Was geht da an der Spitze des Varisano-Klinikverbunds wirklich ab? Wir hatten berichtet: Der Aufsichtsrat hat kürzlich Michael Osypka als Geschäftsführer eingestellt – es ist die Nr. 7 in 7 Jahren. Der 60-Jährige will nur in Teilzeit arbeiten, weil er noch in anderen Firmen tätig ist. Klinikmitarbeiter sind dem nachgegangen und machten jetzt eine ungeheure Entdeckung: Osypka ist “nebenbei” Mitbesitzer einer Art Klinik, die sich auf Patienten spezialisiert hat, für die Krankenhäuser – auch die Varisano-Kliniken – immer wieder Pflegeplätze suchen. Der Verdacht wiegt schwer: Könnten die vielen geschäftlichen Aktivitäten des neuen Klinik-Geschäftsführers zu Interessenkollisionen führen – womöglich zum Nachteil von Varisano?

Über Michael Osypka haben der Hofheim/Kriftel-Newsletter letzte Woche ausführlich berichtet: Der Mann sollte eigentlich helfen, den krisengeschüttelten Varisano-Konzern zu retten. Allerdings arbeitet er hier nur an drei Tagen in der Woche – er hat zu viele andere Jobs. Das störte den Aufsichtsrat offenbar nicht, als er den Mann einstellte: Als Osypkas Fürsprecher trat Dr. Patrick Frey auf, der im April dieses Jahres als Geschäftsführer bei Varisano angefangen hat. Beide Männer kennen sich gut, haben einige Jahre zusammengearbeitet.
Osypkas Umtriebigkeit geht, wie Klinikmitarbeiter jetzt herausfanden, deutlich über angeblich kleinere Geschäftsführerposten hinaus: Er besitzt “nebenbei” ein Unternehmen, das Patienten aufnimmt, die im Krankenhaus nicht mehr betreut werden können. In dieser Firma ist er gleichzeitig Gesellschafter – also Eigentümer – und Geschäftsführer.
Spätestens jetzt stellt sich die Frage: Kann der Mann angesichts einer solchen Tätigkeit wirklich noch ohne Einschränkungen zum Wohl und Nutzen des Klinikverbunds tätig sein?
Noch halten sich die Verantwortlichen in der Politik zurück. In der Frankfurter Neuen Presse durfte Frankfurts Klinikdezernent Bastian Bergerhoff (Grüne) an diesem Wochenende unwidersprochen sagen: Grund für Osypkas Teilzeitjob sei, „dass er aufgrund der kurzfristigen Berufung erst noch andere Projekte zu Ende bringen möchte“.
Andere Projekte zu Ende bringen? Neue Informationen lassen nur den Schluss zu: Entweder hat Frankfurts Gesundheitsdezernent keine Ahnung davon, was Herr Osypka alles treibt – oder er hat gegenüber der Zeitung nicht die Wahrheit gesagt.
Schauen wir uns das alles etwas genauer an.
Das lukrative Geschäft mit Beatmungs-Patienten
Zum besseren Verständnis müssen wir ein klein wenig tiefer in die komplizierte Medizin-Materie einsteigen. Keine Sorge, es geht schnell:
Der Varisano-Konzern betreibt in Hofheim ein sogenanntes “Weaningzentrum”. Dort werden Menschen, die beispielsweise wegen einer Lungenerkrankung oder -operation über einen längeren Zeitraum beatmet werden müssen, von den Beatmungsmaschinen wieder entwöhnt. Ärzte, Physio- und Ergotherapeuten sowie spezialisierte Pflegekräfte helfen den Betroffenen, wieder in ein selbstbestimmtes Leben ohne Maschine zu finden.
Nicht immer gelingt die Entwöhnung von der Maschine. Dann werden die Patienten für eine sogenannte “außerklinische Beatmung” außerhalb des Krankenhauses untergebracht. Das gilt als ein lukratives Geschäftsmodell:
“Die ambulante Betreuung von Patienten mit invasiver außerklinischer Beatmung ist kostenintensiv, wobei die Kosten je nach Unterbringungsform variieren. Im Mittel fallen pro Jahr und betroffener Person circa 240.000 Euro für die Pflege an”, heißt es auch in einem Bericht des Fachmagazins “Ärzteblatt”.
Die Investigativ-Redaktion “correctiv” und das TV-Magazin “Frontal21” haben zu dem Thema einen ausführlichen Report veröffentlicht. Die vielsagende Überschrift lautete “Stumm und ausgeliefert: Das Milliardengeschäft mit Beatmungspatienten”.

Direkt neben dem Hofheimer Krankenhaus unterhält der Varisano-Konzern ein solches Therapiezentrum für außerklinische Beatmung, kurz TAB genannt: Die acht Zimmer sind AOK-Patienten vorbehalten. Für alle anderen Betroffenen muss ein Platz gesucht werden. Auf der Varisano-Webseite heißt es dazu:
“Mit Unterstützung unserer Sozialberatung organisieren wir die bestmögliche Überleitung von beatmeten Patient:innen in die ambulante Pflege.”
Zwei Osypka-Firmen im ehemaligen Krankenhaus
Und hier kommt Michael Osypka “ins Spiel”: Der neue Teilzeit-Geschäftsführer des Klinkverbunds Frankfurt/Main-Taunus, der “nebenbei” in Flörsheim ein “Genusswerk” betreibt und als Geschäftsführer bei zwei Unternehmen in Süddeutschland arbeitet (hier und hier), will auch im Weaning-Geschäft mitverdienen:
Ihm gehört ein Drittel einer Firma in Flörsheim, die Weaning-Patienten aufnimmt und betreut. Das Unternehmen nennt sich Salmanum GmbH, es wurde vor einem Jahr gegründet (AG Wiesbaden, HRB 33486) und beschreibt sich als “eine Wohngemeinschaft für intensivpflegebedürftige Beatmungspatienten”.
