Die Hofheimer SPD hat sich entschieden – und damit der CDU kräftig vors Schienbein getreten: Sie schlägt vor, ihren Fraktionsvorsitzenden Alexander Tulatz zum neuen Beigeordneten zu wählen, wenn im Herbst die Amtszeit von Bernhard Köppler endet. Die CDU wäre dann komplett aus der Rathausführung raus. Der Plan der Genossen könnte aufgehen, hat allerdings seine Tücken. Und mit einem simplen Schachzug könnte ihn die CDU auch noch durchkreuzen…
Die Bürgermeisterwahl ist gelaufen, schon steht die nächste wichtige Rathaus-Personalie an: In politischen Kreisen wird seit Wochen über die Nachfolge von Bernhard Köppler debattiert. Im September endet dessen sechsjährige Amtszeit als Beigeordneter. Das Stadtparlament könnte schon bald einen Nachfolger wählen.
Es geht dabei nicht nur um das „kleine“ Amt eines Beigeordneten. Vor allem für die CDU geht es um viel mehr: Es ist die letzte Chance für Hofheims Christdemokraten, in den nächsten Jahren im hauptamtlichen Magistrat – und damit bei den wichtigen Entscheidungen – mitreden zu können. Es sieht allerdings nicht gut aus…
Schauen wir uns die Lage etwas genauer an:
Der Bürgermeister von Hofheim heißt zwar noch Christian Vogt. Der CDU-Mann wurde jedoch von den Wählern Ende März regelrecht abgestraft und muss das Rathaus im September verlassen. Dann darf sich der erst 29-jährige Wilhelm Schultze in den Chefsessel der Stadtverwaltung setzen. Er ist Mitglied der Wählergemeinschaft „Bürger für Hofheim“.
Der Erste Beigeordnete hieß lange Jahre Wolfgang Exner, ein strammer CDU-Mann, der vor knapp anderthalb Jahren in den Ruhestand ging. Als Nachfolger konnte die Opposition Daniel Philipp durchsetzen, bis dahin Fraktionschef der Grünen.
Der dritte Mann an der Rathausspitze, Bernhard Köppler von der SPD, hatte 2019 für das Bürgermeisteramt kandidiert und gegen Christian Vogt verloren. Da die SPD damals ein treuer Koalitionspartner der CDU war, durfte Köppler Beigeordneter werden.
Um ihn geht’s jetzt. Seine Amtszeit endet bald.
Dass Köppler in seinem Amt besonders glücklich agierte, wird außerhalb der SPD vermutlich kaum jemand behaupten. Es sind einfach zu viele Projekte, für die er verantwortlich zeichnet und die seit Jahren nicht vorankommen: Meisterturm, Hof Ehry, Recepturhof in Wallau… Dazu die ungelöste Kita-Problematik, dazu der Stadtwald, dessen Zustand vielen Bürgern Sorgen bereitet…
Einige sagen, der CDU-Bürgermeister habe den SPD-Beigeordneten hängen lassen, um selbst besser dazustehen. Vogt habe Köppler mit bürokratischen Anforderungen ausgebremst und ihm die falschen Mitarbeiter zugewiesen. Zuletzt wurde eine angeblich rechtswidrige Verfügung bekannt, mit der Vogt versucht haben soll, die Beigeordneten zu entmachten.
Zur Wahrheit gehört dann aber auch: Köppler hat nie aufgemuckt. Er hat alle Widrigkeiten still ertragen. In SPD-Kreisen wird solch duldsames Leiden gerne als Beweis für Loyalität bewertet.
Doch hat Köppler der Stadt damit auch gutgetan?
CDU würde die Wahl am liebsten vertagen
Die Beigeordneten im Rathaus werden von den Stadtverordneten gewählt. Die CDU ist die stärkste Fraktion im Stadtparlament, hat aber – trotz Koalition mit FDP und FWG – keine Mehrheit. Eine Stimme fehlt.
