Das Hofheimer Stadtparlament hat getagt, ein letztes Mal vor der Sommerpause. Es ging um Bebauungspläne, um Satzungen, um den Flächennutzungsplan und um Feuerwehrbedarfspläne. Und – lange diskutiert, also wohl ein wichtiges Thema 😉 – Fahrradstellplätze für Mitglieder städtischer Gremien. Wir haben uns hier vier Themen „herausgepickt“: Der Magistrat tat so, als gäbe es neue Informationen zur Waldgaststätte Meisterturm und zu Hof Ehry – das haben wir uns genauer angeschaut. Und zwischendurch menschelte es ein bisschen: Ein SPD-Mann unterhält angeblich keine Intim-Feindschaften, und ein CDU-Mann nimmt die Sau zurück.
Meisterturm: Nichts Genaues weiß man nicht
Machen wir uns nichts vor: Noch etwas mehr als 300 Tage von heute an – dann ist die Waldgaststätte Meisterturm endgültig Geschichte. Die Hofheimerinnen und Hofheimer wurden nicht gefragt, auch nicht ihre gewählten Vertreter im Stadtparlament: Der Magistrat hat im Alleingang über die Zukunft der beliebten Waldgaststätte entschieden. Wir haben ausführlich darüber berichtet (hier und hier) – jetzt hat Bürgermeister Christian Vogt im Stadtparlament erstmals ein paar Informationen herausgerückt.
Seine 18-seitige Magistratsvorlage ist bei näherem Hinsehen allerdings ernüchternd. Sie nährt den Verdacht, dass die Hofheimer Stadtspitze weitgehend plan- und ahnungslos agiert.
Das ist die aktuelle Lage:
Oben auf dem Kapellenberg, unterhalb des Meisterturms, gibt es drei Objekte: Die Gaststätte ist stark baufällig (Magistrat: „Aufgrund der umfangreichen Schäden und mangelnder Wirtschaftlichkeit wird eine Sanierung oder Modernisierung nicht empfohlen.“). Dahinter befinden sich ein ehemaliges Wohnhaus (Totalruine) und eine Scheune (51 Quadratmeter).
Lediglich ein Termin steht unumstößlich fest, das ist inzwischen auch bekannt: Am 30. Juni 2025 müssen die Pächter Markus und Barbara König das Gelände geräumt haben. Am Vatertag 2025 (29. Mai) wollen sie die Gaststätte ein letzten Mal öffnen.
Und jetzt eine neue Information: Bis zum Auszug der Königs will die Stadtverwaltung die Ausschreibungen für die Außenanlagen und den Abriss der Gebäude abgeschlossen haben. Und: Spätestens 2026 soll mit dem Neubau der Gaststätte begonnen werden.
Offen ist, wie lange sich die Bauarbeiten hinziehen werden. Vogt: „Die Dauer der Baumaßnahme ist nicht bezifferbar.“
Nun könnte man als verantwortungsbewusster Stadtverordneter ja mal fragen: Hallo Magistrat, was ist denn da oben eigentlich genau geplant?
Die Antworten, die bisher gegeben wurden, waren mehr als dürftig. Nur Schlagworte: eine neue Gaststätte soll gebaut werden, dahinter ein „Haus des Waldes“ und ein „Haus der Michelsberger Kultur“.
In der Stadtverordnetenversammlung hat niemand nach weiteren Einzelheiten gefragt – außer der Linken Barbara Grassel, die fragt immer, und sie hat wieder keine Antwort bekommen.
Es wird wohl ein Überraschungspaket.
Was noch mitgeteilt wurde: Die Gaststätte soll etwas größer werden als heute. Statt 249 Quadratmeter sollen es 358 Quadratmeter sein (darin enthalten ist allerdings auch die Lagerfläche: einen Keller wird es nicht mehr geben).
Wie die Gaststätte aussehen wird: Nüchterner Zweckbau? Oder – wie schon mal in der Überlegung – ein Wirtshaus im prolligen Bayern-Look?
Niemand weiß es genau.
Wie wenig durchdacht das ganze Vorhaben ist, zeigt folgendes Beispiel:
Hinter der Gaststätte soll laut Magistrat ein „Haus der Michelsberger Kultur“ entstehen. Man wüsste natürlich gerne mal, was darunter zu verstehen ist…
Vor zwei Jahren berichtete die Frankfurter Rundschau unter Berufung auf Bürgermeister Vogt, dass dort Fundstücke präsentiert werden sollen: Geplant sei die Rekonstruktion der Lebensumstände in der Jungsteinzeit sowie ein 3-D-Modell des Kapellenbergs mit Ringwall, Hügelgräbern und Wachturm.