Salmanum gibt als Adresse Hospitalstraße 15 in Flörsheim an. Das ist der Standort des ehemaligen Flörsheimer Marienkrankenhauses, das Osypka als Geschäftsführer im Jahr 2019 abgewickelt und geschlossen hatte. Er scheint die Räumlichkeiten sehr zu schätzen:
Unten in dem Gebäude plant er, als Geschäftsführer seiner “Genusswerk UG (haftungsbeschränkt)” ein Café einzurichten.
Im zweiten Stock arbeitet er als Geschäftsführer der Salmanum GmbH: 16 Mitarbeiter sollen hier Beatmungspatienten im Zwei-Schicht-Betrieb betreuen.
Miteigentümer in Flörsheim vermittelte Job bei Varisano
Mit an Bord bei Salmanum sind neben Osypka zwei weitere Gesellschafter, und wieder treffen wir auf einen guten Bekannten:
Dr. Martin Felger (63) hält mit seiner Firma Diocare GmbH (AG Stuttgart, HRB 782821) ein Drittel der Salmanium-Anteile. Diocare stellt sich als “Partner zur Entwicklung eines Gesundheits- und/oder Pflegezentrums” vor. Man kennt sich ziemlich gut: Dr. Felger ist auch noch Geschäftsführer einer Diomedes GmbH. Das ist ein Unternehmen, das Kliniken berät – und von dem Osypka Aufträge für seine Beratertätigkeit in Kliniken bekommt. So ist er im Auftrag von Diomedes derzeit bei Varisano tätig.
Dr. Felger ist also Osypkas Auftraggeber bei Varisano und gleichzeitig sein Kompagnon in Flörsheim.
Varisano muss für Beatmungspatienten Plätze suchen – Salmanum bietet für Beatmungspatienten Plätze an.
Passt doch!
Dritter Salmanum-Eigentümer ist eine Firma mit dem etwas umständlichen Namen “tagesgeldkonto.de UG (haftungsbeschränkt)”. Sie hat ihren Sitz in Dreieich und gehört einem gewissen Christoph Schmitt (44), der sich auf der Salmanum-Webseite als “Dipl. Wirtschaftsjurist” vorstellt. Sein Konterfei findet sich allerdings auch auf der Webseite eines Autohauses in Neu Isenburg: Demnach arbeitet der Mann dort als Kaufmännischer Leiter.
Auf der Salmanum-Webseite steht nichts von Tagesgeldkonten und auch nichts von einem Autohaus: Dort heißt es, Schmitt habe “14 Jahre Erfahrung im Gesundheitswesen”.
Mit solchen Angaben wird versucht, den Eindruck medizinischer Kompetenz zu erwecken. Zugleich umrahmt das bunte Gesellschafter-Trio seine Geschäftstüchtigkeit mit religiösem Gesäusel: Die Männer versprechen, die “christliche Tradition des ehemaligen Marienkrankenhauses” wahren zu wollen. Als ihr Motto verkünden sie: “Christlich, wertschätzend, fürsorgend.”
Kann, wer so gut und gütig zu sein vorgibt, denn ein Sünder sein?
Jetzt müssen nur genügend Pflegekräfte gefunden werden – und natürlich Patienten. Dank neuerdings allerbester Kontakte in die Kliniken in Hofheim, Bad Soden und Höchst dürfte das kein Problem darstellen.
Der Erfolg sollte Osypka sicher sein.
Vielleicht nicht bei Varisano , aber ganz bestimmt bei Salmanum.
Korruption in allen Ecken, Deutschland wird zur Bananenrepublik und das Gesundheitswesen gleicht sowieso schon lange einem Selbstbedienungsladen. Ich kann gar nicht soviel essen wie ich kot*en möchte…
UNGLAUBLUCH!!! Dieser Mann ist ja jetzt schon nicht tragbar! Sein Ziel ist es bestimmt nicht, die Klinik zu retten, sondern sich nochmal schön seine eigene Tasche zu füllen, und das mit dem Wissen als Geschäftsführer!
Wie kann man so jemanden einstellen??!
Herr Frey, was haben Sie sich denn dabei gedacht? Da kommt einer zwei oder drei Mal die Woche und dann läuft die Klinik wieder? Bei vier Jobs? Die einzigen, die hierbei verdienen, sind die oberen Herren – auf Kosten der Mitarbeiter und derer Existenzen!
Schämen solltet ihr euch!!!
Einfach nur peinlich, so jemanden zum Geschäftsführer zu benennen. Derjenige, der ihn geholt hat, darf gleich mit ihm gehen. So ein unfassbarer Filz müsste die Headline der BILD werden!!!
Es wird Zeit, dass die Kliniken wieder verstaatlicht werden. Da führt kein Weg dran vorbei. Unser ohne hin schon marodes Gesundheitssystem muss sich langsam mal verbessern, ansonsten sieht es wirklich schlecht aus in Zukunft.
So ganz verstehe ich die Aufregung nicht; das ist doch Normalzustand!!
Erinnert mich stark an die Dreigroschenoper.
Nehmt mich! Ich schaffe es auch für die Hälfte der Kohle, die dieser Herr verdient, die Klinik zu ruinieren!