaschine hinter „Soundwerk„, einem recht jungen Chor aus Wallau. Und schon sind wir mittendrin in einer Welt, die zu kennen wir glaubten und die uns jetzt doch mit ihrer Vielfältigkeit und Leidenschaft verblüfft, ja sogar auch begeistert: 

Chöre gibt es überall, Männerchöre, Frauenchore, gemischte Chöre, Kirchenchöre… Die Basics gleichen sich: Gesang und Gemeinschaft. Vorstand mit Sitzungen, regelmäßige Proben und ab und zu ein Konzert. Geordnete Strukturen, gefestigt oftmals seit Jahrzehnten.

Chöre bedienen allerorts das Bestreben, mit musikalisch Gleichgesinnten zusammen sein zu können. Singen in Gemeinschaft gilt als wertvolle Bereicherung unseres kulturellen Lebens, das ist unstrittig. „Mit diesen Chöre verdienen wir Dirigenten unseren Lebensunterhalt“, sagt Jonathan Hofmann, der jahrelang einen Männerchor in Rheinland-Pfalz leitete. Er anerkennt den Wert der Chöre als wichtige Akteure des Gemeinwesens. Er schmunzelt: „Da habe ich aber auch gelernt, mich durchzusetzen“. 

Jonathan Hofmann: „Wir wollten einen anderen Chor“

Vor drei Jahren habe er sich mit einigen Sängern zusammengesetzt. Gleichgesinnte, die musikalisch neue Wege ausloten wollten. Man traf sich in Wallau, Hofmanns Heimat: Sein Vater ist dort evangelischer Pastor, er stellte den Sängern das Gemeindehaus und die Kirche für ihre Treffen zur Verfügung. Als Gegenleistung, so der Deal, sollte der Chor, wenn es ihn eines Tages geben sollte, die Gottesdienste in Wallau mitgestalten.

„Wir wollten einen anderen Chor“, sagt Hofmann. „Wir wollten zeitgemäßere Strukturen. Und ganz wichtig: Gemeinschaft sollte in diesem Chor nicht Selbstzweck sein. Für mich entsteht Gemeinschaft erst bei der Realisierung einer musikalischen Idee.“

Jonathan Hofmann
So kennen ihn „seine“ Sängerinnen und Sänger: Szene aus einem der Lichtblicke“-Videos – Jonathan Hofmann dirigiert von zu Hause aus.

„Soundwerk“ wurde geboren. „Wir wollten auch als Verein neue Wege gehen. Wir haben zum Beispiel keine festen Mitgliedsbeiträge, sondern nur einen Mindestsatz definiert, den möglichst jeder zahlen sollte.“ Wer mehr geben könne, sollte mehr geben. Auch die Sitzungen des Vorstands wurden geöffnet: Zutritt war nicht allein einer geschlossenen Runde vorbehalten. Alle sollen sich einbringen können. 

Und es funktionierte! 40, bald 50 Sängerinnen und Sänger trafen sich regelmäßig. Sie kamen aus Wallau, aus Hofheim und dem Main-Taunus-Kreis, auch aus Mainz und von noch weiter her, aus Frankfurt, Hanau und Offenbach. Das Repertoire fand Beifall: Gospel und geistliche Popmusik, aber auch Titel aus den Charts, Traditionelles und Choräle. 

Doch dann kam Corona. Der junge Verein wurde von der Pandemie wie von einem Tsunami überrollt. Keine Treffen mehr erlaubt. Keine Gesangsproben mehr. All die schönen Pläne und großen Ideen: alles aus und vorbei?

„Ich bin nicht ein Typ, der jammert, weil etwas nicht geht“, sagt Hofmann. „Ich schaue lieber nach vorne und suche neue Wege.“ Wobei der eigene Anspruch die Richtung weist: „Das wir plötzlich unsere Proben per Videokonferenz über Internet abhalten: Das war für mich keine Alternative. Das wollte ich nicht.“

Lichtblicke: „Momente, die der Chor nie vergessen wird“

Es entstand eine ganz neue Chor-Idee: die Video-Serie „Lichtblicke“. Während der Sommermonate durfte man ja singen, draußen zum Beispiel und bei Einhaltung des Mindestabstands auch in größeren Räumen. „Wir trafen uns in kleinen Gruppen im Gemeindesaal und in der Kirche und nahmen nacheinander die verschiedenen Stimmen auf. Am Computer wurde sie dann zusammengeschnitten!

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Screenshot aus einem der Soundwerk-Videos: Jonathan Hofmann bei einer Chorprobe in der Stadthalle in Hofheim.

Der typische Chor-Sound war damit schon mal eingefangen. Begleitmusik – Teil des Werks ist eine Band um Pianist Rainer Wahl, der schon lange mit Hofmann zusammenarbeitet – wurde dazugegeben. Und dann wurden originelle, für einen Chor sicher auch einzigartige Locations ausgesucht: Das Parkhaus von Ikea beispielsweise. Der Kerbeplatz in Wallau. Oder auch der Wiesenhang in Diedenbergen mit Blick auf die Skyline von Frankfurt. Der Chor verteilte sich, die Abstandsregel wurden konsequent eingehalten, und die bereits eingespielten Lieder erschallten als Playback aus gewaltigen Lautsprechern: Die Sängerinnen und Sänger sangen dazu, sie tanzten und lachten und hatten einfach Riesenspaß. Ein professioneller Kameramann nahm alles auf, teilweise auch mit einer Drohnenkamera.

„Das war mehr als ein Konzert“, schwärmt Hofmann. „Das  waren Momente, die der Chor nie vergessen wird.“ Die Emotionalität dieser ungewöhnlichen Chorauftritte findet sich in jedem der Videos. Die Gemeinschaft, zu der dieser junge Chor gefunden hat, leuchtet in den Bildern. Die Freude am Miteinander klingt wie eine Begleitmusik im Gesang mit.

Es entstand Chormusik in einer neuen Dimension. Wenn Hofmann davon erzählt, leuchten seine Augen. Seine Begeisterung wirkt ansteckend, er kommt ins Schwärmen und er erzählt und erzählt. Der Mann lebt Musik. Seine Erzählungen haben etwas von Predigten, denen man gerne lauscht, andächtig, hingerissen, auch begeistert. Er lacht: „Ich weiß. In solchen Augenblicken nennt mich meine Frau immer ,kleiner Pfarrersohn‘.“

Die „Lichtblicke“ sind im Internet auf Youtube zu sehen. Derzeit ist der Chor in eine Pause gegangen. „Wir mussten das alles erst einmal sacken lassen“, sagt Hofmann. Die „Lichtblicke“ seien ein echter Kraftakt gewesen, der alle extrem gefordert habe. „Wir brauchten eine Pause.“ Ende Februar/Anfang März soll die Probenarbeit in kleinen Gruppen wieder aufgenommen werden: Wir werden von Soundwerk noch hören!


„Soundwerk“ sucht Mitglieder

Der Chor Soundwerk sucht noch weitere Mitglieder. Wer mitsingen möchte, kann sich beim Vorsitzenden Ralf Rohrbach melden (Tel. 0151 1918 1978 oder E-Mail vorstand@soundwerk-chor.com).

Im Internet stellt sich der Chor auf der Webseite www.soundwerk-chor.com vor. Auf Youtube hat der Chor einen eigenen Kanal eingerichtet, auf dem alle Videos – auch alle „Lichtblicke“ – anzusehen sind (hier).

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