Im August letzten Jahres schrieb das Kreisblatt, laut Bürgermeister Christian Vogt wolle man die Öffentlichkeit über die Steinzeit-Siedlung auf dem Kapellenberg informieren.
Im Mai dieses Jahres erkundigten sich CDU, FWG und FDP nach Details. Sie wurden vom Magistrat mit der Antwort abgespeist: Ein Landschaftsplaner habe ein Konzept erarbeitet, und zwar in Abstimmung mit Prof. Dr. Detlef Gronenborn, einem Archäologen an der Universität Mainz, der seit Jahren die Forschungen auf dem Kapellenberg leitet. Wie das Konzept aussieht: Das wurde nicht verraten.
Und jetzt die allerneueste Entwicklung:
In den Plänen, die den Stadtverordneten vorgelegt wurden, ist von einem „Spielhaus Michelsberger Kultur“ die Rede.
Ein Spielhaus?
Ja, wirklich wahr: ein Spielhaus!
Ebenso unklar sind Vogts Pläne für ein „Haus des Waldes“. Als er 2022 beim Kreis um einen Zuschuss nachfragte, war von Räumen für Ausstellungen und Seminaren sowie einer Waldapotheke die Rede. Vogt versprach Sozialräume für den Gaststättenbetrieb und neue Toiletten.
In den aktuellen Magistratsplänen ist das „Haus des Waldes“ gerade noch 52 Quadratmeter groß. Was da wohl rein soll?
So geht sie dahin, die gute Meisterturm-Zeit. Ein Schmankerl tischte Bürgermeister Vogt den Stadtverordneten noch auf: Während der Bauphase werde es einen „Pop-Up-Biergarten“ in einem Container geben.
Ist das nicht eine tolle Idee?
Breite Zustimmung im Rund des Stadtparlaments. Aber was ist eigentlich ein Pop-Up-Biergarten? Blitzumfrage – wir fragten eine Handvoll Kommunalpolitiker. Sie zuckten mit den Schultern. Keine Ahnung.
Ein Pop-Up-Biergarten ist ein Ausschank, der nur geöffnet wird, wenn es passt und vor allem, wenn es sich rechnet.
Das war’s dann wohl mit dem Meisterturm. Nur noch 321 Tage ist er geöffnet. Übrigens hat keiner unserer Stadtverordneten am Ende mal gefragt: Wie teuer wird das eigentlich? Hoch sechsstellig? Oder nicht doch eher siebenstellig?
Alles offen. Zu den Kosten wurde bis heute nichts gesagt.
Kein Wort.
Hof Ehry: Alte Bilder und ein namenloser Gastronom
Die Geschichte vom Meisterturm ist harmlos im Vergleich zu dem, was sich die Stadt mit dem Hof Ehry leistet:
Jahrelanger Leerstand. Kein Plan erkennbar. Immer wieder Versprechungen, die nicht eingehalten wurden, und Parlamentsbeschlüsse, die im Rathaus nicht beachtet wurden. Kommunalpolitisches Versagen auf breiter Front – im Magistrat wie in der Stadtverordnetenversammlung.
So ist die Geschichte von Hof Ehry längst ein dunkles Kapitel Hofheimer Stadtpolitik. Der Hofheim/Kriftel-Newsletter hat es umfassend dokumentiert: Deshalb verfällt das Hofheimer Altstadthaus „Hof Ehry“ – das ist auch schon wieder drei Jahre her…
Jetzt aber soll es – angeblich – was werden. Laut Magistrat gibt es bereits einen Vorvertrag mit einem Gastronomen, dessen Name allerdings nicht genannt wurde (die Zeitungen spekulieren, es handele sich um den Betreiber des benachbarten Tapas- Restaurants „El Cilantro“)
Im Haupthaus von Hof Ehry soll demnach Gastronomie einziehen – mit Küche, Bar und Restaurant im Erdgeschoss sowie Lagerräumen im Untergeschoss. Im Obergeschoss sowie im angrenzenden Nebengebäude sollen weitere Räume für die Gastronomie eingerichtet werden, im Dachgeschoss könnten Gästeappartements entstehen.
Die Scheune im hinteren Teil des Grundstücks will die Stadt als „Kulturscheune“ betreiben. Raum für Musikveranstaltungen, Vorträge und Trauungen; auch externe Veranstalter können sich am Programm beteiligen.
