Das ging ja richtig fix: Im Februar dieses Jahres hatten die Hofheimer Stadtverordneten den Magistrat beauftragt zu prüfen, welcher Standort für das „Chalet“ am besten geeignet ist. Morgen wird Bürgermeister Christian Vogt (CDU) das Ergebnis vorlegen: Der beste Platz für den Weinstand ist – tärä! tärä! – der jetzige Standort, also direkt vor den Fachwerkhäusern mit dem historischen Türmchen. Bleibt also alles so, wie’s ist?
Der Magistrat der Stadt Hofheim lässt sich in der Regel viel Zeit, um Aufträge der Stadtverordneten umzusetzen. Manchmal dauert es Jahre, manchmal tut er es gar nicht. Diesmal ging’s unerwartet schnell:
Der Auftrag des Stadtparlaments, alternative Standorte für den Weinausschank des Vereinsrings zu suchen, wurde innerhalb von vier Monaten ausgeführt. Das Ergebnis dürfte nicht sonderlich überraschen:
Es soll alles beim Alten bleiben – der Magistrat favorisiert den bisherigen Standort „Am Untertorplatz vor dem Türmchen“.
Einem Mann wird’s gefallen: Wulf Baltruschat – er ist Mitglied des Magistrats und zugleich Vorsitzender des Vereinsrings, der die Holzhütte aufgestellt hat. Es sieht ganz danach aus, als könne der CDU-Mann sein undurchsichtiges Geschäftsmodell weiter betreiben wie bisher.
Der Erlös aus dem Weinverkauf sollte eigentlich allen Vereinen der Stadt zugute kommen – so hieß es immer wieder. Doch wo bleiben die Einnahmen – pro Wochenende sollen es mehrere tausend Euro sein – eigentlich wirklich? Das weiß die Öffentlichkeit bis heute nicht. Baltruschat hält die Information unter Verschluss, als wäre es seine Privatsache.
Längst hat sich herumgesprochen, dass die Holzhütte häufig, vielleicht sogar überwiegend kommerziell genutzt wird. Die benachbarte Gastronomie ist über die von der Stadt geförderte Konkurrenz naturgemäß nicht erfreut, und Mitglieder der Bürgervereinigung Hofheimer Altstadt bemängeln, dass die Holzhütte den freien Blick auf die beliebte Türmchenzeile einschränkt.
Doch Baltruschat bleibt stur und will den Platz nicht räumen. Da trifft es sich gut, dass er, der ehemalige SPD-Mann, rechtzeitig das Parteibuch gewechselt hat: Heute sitzt er für die CDU im Magistrat – und damit in dem Gremium, das einen geeigneten Standort für „seinen“ Weinstand finden sollte.
Wie gesagt: Das Ergebnis der Prüfung dürfte niemanden wirklich überraschen…
„Chalet“: Denkmalschutz verhindert Alternative
Das Thema bewegt die Stadtgesellschaft seit Ende letzten Jahres: Im Ortsbeirat Kernstadt hatten drei Kommunalpolitiker – zwei Männer (Peter Ottlik, SPD, und Martin Haindl, Grüne) und eine Frau (Tanja Lindenthal, Bürger für Hofheim) – Kritik an der heruntergekommenen Holzhütte geübt. Vorsichtig, nahezu leise merkten sie an, dass der Platz direkt vor den Fachwerkhäusern mit dem historischen Türmchen nicht so richtig gut aussehe…
Baltruschat reagierte mit unerwarteter Heftigkeit, allerdings nur gegen die Frau: In einer E-Mail drohte er, Frau Lindenthal und auch ihren Verein aus dem Vereinsring auszuschließen, sollte sie sich noch einmal negativ über den Chalet-Standort äußern. Weil Lindenthal nicht einlenkte, sondern die Drohmail öffentlich machte, erstattete Baltruschat Strafanzeige gegen sie: Seitdem muss sich auch die Amtsanwaltschaft in Frankfurt mit dem Fall befassen (hier).
Besonders klug war Baltruschats Vorgehen freilich nicht: Denn seitdem steht die Frage im Raum, was ihn zu seiner maßlos überzogenen Reaktion veranlasst haben könnte. Im Sinne der Hofheimer Vereine kann es jedenfalls kaum gewesen sein.
