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Tütenspender für Hundehalter: Wünsche der Ortsbeiräte interessieren nicht

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Hundehalter in Hofheim sind zu einem duldsamen Leben verdammt. Gassigehen zum nächsten Baum? Der Weg ist oftmals weit. Grünflächen, wo sich die vierbeinigen Freunde austoben können? Gibt’s kaum noch. Was tut die Stadtpolitik? Kassiert nur hohe Hundesteuern

Tütenspender
Dieser Tütenspender wurde vom Magistrat auf dem Kapellenberg installiert.

Jetzt hat der Magistrat allen Hundehaltern zwei(!) Tütenspender (Rathaus-Bezeichnung: „Kotbeutelspender”) spendiert – angeblich, weil das Thema „akut“ geworden sei, wie Bürgermeister Christian Vogt sagte, als er die 250-Euro-Investition mit einer langen Pressemitteilung vorstellte.

Der Bericht im Hofheim/Kriftel-Newsletter fand ein überraschend großes Echo. Wieso „akut“? fragten etliche Leser und wiesen darauf hin, dass das Thema in Hofheim eine lange Geschichte habe. Tatsächlich fordern gleich mehrere Ortsbeiräte die Aufstellung von Tütenspendern in ihren Ortsteilen – seit Jahren schon. Im Rathaus aber wollte man davon bislang nichts wissen. Wünsche der Ortsbeiräte scheinen hier nicht sonderlich zu interessieren.

Nur am Rande: Eine ehrliche Wertschätzung der ehrenamtlichen Arbeit in den Ortsbeiräten sieht sicher anders aus…

Folgen wir dem akuten Verdacht, dass das Thema gar nicht „akut“ ist, sondern viele Menschen schon seit vielen Jahren bewegt. Im städtischen Archiv finden wir die Fakten:

Vor mehr als zehn Jahren gab es mal städtische „Kotbeutelspender“, „Robidog-Stationen“ wurden sie genannt. Doch die Tüten wurden angeblich in großen Mengen herausgenommen (und anderweitig verwendet); auch wurden benutzte Tüten von einigen Leuten nicht in Mülltonnen entsorgt, sondern auf Straßen und Wegen liegen gelassen. Der Magistrat reagierte rigoros: Die Tütenspender wurden abmontiert – „eine Installation von Spendern für Hundekottüten mit Abfallbehältern wird es in der gesamten Hofheimer Gemarkung nicht geben“, verkündete streng die damalige SPD-Bürgermeisterin Gisela Stang.

Im September 2016 meldete sich der Ortsbeirat Wallau: Einstimmig beantragten die Mitglieder Hundekottüten „in noch abzustimmenden Gebieten der Wallauer Gemarkung“

Im April 2018 beantragte der Ortsbeirat Diedenbergen: Der Magistrat möge prüfen, ob das Aufstellen von Tütenspendern mit Mülleimern möglich sei.

Im Oktober desselben Jahres – 2018 – beantragte der Ortsbeirat Wallau, wenigstens Mülleimer im Feldbereich aufzustellen. Offenbar hatte man präzise Ermittlungen durchgeführt: „Vor manchen Häusern wurden bis zu 35 Haufen in Feldrandlage gezählt.“ So steht’s im Protokoll der Sitzung.

Ein Jahr später – Oktober 2019 – wurde im Ortsbeirat Wallau nochmals über das Thema gesprochen. Die Grünen beantragten, dass „Gassibeutel … mit den dazugehörigen Hundekotabfalleimern“ aufgestellt werden. Im Rathaus saß inzwischen CDU-Bürgermeister Christian Vogt, seine Antwort ist im Protokoll nachzulesen: Es gebe „eine interne Arbeitsgruppe der Verwaltung“, die sich „Ende November“ mit dem Thema befassen werde. Der Ortsbeirat werde danach Mitteilung erhalten.

Wie gesagt: Das war 2019.