Auf Hof Ehry gibt es schließlich noch die öffentliche Toilettenanlage, die seit langem zu den größten Peinlichkeiten der Stadt zählt. Noch in diesem Jahr soll die Sanierung in Angriff genommen werden.
All diese Überlegungen sind nicht gerade neu. Man fragt sich, was die Stadtverwaltung in den letzten Jahren gemacht hat, um das denkmalgeschützte Ensemble zu retten. In den Magistratsunterlagen, die jetzt den Stadtverordneten übergeben wurden, findet sich ein Bild der Scheune: Auf der Rückseite – am Weg zwischen Kellereiplatz und Untertor – sind zwei Glastüren eingezeichnet.
Eine neue Idee? Ach was: Dieses Bild hatte SPD-Stadtrat Bernhard Köppler auf Facebook gepostet – vor sechs Jahren…
Erste Schätzungen des Magistrats gehen von Kosten in Höhe von knapp zwei Millionen Euro aus. Da Behörden-Kalkulationen bekanntlich oft zu niedrig ausfallen, sich zugleich bei einem denkmalgeschützten Objekt häufig unerwartete und meist teure Baustellen auftun, ist davon auszugehen, dass der Umbau deutlich mehr kosten wird.
Immerhin: Die Hof-Ehry-Planung wollen sich die Stadtverordneten genauer ansehen. Nach der Sommerpause soll das Thema im Bau- und Planungsausschuss auf den Tisch kommen..
Köppler & Baltruschat – zwei lupenreine Freunde
Eigentlich wollten die Stadtverordneten nicht über das umstrittene „Chalet“ reden. Sie beschlossen, dass sich der Ortsbeirat Kernstadt mit der Suche nach einem neuen Standort befassen soll (tagt Mittwoch, 17. Juli, 19 Uhr, Stadthalle). Das große Parlament wollte sich nicht weiter mit den undurchsichtigen Geschäften von CDU-Stadtrat und Vereinsring-Vorsitzenden Wulf Baltruschat herumschlagen, schon gar nicht so kurz vor der Sommerpause...
Doch dann meldete sich SPD-Stadtrat Bernhard Köppler zu Wort. Er wollte „eine persönliche Erklärung“ abgeben:
Er habe in Berichten zur Chalet-Standortfrage von einer Intimfeindschaft zwischen ihm und CDU-Stadtrat Wulf Baltruschat gelesen. Köppler wörtlich: „Dazu möchte ich erklären, dass ich Feindschaften nicht unterhalte, und sie sind auch keine Kategorie für mich, auch nicht und schon gar nicht Intimfeindschaften.“ In der Chalet-Frage gebe es sicherlich Klärungsbedarf und vielleicht auch einen Dissens. Aber ihm persönlich sei wichtig – und er glaube, dass gelte auch für Wulf Baltruschat –, dass es keine Feindschaften gebe.
Das möchte man gerne glauben. Aber dann erinnern wir uns an diese Geschichte:
2019 nominierte die Hofheimer SPD ihren Kandidaten für die Bürgermeisterwahl. Wulf Baltruschat wollte es unbedingt werden, doch die Mehrheit der Genossen lehnte ihn ab. Sie favorisierte Köppler.
Einige Tage später rief Baltruschat bei der Lokalzeitung an und erzählte eine Geschichte, die prompt veröffentlicht wurde: Eine Clique in der SPD habe massiv gegen ihn intrigiert. Er habe „zufällig mitbekommen, wie sich der SPD-Vorsitzende Köppler mit zwei Vertrauten unterhalten habe, ,wie sie jetzt taktisch gegen mich vorgehen‘.“ Ein solches Verhalten sei für ihn völlig inakzeptabel, so Baltruschat damals. Er beklagte auch, dass Köppler ihn nicht angerufen habe. In der Lokalzeitung war zu lesen: „Er hat nie das Gespräch mit mir gesucht‘, sagt Baltruschat“.
Köppler wurde damals um eine Stellungnahme gebeten, wollte sich aber laut Zeitung „nicht weiter äußern“. Baltruschat gab wenige Tage später sein SPD-Parteibuch zurück und trat der CDU bei.
