Hier sind zwei Informationen, die Sie sonst nirgendwo erfahren – außer im Hofheim/Kriftel-Newsletter: Es geht um Äußerungen des Bürgermeisters zu Millionenausgaben für das Flüchtlingscamp, die zu erheblichen Irritationen geführt haben. Und eine weise Entscheidung des Magistrats: Eine neue Gedenktafel soll auf dem Tivertonplatz installiert werden – endlich!
Bürgermeister sorgt für Millionen-Wirrwarr
Es war eine Meldung, die von Stadtverordneten, aber auch von vielen Bürgern mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen wurde:
130.000 Euro sollen Miete und Betrieb der Häuschen im Flüchtlingscamp vor der Tierklinik kosten – pro Monat. Kann das wirklich sein? Das macht immerhin 1,56 Millionen Euro im Jahr!
Diese Zahlen, die der Hofheim/Kriftel-Newsletter vor zehn Tagen erstmals öffentlich machte (hier), waren nicht einmal allen Stadtverordneten bekannt. Mit so enormen Kosten hatte offenbar niemand gerechnet.
130.000 Euro im Monat: Bei 30 Tiny Houses auf dem Gelände sind das 4.333 Euro pro Haus – Monat für Monat.
Ist das nicht ein bisschen happig?
Der Preis muss in der Tat überraschen – auch aus diesem Grund: Noch vor wenigen Monaten, darauf wiesen aufmerksame Stadtverordnete hin, hatte das Kreisblatt ganz andere Zahlen veröffentlicht.
Im November vergangenen Jahres verbreitete die Lokalzeitung nach einem Gespräch mit CDU-Bürgermeister Christian Vogt folgende Information (nachzulesen hier):
“Der Wohnpark soll für die Dauer von fünf Jahren genutzt werden. Zu seiner Realisierung rechnet die Stadt mit Kosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro – gerechnet auf diesen Zeitraum.”
Wenn wir der Lokalzeitung Glauben schenken wollen, dann hätte der Bürgermeister ein echtes Schnäppchen gemacht:
1,3 Millionen Euro in 5 Jahren – das sind 260.000 Euro pro Jahr. Oder 22.000 Euro pro Monat.
Die 30 Häuschen, auch diese Zahlen wusste die Zeitung dank Information durch den Rathauschef, sollen Platz für 240 Flüchtlinge bieten. Die Unterbringung eines jeden Flüchtlings würde dann gerade mal rund 90 Euro im Monat kosten…
Nur am Rande: Die Größe der Tiny Houses gab die Zeitung mit 48 Quadratmetern an. Bei 240 Flüchtlingen müssten sich also 8 Personen in jedes Häuschen quetschen.
Ernsthaft?
Die Zeitung hat das alles so gedruckt, und der Bürgermeister hat es nie korrigiert. Alles richtig?
Jetzt herrscht Millionen-Verwirrung: Wie kommt es zu völlig anderen Zahlen im Bericht des Hofheim/Kriftel-Newsletters?
Wir hatten Ende Juni schriftlich bei der Rathaus-Pressestelle nachgefragt, wie hoch die Kosten des Flüchtlingscamps sind. Daraufhin antwortete die Stadt wie folgt:
“Die Kosten für Miete und Betrieb belaufen sich voraussichtlich auf monatlich ca. 130.000 Euro. Eine genaue Berechnung von Strom und Wasser ist verbrauchsabhängig.”
Nun also: 130.000 Euro pro Monat! Bei einer Vertragslaufzeit von fünf Jahren würde das Camp 7,8 Millionen Euro kosten! Das wären 6,5 Millionen mehr als im Kreisblatt-Bericht…
Tage nach unserer Anfrage teilte Christian Vogt dem Ortsbeirat Kernstadt mit, dass 120 Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Das wären 4 Personen pro Häuschen – klingt realistischer. Teuer bleibt’s allemal: Würde eine vierköpfige Familie in eines der Häuschen einziehen, würde das 4.333 Euro Miete kosten – für 48 Quadratmeter…
Acht Personen in so einem Häuschen einzupferchen: sicher möglich, aber auch brutalstmöglich eng: Die Liga der freien Wohlfahrtspflege in Hessen forderte schon vor zehn Jahren mindestens neun Quadratmeter Wohnfläche für Erwachsene (Flure, Toiletten, Küchen etc. nicht eingerechnet), um einen menschenwürdigen Aufenthalt zu gewährleisten (hier).
Will die Kreisstadt Hofheim die Mindeststandards, die von den Wohlfahrtsverbänden in Hessen aufgestellt wurden, wirklich deutlich unterschreiten? Das ist jetzt eine Frage an die Kommunalpolitik…
Es sollte jetzt an den Stadtverordneten sein, klärende und umfassende Auskunft von Christian Vogt zu verlangen:
Hat “der Bürgermeister im Gespräch mit dieser Zeitung” (O-Ton Kreisblatt) falsche Informationen verbreitet, um die Kosten für das Flüchtlingscamp schönzurechnen und die Öffentlichkeit zu täuschen?
Oder war die (schriftliche) Auskunft an den Hofheim/Kriftel-Newsletter maßlos übertrieben, also falsch gewesen?
Die Stadt hat uns auch mitgeteilt, dass sie die Kosten “im ersten Schritt” trage und “vom Main-Taunus-Kreis bei Belegung erstattet” bekomme. Unklar bleibt dabei: Wer zahlt, wenn die Häuschen nicht belegt sind? Die Ende letzten Jahres befürchtete Flüchtlingswelle ist bekanntlich ausgeblieben, derzeit werden nur vereinzelt Unterkünfte gesucht…
Es geht um viel Geld, natürlich, und vielleicht bekommt die Stadt ja auch ihre Kosten erstattet. Aber das allein ist längst nicht entscheidend.