Wenn die Opposition aus SPD, Grünen, BfH und Linken vollständig antritt und zusammenhält, kann sie ihre Ideen und Pläne durchsetzen. Sie kann dann auch – siehe Wahl des Grünen Daniel Philipp – entscheiden, wer der neue Beigeordnete wird.

Köppler könnte – rein theoretisch – noch einmal kandidieren. Dagegen spricht: Am 15. März nächsten Jahres finden Kommunalwahlen in Hessen statt, dann wird auch in Hofheim das Stadtparlament neu besetzt. Ein „Weiter so“ mit Köppler wäre vielen Bürgern – angesichts dessen mauer Leistungsbilanz – nur schwer vermittelbar und könnte bei der Kommunalwahl vor allem der SPD, aber auch den anderen Oppositionsparteien auf die Füße fallen.
Wer macht’s dann? Tobias Undeutsch wurde kurz als Nachfolger gehandelt. Aber wie käme das bei den Bürgern an? Der Mann war im März als SPD-Kandidat für das Bürgermeisteramt gleich im ersten Wahlgang deutlich gescheitert. Ihm jetzt einen Posten im Rathaus zuzuschanzen: Das würde ja aussehen wie ein Dankeschön der Partei für erfolgloses Kandidieren. Geht gar nicht!
In der CDU wird unterdessen folgender Plan diskutiert: Könnte man die Entscheidung über den künftigen Beigeordneten nicht einfach auf Mitte nächsten Jahres vertagen? Dafür spricht: In weniger als einem Jahr, nach der nächsten Kommunalwahl, könnten sich ganz neue Mehrheiten im Stadtparlament finden. Sollte die CDU gewinnen: Müsste sie dann nicht auch einen hauptamtlichen Stadtrat stellen können? Wäre eine Rathaus-Chefetage ohne CDU nicht eine Missachtung der Wähler?
Solche Überlegungen gefallen der Opposition naturgemäß nicht, schon gar nicht der SPD, die sich nur ungern aus dem Magistrat drängen lassen möchte. Deshalb jetzt die schnelle Entscheidung von Parteivorstand und -Fraktion:
Tulatz soll’s machen!
Wie die CDU die schnelle Wahl von Alexander Tulatz noch verhindern kann
Eigentlich hat Alexander Tulatz gute Chancen, im September der neue Beigeordnete im Hofheimer Rathaus zu werden. Seine SPD dürfte geschlossen hinter ihm stehen, die Grünen werden zustimmen (weil die SPD den Grünen-Stadtrat Philipp mitgewählt hatte), und auch die “Bürger für Hofheim” sehen sich in der Pflicht: Die SPD hatte sich im Endspurt des Bürgermeisterwahlkampfs hinter BfH-Kandidat Wilhelm Schultze gestellt.
Für eine Mehrheit der Opposition im Stadtparlament müssen aber auch die beiden Linken mitziehen. Die gelten nicht unbedingt als Freunde der SPD. Aber was sollen sie machen? Sollte die CDU einen Kandidaten ins Rennen schicken, müssten die Linken Tulatz unterstützen – sonst würde der CDU-Kandidat gewählt…
Mit einem geschickten Schachzug kann die CDU die Wahl von Tulatz auch noch verhindern: Bis zur nächsten Sitzung des Stadtparlaments – sie findet am 25. Juni statt – dürfte die SPD den Antrag einreichen, dass die Stelle des Beigeordneten ausgeschrieben werden soll. Nur dann kann Tulatz im September gewählt werden.
Die CDU könnte gegen die Ausschreibung stimmen: Sie ist schließlich an einer Wahl erst im nächsten Jahr interessiert…
Jetzt sind die Linken in der Zwickmühle: Sie haben wiederholt geäußert, dass ein Bürgermeister und ein Erster Beigeordneter für eine Kleinstadt wie Hofheim ausreichend seien. Warum sollen sie jetzt zustimmen, dass eine dritte Stelle ausgeschrieben wird?
Wird die Stelle des Beigeordneten nicht im Juni ausgeschrieben, kann im September kein neuer Beigeordneter gewählt werden. Leidtragender wäre Wilhelm Schultze, der im September das Bürgermeisteramt übernimmt und gleich bei Amtsantritt mit ganz neuen Herausforderungen im Rathaus konfrontiert würde.
