Direkt zum Inhalt

Ein Bericht und seine Folgen – und ein ehrliches Wort des Dankes

Posted in Allgemein

Teile diesen Beitrag:

Es war ein Bericht, der Hofheims Stadtverwaltung regelrecht durchschüttelte. Im Hofheim/Kriftel-Newsletter wurde darüber informiert, dass CDU-Bürgermeister Christian Vogt nach seiner Abwahl Beförderungen und Gehaltserhöhungen an Vertraute verteilt hatte – teure Abschiedsgeschenke auf Kosten der klammen Stadtkasse (hier). Seitdem herrscht Alarmstimmung auf der Chefetage des Rathauses: Woher weiß der Journalist das alles? Das sollte doch streng geheim bleiben! Autor Thomas Ruhmöller erklärt, wie es zu dem Bericht kam – und warum mehreren Mitarbeitenden im Rathaus großer Dank gebührt.

Die Führung im Rathaus rotiert, der Freundeskreis Vogt gibt sich entsetzt. Blindwütig werden Verdächtigungen gestreut. Wer hat die vertraulichen Personalinternas verraten? Waren es Mitarbeitende der Personalabteilung? Oder der Finanzabteilung? Stecken Mitglieder des Personalrats dahinter? Oder des Magistrats? Haben vielleicht IT-Mitarbeiter heimlich Daten abgezapft? Oder wurden die Unterlagen gar aus dem engeren Umfeld des Bürgermeisters weitergegeben? Fakt ist: Sie alle hatten Zugang zu den Informationen…

Mein Bericht Beförderungen & mehr Geld: Vogt verteilt teure Abschiedsgeschenke im Rathaus traf ins Schwarze. Der Flurfunk drehte voll auf: Strafanzeige sei erstattet worden, gegen Unbekannt. Mitarbeiter aus dem zweiten Stock, wo der Bürgermeister sein Büro hat, hätten unterschreiben müssen, dass sie keine Unterlagen weitergegeben hatten. IT-Mitarbeiter seien angewiesen worden, den Telefon- und E-Mailverkehr im Rathaus zu durchleuchten: Vergesst den Datenschutz – findet heraus, wer Kontakt zum Autor des Berichts hatte.

Um das Geschehen einordnen zu können, soll hier aufgezeigt werden, wie der Bericht entstanden ist:

Bereits Mitte Juni – die Bürgermeisterwahl war gerade sechs Wochen vorbei – erreichten mich erste Hinweise, dass der Bürgermeister plane, ausgewählte Mitarbeitende noch schnell zu befördern.

In den folgenden Wochen meldeten sich aus verschiedenen Abteilungen des Rathauses weitere Beamte und Angestellte. Sie handelten unabhängig voneinander, keiner wusste vom anderen. Sie riefen mich an oder schrieben mir E-Mails. Einige waren bereit, sich mit mit zu treffen – aber nur außerhalb von Hofheim, richtig konspirativ.

Alle wirkten empört, frustriert und auch wütend. Unisono sagten sie, dass sie das Handeln des Bürgermeisters als moralisch äußerst fragwürdig empfänden. Dass er kurz nach seiner Abwahl einzelne Leute mit zum Teil hanebüchenen Begründungen hochgestuft habe, andere dagegen übergehe und vernachlässige: Das sei zutiefst ungerecht – natürlich nicht gegenüber dem Einzelnen, sondern gegenüber der Gesamtheit, der Gemeinschaft der Kolleginnen und Kollegen im Rathaus.

Ich wollte nicht nur hören. Ich wollte Beweise sehen. Bemerkenswert: Alle waren bereit zu liefern, was in ihren Möglichkeiten stand. Es dauerte einige Zeit. Ich bekam: mal einzelne Dokumente, mal mehrere Schreiben. Einige doppelt, das machte nichts. Alle unterzeichnet von: Bürgermeister Christian Vogt.

Erdgeschoss q
Rundgang durchs Rathaus. Vom Erdgeschoss …
1 OG q
… gelangen wir ins 1. Obergeschoss.

Ich habe schon einmal über ein vertrauliches Rathauspapier berichtet: Vogt hatte per Verfügung seinen engsten Vertrauten zum Büroleitenden Beamten ernannt und zugleich ermächtigt, sich in alle Fachbereiche einzumischen. Er hatte damit faktisch die beiden hauptamtlichen Beigeordneten im Rathaus entmachtet. Juristen kamen zu einem eindeutigen Urteil: Die Verfügung sei rechtswidrig.