Immer wieder wird seither auch die Frage gestellt, wo all das viele Geld bleibt, das in der Holzhütte eingenommen wurde und wird. Bürger für Hofheim, Grüne und Linke haben im Stadtparlament einen Fragenkatalog vorgelegt und wollten unter anderem wissen, ob die Hütte wirklich ausschließlich der Vereinsförderung dient, wie Baltruschat vorgibt – oder ob sie auch gewerblich genutzt wird.
Die Antworten des Magistrats, über die der Hofheim/Kriftel-Newsletter exklusiv berichtete, sind wenig erhellend. Die Nutzung des städtischen Platzes für den Weinstand sei vertraglich geregelt, hieß es: „Grundlage des Vertrags“ sei „die Weitergabe an Vereine des Vereinsrings zum Ziele der Vereinsförderung“. Ob dies tatsächlich geschehe, oder ob die Einnahmen an Privatleute und Gewerbetreibende gingen: Das sei „dem Magistrat nicht bekannt“.
Wenn der Magistrat gleich mehrfach angibt, er wisse nichts – wörtlich: „Dazu liegen dem Magistrat keine Erkenntnisse vor“ – klingt das wenig glaubwürdig. Immerhin hätte Magistratsmitglied Baltruschat alle Antworten geben können. Aber daran scheint der Mann kein Interesse zu haben…
Klarheit und Wahrheit, Offenheit und Transparenz – das sind Grundpfeiler unserer demokratischen Kultur. Kommunalpolitiker nutzen die Worte gerne: Sie wollen damit signalisieren, dass sie ihr Amt und ihre Aufgaben verantwortungsvoll wahrnehmen und bürgernahe Entscheidungen gewährleisten.
In der Realität stellt sich das in Hofheim leider oftmals anders dar. Zwei aktuelle Beispiele:
Heute tagt der neu gebildete Forstausschuss (ab 19 Uhr, Stadthalle). Die Wählergemeinschaft Bürger für Hofheim (BfH) hat dazu eine Anfrage eingereicht: Wo bleibt eigentlich das Waldleitbild?
Ein Waldleitbild ist eine Art strategisches Konzept, in dem die langfristige Entwicklung und Bewirtschaftung eines Waldgebietes festgelegt wird: Es benennt ökologische, ökonomische und soziale Ziele der Waldbewirtschaftung. Ein solches Leitbild wird gewöhnlich in Abstimmung mit allen relevanten Akteuren erstellt – mit Bürgern, Naturschutzorganisationen, Forstbehörden …
In Hofheim hat der Magistrat das Waldleitbild im Alleingang erstellt – und bisher unter Verschluss gehalten. Erst jetzt und nur auf BfH-Anfrage soll es heute im Forstausschuss vorgestellt werden. In dem Papier stehen Sätze wie: „Wir haben die Verantwortung für Schutz, naturnahe Pflege und umweltgerechte Nutzung des Waldes…“
Solche Sätze lassen erkennen, warum das Leitbild bisher nicht veröffentlicht wurde: Wenn es niemand kennt, kann auch niemand kritisieren, dass sich der Magistrat nicht an seine eigenen Vorgaben hält. Wie neulich berichtet: Der Hofheimer Förster rodet Hecken im Wald – ausgerechnet während der Brut- und Setzzeit…
Zweiter Fall: Am morgigen Dienstag tagt der Bau- und Planungsausschuss (18 Uhr, Stadthalle). Auf der Tagesordnung steht ein etwas sperrig klingendes Thema, das jedoch für die Zukunft der Stadtentwicklung weitreichende Bedeutung hat:
Der Flächennutzungsplan wird derzeit vom Regionalverband Frankfurt-RheinMain überarbeitet. Er legt für alle Städte und Gemeinde die Flächen für Gewerbe und Wohnen fest. Die Kommunen waren aufgefordert, ihre Änderungs- und Ergänzungsvorschläge einzureichen. Üblicherweise wird darüber im Vorfeld in den kommunalen Gremien diskutiert. Nur in Hofheim läuft das anders:
Vor einem Jahr hatte das Stadtparlament auf Antrag der Linken einstimmig beschlossen: Der Magistrat soll die Stadtverordnetenversammlung „unverzüglich in den Prozess der Planfortschreibung einbeziehen“.