Ob die Wahl des Beigeordneten dann später stattfindet, vielleicht erst im nächsten Jahr, nach der Kommunalwahl, bleibt abzuwarten. Der CDU würde es gefallen: Wenn sie es schafft, bei der Kommunalwahl besser abzuschneiden, hätte sie wieder einen Fuß in der Rathaustür.
In der SPD-Pressemitteilung liest sich die Begründung so: „Alexander Tulatz bringt mit seiner juristischen Expertise, seiner langjährigen Verwaltungserfahrung und seiner tiefen Verankerung in der Hofheimer Kommunalpolitik das richtige Profil für diese Aufgabe mit.“
Der Mann ist Jurist im Hessischen Kultusministerium und seit 13 Jahren Fraktionsvorsitzender im Stadtparlament. Weiter im SPD-Text: „Neben seiner Rolle als stellvertretender Vorsitzender des Haupt-, Finanz- und Beteiligungsausschusses ist Tulatz auch Mitglied im Aufsichtsrat der Hofheimer Wohnungsbaugesellschaft. Darüber hinaus engagiert er sich bei den Hofheimer Naturfreunden und im Förderkreis Hofheimer Städtepartnerschaften.“
So spricht die Partei. Das ist die eine Seite. Eine etwas andere Sichtweise speist sich aus zahlreichen Beobachtungen:
Tulatz, Jahrgang 1981 und Vater von zwei Kindern, gilt als großer Schweiger. Im direkten Gespräch ist er höflich und angenehm, in den städtischen Gremien dagegen wirkt er blass bis zur Unkenntlichkeit, manchmal sogar teilnahmslos. Wenn die SPD in den städtischen Gremien etwas sagen will, meldet sich in der Regel Aaron Kowacs, der Parteivorsitzende. Er ist übrigens Jahrgang 1997 und somit zwei Jahre jünger als Hofheims künftiger Bürgermeister…
Noch ist nichts entschieden. Aber wenn’s so läuft, wie die SPD es plant, dann sieht die Rathausspitze im Herbst dieses Jahres so aus:
Bürgermeister: Wilhelm Schultze von der BfH (aktuell: Wirtschaftsförderung der Stadt Hattersheim).
Erster Beigeordneter Daniel Philipp von den Grünen (vorher: MTK-Landratsamt).
Beigeordneter Alexander Tulatz von der SPD (aktuell: Jurist in der Hessischen Bildungsverwaltung).
Dann sitzen drei Männer ohne ausgewiesene Expertise in der Führung einer Stadtverwaltung ganz oben im Hofheimer Rathaus:
Wenn’s denn die Stadt endlich weiterbringt: Was spricht dagegen?
PS
Und wie geht’s weiter mit Bernhard Köppler? Er wolle wieder in seinen Beruf als Architekt und Stadtentwickler zurückkehren, sagt er. Und in der Partei aufsteigen möchte er auch: Der langjährige Unterbezirksvorsitzende Michael Antenbrink hört demnächst auf, Köppler will das Amt übernehmen. Am 21. Juni wird gewählt. Die SPD Hofheim hat beschlossen, Köppler als Kandidaten vorschlagen.
Fotos: SPD, Stadt Hofheim
Die entscheidende Frage ist jedoch, warum sollte die CDU bei der Kommunalwahl besser abschneiden?
Das ist nicht ganz richtig. Die entscheidende Frage ist: was bleibt der CDU anderes übrig, als die Wahl des Beigeordneten auf die Zeit NACH der Kommunalwahl zu vertagen? Ich kann der Argumentation im Bericht folgen: Die CDU hat VOR der Kommunalwahl überhaupt keine Chance, im Rathaus noch mitzuregieren. Sie muss versuchen, die Abstimmung auf das nächste Jahr zu verschieben. Vielleicht schneidet sie dann nicht besser ab. Aber vielleicht gelingt ihr eine Koalition, die über eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung verfügt.