So wirr argumentiert ein Hofheimer Beigeordneter

Vor sechs Jahren, am 29. März 2016, veröffentlichte der Magistrat eine Pressemitteiung unter der Überschrift "Felder und Wiesen sind kein Hundeklo und kein Jagdrevier" (nachzulesen hier). Darin wurden Hundehalter aufgefordert, die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner zu beseitigen. Stadtrat Wolfgang Exner drohte unverhohlen mit Kollektivhaftung: „Sollten sich Hundebesitzer trotz all dieser Hinweise nicht einsichtiger verhalten, wird es Überlegungen geben müssen, eine generelle Anleinpflicht zu erlassen.“

Vier Jahre später, am 12. März 2020, fragten die Grünen im Ortsbeirat Langenhain, ob die Stadt nicht eingreifen könne, um Verunreinigungen einzudämmen – beispielsweise mit Leinenzwang.

Das sei überhaupt nicht möglich, antwortete – na, wer wohl? genau: Wolfgang Exner: Die Einführung einer generellen Leinenpflicht "würde dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem darin verankerten Übermaßverbot nicht gerecht werden und dem Vorbehalt der gesetzlichen Regelung (konkret bezeichnete Grundstücke) nicht genügen."

Im Mai 2021 stellte der Ortsbeirat Wildsachsen den Antrag, Tütenspender und Müllbehälter an hochfrequentierten Laufstrecken aufzustellen. Hier kündigte Stadtrat Exner erstmals den Testbetrieb von zwei Tütenspendern an: „Aufgrund der sehr schlechten Erfahrungen mit der ersten Generation der Hundekotbeutelspender soll in einem Pilotversuch an zwei Standorten im Stadtgebiet erprobt werden, ob der Umgang mit den Spendern und den Beuteln sachgerechter erfolgt als damals.“ Die Botschaft war klar: Nur wenn sich alle Hundehalter – Betonung auf alle! – ordentlich und brav benehmen, gibt’s die gewünschten Tütenspender.

Im August 2021 verlangte der Ortsbeirat Wallau eine Kombination aus Mülleimern und Kotbeutelspendern an sieben Standorten.

Im August 2021 folgte der Ortsbeirat Langenhain mit einem ähnlichen Antrag: Der Magistrat möge „Kombinationen aus Hundekotbeutelspendern und Abfallbehältern“ aufstellen.

Jetzt haben wir das Jahr 2022 – Fazit:

Die angeblich „akute“ Notwendigkeit ist wohl kaum gegeben: Seit Jahren bitten die Ortsbeiräte Wallau, Wildsachsen, Langenhain und Diedenbergen um die Aufstellung von Tütenspendern. Das wurde stets abgelehnt.

Dafür wurden jetzt in der Kernstadt (In den Jägergärten) und in Lorsbach (Auf dem Zimmerplatz“) zwei Tütenspender testweise aufgestellt. Eine Begründung für die Standortwahl lieferte das Rathaus nicht.

Von der internen Arbeitsgruppe, die sich angeblich seit Ende 2019 mit dem Thema befasste, hat man nie wieder etwas gehört. Auch in der städtischen Datenbank findet sich keine weitere Erwähnung.


Nimmt die Stadtspitze die Ortsbeiräte ernst?

In Sonntagsreden verantwortlicher Lokalpolitiker werden die Mitglieder der Ortsbeiräte für ihr ehrenamtliches Engagement gerne gelobt. Doch der Alltag zeigt ein anderes Bild: Nimmt die Stadtspitze die Ortsbeiräte überhaupt ernst? Das Thema beschäftigt an diesem Dienstag (15. März) den Ortsbeirat Marxheim: Auf der Tagesordnung steht der Punkt "Ablauf und Kommunikation zu Anträgen aus dem Ortsbeirat" – konkret geht's um die hässlichen Straßenleuchten, die der Magistrat (wie berichtet) ohne entsprechende Abstimmung mit dem Ortsbeirat angeschafft hat und aufstellen ließ.
Die Sitzung beginnt um 20 Uhr im Bürgerhaus Marxheim und ist öffentlich.

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