Vogt reagierte damals mit kaum unterdrücktem Zorn auf die Veröffentlichung des Geheim-Papiers. Er ging sogar soweit, dass er vor den Stadtverordneten die Unwahrheit sagte. Nicht wenige Polit-Beobachter in der Stadt sagen heute, dass sich Vogt mit der Verfügung selbst aus dem Amt geschossen habe. Ein Behördenchef, der seine Befugnisse nach Gusto überschreitet und die Wahrheit nach Lust und Laune beugt – nein danke!

Die Hofheimerinnen und Hofheimer wandten sich von Vogt ab und bescherten ihm bei der Bürgermeisterwahl Ende März eine krachende Niederlage. Trotz intensiver Nachforschungen im Rathaus konnte er bis heute nicht herausfinden, wie ich an das vertrauliche Dokument gekommen war.

Das wiederum dürfte einige Mitarbeitende ermutigt haben, die jüngsten Vogt-Eskapaden nicht stillschweigend hinzunehmen, sondern ebenfalls an die Öffentlichkeit zu tragen.

Man muss es verstehen: Was sollen Mitarbeitende einer Behörde machen, wenn sie mitbekommen, dass ihr Chef einige ausgesuchte Vertraute privilegiert behandelt? Was sollen sie tun, wenn sie den Eindruck gewinnen, dass die Stadtspitze ethische Grundsätze missachtet? Wie sollen sie sich verhalten, wenn an der Rathausspitze gegen Richtlinien und möglicherweise gegen die Haushaltsordnung verstoßen wird und Rechts- sowie Compliance-Verstöße zu befürchten sind?

Ja, wie sollen sich die Mitarbeitenden im Rathaus in einer derart schwierigen Situation verhalten? Wie die drei Affen? Nichts hören? Nichts sehen? Nichts sagen?

2 OG q
Im 2. OG – hier sitzt der Bürgermeister.
3 OG q
Im dritten Obergeschoss.

Für jede Behördenmitarbeiterin und jeden Behördenmitarbeiter besteht die Pflicht zur Loyalität und Vertraulichkeit. Einerseits. Andererseits wird von ihnen erwartet, dass sie offensichtliche oder auch vermeintliche Verstöße gegen Recht und Ordnung nicht einfach hinnehmen.

In diesem Spannungsfeld haben sich mehrere Mitarbeitende im Rathaus klar entschieden. Sie informierten die Öffentlichkeit. Sie brachten damit Licht in die dunklen Ecken des Rathauses.

Sie wurden dabei in keiner Weise von eigennützigen Interessen getrieben. Vielmehr handelten sie allein aus Pflichtbewusstsein gegenüber dem öffentlichen Interesse. Das war, so hörte ich aus allen Gesprächen heraus, die Leitschnur ihres Handelns: Für Rechtsstaatlichkeit im Rathaus. Gegen Missbrauch im Amt.

Ich möchte den Mitarbeitenden, die mich informiert haben, für ihren Mut, für ihr Vertrauen und für ihre Offenheit danken. Sie haben sich um diese Stadt verdient gemacht – ganz im Sinne von Willy Brandt, dessen Worte nach wie vor und allzeit Gültigkeit besitzen: „Wer Unrecht lange geschehen lässt, bahnt dem Nächsten den Weg.“

Veränderungen im Hofheimer Rathaus sind überfällig und dringend notwendig. Zu wünschen ist der Stadt Hofheim und ihren Bürgerinnen und Bürgern, dass die Verwaltungsspitze unter dem neuen Bürgermeister wieder zu Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität zurückfindet.

Der Amtseid, den Wilhelm Schultze an diesem Mittwoch ablegen wird, lautet: „Ich schwöre, daß ich das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung des Landes Hessen sowie alle in Hessen geltenden Gesetze wahren und meine Pflichten gewissenhaft und unparteiisch erfüllen werde.“

Er kann noch den Halbsatz hinzufügen: „…so wahr mir Gott helfe“.

Ich weiß nicht, ob Willi Schultze gläubig ist (das geht mich auch nichts an). Ich weiß deshalb auch nicht, ob er in dieser bedeutsamen Stunde die allerhöchste Instanz um Unterstützung bitten wird.

Ich weiß nur: Wenn er es tut, wird es gewiss nicht zum Schaden der Stadt Hofheim sein.

Ganz im Gegenteil.

Dank
Das vierte Obergeschoss: Hier werden die Personalentscheidungen für den Bürgermeister vorbereitet.

Teile diesen Beitrag:

8 Comments

  1. hebeling

    Loyalitäten sollen immer nur nach oben gehen… Das ist eins der ungeschriebenen Verwaltungsgesetze.

    Und in der Regel sind die Mitarbeiter, die jetzt auspacken, sonst oft die korrektesten.

    Im öffentlichen-Dienst hat man regelrecht die Verpflichtung, Schaden von der Gesellschaft abzuwenden oder Klüngelkram aufzudecken. Das ist Loyalität zum Arbeitgeber Stadtgesellschaft – und das ärgert alle Trumpelchen in Klein-Gemeinden und die die mit ihnen zum Essen gehen.