Es geht auch und vor allem um Offenheit, Transparenz – und Ehrlichkeit. Darauf haben alle Bürgerinnen und Bürger ein Recht. Beim Thema Flüchtlinge. Und überhaupt.
Heute mehr denn je.
Neue Gedenktafel für ermordete Juden geplant
Es war ein Bericht, der viel Aufmerksamkeit fand: “Hofheim macht’s möglich: Schmausen unter den Namen der ermordeten Juden” berichteten wir im August letzten Jahres. Die Gedenktafel für die von den Nazis ermordeten Hofheimer Juden sei völlig verwittert, die eingravierten Namen kaum noch lesbar, die notwendige Erinnerung in Hofheim vom Rost überwuchert…
Hofheims ehemalige SPD-Bürgermeisterin Gisela Stang hatte die Gedenktafel erst 2018 hinter dem Türmchen anbringen lassen: Man wolle damit an die Mitbürger jüdischen Glaubens erinnern, „die ihre Heimat und ihr Leben verloren haben“, sagte sie. Und weiter: „Wir alle müssen aus der Vergangenheit lernen, dürfen nicht vergessen, damit sich Geschichte nicht wiederholt.“
Doch wie bitte soll ein Gedenken möglich sein, wenn die Namen der Ermordeten offensichtlich dem Vergessen anheim gegeben werden?
Die Stadt teilte uns im August mit, die Gedenktafel sei aus Cortenstahl (“schön anzusehen und praktisch unverwüstlich“), der allerdings mit der Zeit eine Patina annehme. Man werde prüfen, ob man die Namen wieder lesbar machen könne.
Neulich, nach fast einem Jahr, haben wir im Rathaus nachgefragt, was die Prüfung ergeben habe (hier). Nach drei Wochen schickte uns der Pressesprecher der Stadt, Jonathan Vorrath, nun eine Antwort, die wir gerne im Wortlaut weitergeben:
“Die Prüfung einer externen Fachfirma ergab, dass eine Behandlung des Cortenstahls nicht möglich ist, um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen. Deshalb gibt es derzeit eine Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde, welche Alternativen es für eine neue Tafel an dem historischen Gebäude gibt. Ziel ist es, bis zur nächsten Gedenkveranstaltung im November eine neue Tafel enthüllen zu können.”
Angesichts dieser weise klingenden Entscheidung unserer Stadtverwaltung wollen wir jetzt nicht fragen, was an der Prüfung so lange gedauert hat. Aber eine neue Gedenktafel bis zur nächsten Gedenkfeier im November:
Das sollte für Hofheims Stadtverwaltung doch machbar sein, oder?
Wer kam denn hier auf den Begriff “Tiny-House”?
Die Tiny-House-Bewegung zielt doch ganz wo anders hin… Individuelles, bewusst einfaches Leben mit PV und cleverer Inneneinrichtung – mehr so Mittelstandsgeschichten.
In diesem Sinne müssten die Unterkünfte nach Nutzung später Mal vermietbar sein an interessierte Bevölkerung, das sehe ich hier nicht.
Für mich sieht dieser “Wohnpark” nach teuren Einfachunterkünften aus; eine Wiederholung der Versuche ab den 50ern, prekäre Menschen unterzubringen. Schnell war damals der Begriff der “Barracker” geboren, eine Gefahr, wenn sich das Quartier verstetigt.
Es wäre schön, wenn dann dort, direkt an der Gedenktafel, kein Tisch mehr von der Gastronomie stünde.
Transparenz und Offenheit des Hofheimer Magistrats
Schon vor einer Woche habe ich die städtische Pressestelle angemailt und um Auskunft gebeten, ob die von ihr in die Welt gesetzten Zahlen so stimmen würden oder ob da ein Versehen vorliege dahingehend, dass die genannten 130.000 Euro nicht die Monatsmiete, sondern die Jahresmiete sei. CC ging diese Mail auch an den Chef der städtischen Pressestelle, Herrn Bürgermeister Vogt. Bis dato: Keine Antwort. So weit zu der Offenheit und Transparenz des Hofheimer Rathauses.
Da wird man wohl wieder – ganz offiziell – in der Stadtverordnetenversammlung eine Große Anfrage stellen müssen, mit dem entsprechenden Aufwand für die Verwaltung. Aber: Eine solche Anfrage MUSS dann auch vom Magistrat beantwortet werden – und zwar “unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß”, so die ständige Rechtsprechung.
Mehr als Hundstage gerade in RheinMain: Da wird mir ganz heiss beim Gedanken an Bewohner in den angedachten Unterkünften.
Was man so liest, ist nicht nur das Heizen im Winter herausfordernd, nein, das größere Problem ist der Hitzeschutz über Sommer.
Solche Anlagen gehen vielleicht im Voralpengebiet in Kombi mit Bäumen oder an der Nordsee mit Küstenbrise. Aber am Sonnenhang im Vordertaunus?
Wie wird sichergestellt, dass maximal 26 Grad gehalten werden kann?
Ach, und noch eine Frage: Wie wird denn die Auswahl der Bewohner und die Belegung sein, es gibt ja doch deutlich mehr Geflüchtete als die kleinen Häuser… Nicht das da eine Schieflage entsteht.