Im März dieses Jahres fragt die BfH nach: Wie weit sind eigentlich die Planungen?
Jetzt steht fest: Der Magistrat hat Änderungswünsche eingereicht – unter Umgehung der Stadtverordneten*.
Am 9. Februar hatte der Regionalverband der Stadtverwaltung mitgeteilt, dass Änderungswünsche in der Zeit vom 23. April bis 24. Mai vorzubringen seien. Danach tagte das Stadtparlament noch zweimal, aber der Magistrat sagte keinen Mucks. Jetzt ist die Frist abgelaufen: Thema durch – die Stadtverordneten können nicht mehr mitreden.
Ein Jahr lang hatte der Magistrat einen einstimmigen Beschluss der Stadtverordneten ignoriert. Dann stellte er wichtige Weichen für die künftige Stadtentwicklung – unter Ausschluss der gewählten Bürgervertreter.
Keine Klarheit, keine Wahrheit, keine Offenheit und keine Transparenz: So untergräbt der Magistrat der Stadt Hofheim wichtige Grundpfeiler unserer demokratischen Kultur.
* UPDATE: Unsere ursprüngliche Formulierung an dieser Stelle („Die Planungen wurden abgeschlossen – unter Umgehung der Stadtverordneten“) hat der zuständige Erste Stadtrat Daniel Philipp (Grüne) als falsch kritisiert, wir haben sie deshalb geändert. Philipp: „Eine Beteiligung der Stadtverordnetenversammlungen im Verbandsgebiet ist seitens des Regionalverbandes frühestens für 2025 mit der ersten Offenlage vorgesehen.“
Warum der einstimmige Beschluss des Stadtparlaments vom März 2023 (die Stadtverordneten sind „unverzüglich in den Prozess der Planfortschreibung“ einzubinden) vom Magistrat bisher ignoriert wurde: Dazu schreibt Philipp nichts. Er hatte als Stadtverordneter der Grünen an dem Beschluss mitgewirkt; seit Anfang 2024 gehört er dem Magistrat an.
An diesem Dienstag (2. Juli) wird sich der Bau- und Planungsausschuss erneut mit dem Thema „Chalet“ befassen (ab 18 Uhr, Stadthalle). Auf Antrag der Grünen soll über den Fragenkatalog bzw. die Antworten des Magistrats gesprochen werden. Und dann will CDU-Bürgermeister Vogt auch das Ergebnis der Standortprüfung vorstellen:
Sechs Plätze in der Innenstadt waren als Alternativstandorte nach verschiedenen Kriterien geprüft und verglichen worden: Tivertonplatz, Wasserschlossgraben, Am Untertor (hinter der Bushaltestelle), Am alten Bach, Bornplatz und Ludwig-Meitner-Platz.
Der „Ludwig-Meidner-Platz“ lag „eindeutig vorn“, heißt es in der Magistratsvorlage. Zentrale Lage, kein Verkehr, mit Wasseranschluss, keine Störung der Anwohner – alles Pluspunkte, die Weintrinkern gefallen dürften. Eigentlich der ideale Platz für einen Ausschank – weshalb hier regelmäßig ein Feierabendmarkt stattfindet.
Doch es gibt offenbar einen Haken: Die Denkmalschutzbehörde, so schreibt der Magistrat, habe Bedenken geäußert – nein, nicht gegen den Feierabendmarkt, sondern gegen einen Weinstand.
Deshalb hat der Magistrat den „Ludwig-Meidner-Platz“ als möglichen „Chalet“-Standort gleich wieder von der Liste gestrichen.
Der Bornplatz käme noch in Frage, heißt es weiter. Er war eigentlich als Nummer 2 ausgemacht. Aber hier könnten sich Anwohner belästigt fühlen, so der Magistrat. Also auch: Nein.
So kommt CDU-Bürgermeister Vogt zu einem Vorschlag ganz im Sinne seines Parteifreundes: Der Weinstand soll bleiben, wo er ist – mitten auf dem Untertorplatz. Vor dem historischen Türmchen.