    Leider dreht das Beförderungsgeflügel recht flott den Hals und gaggern dann sicher rundum Willi. Hofschranzen sind oft eine Mischung aus dummdreist und raffiniert.

    Ganz wichtig wird sein, das der neue Bürgermeister normale Leute an sich ranlässt und echte Freunde hat, die ihn dauerhaft erden.

    Wollen wir hoffen, dass in diesem Fall die „scheinbaren Verräter“ wertgeschätzt und nicht weiter gesucht und verdammt werden.
    Das wäre eine Schuldumkehr. Leider läuft das meist so.

    31. August 2025
    |Reply
  2. Hofheimer Bürger

    Ich bin erschüttert über das was sich der abgewählte Bürgermeister als Beamter an sehr wahrscheinlichen Rechtsbrüchen unter anderem auch auf Kosten des Steuerzahlers alles geleistet hat. Das muss doch juristische Konsequenzen haben. Können die Stadtverordneten keinen Fachanwalt beauftragen, der das einmal genauer untersucht und eventuell zur Anzeige bringt?

    31. August 2025
    |Reply
    • Harald Scholtz

      Diese Meinung kann ich nur unterstützen. Es mag ja nicht unüblich sein seiner Gefolgschaft noch, materielle, Nettigkeiten zu geben. Deswegen ist es noch lange nicht in Ordnung.

      31. August 2025
      |Reply
  3. Heinz Mustermann

    Herr Vogt bleibt seinem Charakter treu: unfähig, intrigant und nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht.

    31. August 2025
    |Reply
  4. J. Pracht

    Das traurige ist, als Herr Vogt Bürgermeister wurde, hatte ich ihn gemocht. Das Auftreten, die Ausstrahlung, ein Jurist mit Kommunalverwaltungserfahrung.
    Das, was in den letzten Jahren nach und nach rauskam, enttäuschte mich.
    Führungsstil im Rathaus, Intransparenz, „Regieren“ nach Gutsherrenart, Entscheidungen gegen die Stadtverordnetenversammlung (Langgewann).
    Stadtrat Köppler wurde teilweise im Regen stehen gelassen.
    Schnell noch eine Stadtratsstelle streichen, damit der Nachfolger sehen kann, wie er zurechtkommt.
    Die Stadtkasse ist arg im Minus.
    Zum Schluss noch Abschiedsgeschenke im Rathaus…
    Also doch nicht so glänzend, wie er am Anfang schien.
    Ein Bürgermeister, der sein Amt nicht im Griff hatte und auch schlecht beraten wurde.
    Was bleibt: nichts Besonderes, ein Bürgermeister mit einer Amtszeit und nichts dahinter.
    Ok. Vielleicht der Deal mit Horn bei Polar Mohr ist ihm zuzurechnen.

    1. September 2025
    |Reply
    • MX

      Ist halt ein Schauspieler.

      3. September 2025
      |Reply
  5. Jonny B

    Stadtrat Köppler hat in den letzten Jahren eindrücklich gezeigt, dass es diese Stelle nicht braucht. Wer sich widerspruchslos entmachten lässt und im eigenen Ressort (insbesondere Kitas!) nix zustande bringt, beweist nur, dass seine eigene Stelle unnötig ist.

    Die Krokodilstränen über das nun eingesparte Geld („Armer Willi Schultze“) können auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die eigentliche Arbeit ohnehin von den Mitarbeiter*innen des Rathauses geleistet wird und nicht vom Stadtrat – und dass insbesondere die SPD lediglich eingeschnappt ist, weil man ihren Kandidaten Tulatz nicht hat zur Mehrheit verhelfen können.

    2. September 2025
    |Reply
  6. MX

    Das was ich da lese, erinnert mich sehr an „Onkel Donald“ Trump! Und sowas ist Rechtsanwalt? Der neue Bürgermeister wird vermutlich Dränen bekommen, wenn er sieht was vererbt wird. HofemSchlofem, außer beim Verwüsten von Hofheim, ist das Rathaus unschlagbar. Bauvorhaben die erst, wer weis wann, oder überhaupt umgesetzt werden. Kriftels Bürgermeister, gehört doch auch den „Schwarzen Verein“ an. Da wird aber anders agiert. Da kann ich nur sagen, wenn ich in Rente gehe, weg von hier.

    3. September 2025
    |Reply

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Erfahren Sie es zuerst!

Abonnieren Sie den HK-Newsletter! Er ist die perfekte Ergänzung zu dieser Webseite: Sie werden per E-Mail informiert, sobald ein neuer Bericht veröffentlicht wurde – kostenlos und werbefrei!