Das letzte Wort haben nun die Stadtverordneten. Sie sollen eine Entscheidung treffen. Vielleicht finden sie vorher auch eine Antwort auf diese Frage:
Wenn der Vertrag der Stadt mit dem Vereinsring vorsieht, einen Weinstand zur Förderung der Vereine zu betreiben, und wenn dies nachweislich nicht geschieht – was hat dann die Holzhütte mitten in der Hofheimer Altstadt noch zu suchen?
Was sagt denn das Finanzamt Hofheim zu den ganze Einnahmen? Wenn mehrere tausend Euros pro Wochenende eingenommen werden, müsste der Freibetrag doch überschritten sein.
Hier liegt im Wein nicht die Wahrheit.
Graue Steuergeschäfte schlagen ganz schön auf die Pensionsansprüche von Polizeibeamten, wenn da was dran ist. Diese sollen nämlich ein besonders aufrichtiges Verhalten gegenüber den Staat zeigen.
Ach und nochmal, die Art der dauerhaften Wasserversorgung über Schläuche darf ein Ordnungsamt gar nicht zulassen oder dulden. Kein Imbiss darf das. Und muss eine Registrierkasse haben
Wann versteht auch die Kommunalpolitik, dass sie für den Zustand der Demokratie und das Kippen verantwortlich ist?
Ich frag mich, warum der Standort um den Ambetbrunnen nicht ebenfalls als Alternative für das Chalet geprüft wurde. „Honi soit qui mal y pense“ würde der Franzose sagen.
zum Regionalen Flächennutzungsplan:
Hier redet Stadtrat Philipp (bewusst) am Thema vorbei: Die Stadtverordneten hatten am 29.03.23 einstimmig beschlossen: „Der Magistrat möge die Stadtverordnetenversammlung unverzüglich in den Prozess der Plan-Fortschreibung einbeziehen und dem Ausschuss für Planung, Bauen, Umwelt und Verkehr Flächen vorschlagen, die in den neuen RegFNP aufgenommen werden können.“ Dieser Beschluss, an den die BfH ein Jahr später nochmals erinnerte, bezieht sich NICHT auf die nunmehr von Stadtrat Philipp genannte förmliche Beteiligung, so, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben ist und die in der Tat erst nächstes Jahr stattfinden wird.
Die o.g. einstimmig beschlossene Forderung der Stadtverordneten bezog sich ausdrücklich auf den laufenden Prozess der Planaufstellung und damit auf die Frage, welche Änderungs- und Ergänzungsvorschläge die Stadt in das laufende Planungsverfahren einbringen soll.
Diesen Antrag hat wie erwähnt der Stadtverordnete Philipp mitsamt seiner GRÜNEN-Fraktion zugestimmt.
Doch nunmehr, im Amt als Planungsdezernent, hält er sich nicht mehr an seine eigenen Forderungen und redet vom Pferd.
Ich halte diesen Standort für einen der schönsten und attraktivsten in der gesamten Innenstadt Hofheims – vor allem, wenn die Kirschen blühen. Dass sich hier sehr gern Menschen treffen und einen Wein trinken, das kann ich gut nachvollziehen. Jetzt sind verschiedene Punkte in der Öffentlichkeit angesprochen worden, die Antworten brauchen. Wer betreibt das, warum und in welcher Weise. Hier jetzt Transparenz zu bringen, hilft ganz wesentlich, um die Situation zu bereinigen. Zur Hütte selbst – natürlich gibt es mit Sicherheit attraktivere, nur wer bezahlt diese schönere Hütte? Zur Sicherheit selbst – auch das muss nach Vorschriften und Regeln sicher installiert und stets überprüft werden.
Betr: Weinstand Ein alter Hofheimer.
Der Standort des Weinstandes ist ideal. Wer das Türmchen nicht richtig sieht, muss mal paar Schritte nach links machen. Was aber noch schöner wäre, 2 Dosen grüner Farbe und ein Pinsel würde dem Ganzen einen einladenden Eindruck geben. Den Grünen würde es bestimmt gefallen.