Zurück in die Gegenwart: Kürzlich kündigte Köppler im Bau- und Planungsausschuss an, der Magistrat werde die Weinstand-Verträge prüfen und Transparenz in die undurchsichtigen Chalet-Geschäfte bringen. Der Hofheim/Kriftel-Newsletter berichtete: „Beobachter der Lokalpolitik verfolgten Köpplers Aufräum-Ankündigung mit Schmunzeln: Denn der Mann gilt als Intimfeind von Baltruschat.“
Jetzt, nach Köpplers Erklärung, wissen wir es besser. Um es in Abwandlung eines bekannten Zitats von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder zu sagen:
Köppler & Baltruschat sind lupenreine Freunde.
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PS: Baltruschat reagierte auf unseren Bericht, dass seine Chalet-Geschäfte durchleuchtet werden sollen, mit einem Post auf Facebook. Viele Stadtverordnete, so weinte er, würden nicht mit ihm reden, geschweige denn Wein trinken. Nun ja…
Von Köpplers persönlicher Erklärung im Stadtparlament bekam er nichts mit, konnte also auch nicht widersprechen: Baltruschat war mal wieder nicht da. Im November 2023 hatte der Hofheim/Kriftel-Newsletter berichtet: Null Bock aufs Stadtparlament: CDU-Stadtrat schwänzt fast alle Sitzungen. Seitdem ist es nicht besser geworden:
Letzte Woche war es die 29. Sitzung des Stadtparlaments – Baltruschat war nicht dabei (entschuldigt natürlich, wie immer, diesmal: Urlaub) Er fehlte damit zum 22. Mal in dieser Legislaturperiode.
Auftritt Hegeler: Die Sau ist vom Tisch
Und dann gab es in der Stadtverordnetenversammlung auch noch eine persönliche Erklärung von Andreas Hegeler (CDU): Der Stadtverordnetenvorsteher wollte sich „ausdrücklich“ bei Bettina Brestel, der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, entschuldigen.
Hintergrund: Hegeler war Ende Mai während einer Sitzung des Stadtparlaments ohne ersichtlichen Grund ausgerastet. Unbeherrscht hatte er Brestel nach einem kurzen Redebeitrag angebrüllt: „Ihr Verhalten hier heute Abend ist unter aller Sau.“
Der Hofheim/Kriftel-Newsletter dokumentierte den Vorfall. Einige Tage später berichtete auch die Lokalzeitung, stellte sich aber auf die Seite des Lokalpolitikers: „Stadtverordnetenvorsteher Hegeler entschuldigt sich bei Bettina Brestel“, lautete die Überschrift. Leider hatte außer Hegeler – und vielleicht auch der Zeitungsmitarbeiter – niemand die Entschuldigung gehört, schon gar nicht Frau Brestel, die es ja wohl wissen müsste.
Aber jetzt ist die Sau vom Tisch: Er habe einen „unangemessenen Kommentar abgegeben“, räumte Hegeler vor dem Plenum ein, dafür entschuldige er sich. Sein Wunsch sei es, dass wieder „ordentliche Diskussionen“ stattfinden werden, „ohne persönliche Angriffe“.
Die Vergangenheit hat gezeigt: Das liegt auch bei ihm.
Fotos: Stadt Hofheim (4), privat (3)
@ Meisterturm:
Die neue Gaststätte Meisterturm ohne Keller? Ich habe gehört, dass die aktuelle Gaststätte einen Keller hat. Wenn das stimmt, dann bedeutet es, dass ein vorhandener Keller zugeschüttet wird. Geht’s noch doller?
Ich hoffe sehr, dass ich mich verhört habe und es gibt auch heute keinen Keller.
@Hof Ehry:
Die Gästebetten sind auch eine alte Idee des Stadtrats.
Wie damals mit 12 auf Nachbars Kerschenbaum, das mit dem Chalet.
Wir saßen somnerseitig gerne oben, uns gehörte die Gegend, bis der Feldschütz kam.
Wir schickten den runter, der am besten heulen könnte, und verhielten uns im Astwerk.
Naja, dass da andere Früchtchen statt der Kirschen hingen, blieb nicht lange verborgen. Wir mussten antreten, und bei den Eltern beschwerten wir uns über die Menschenfreundlichkeit des Ordnungsbeamten.
Heute in der Erwachsenenwelt gut zu beobachten bei Dauerfalschparkern und den Politessen.
Bleibt doch mal beim Faktischen und macht keinen emotionalen Nebel ums Chalet.
Ich glaube, wenn wir den Baum schütteln, purzeln viele Beteiligte vor die Füße der Stadtgesellschaft… Ist aber auch kein Beinbruch:
Bin nach einmal erwischt worden und gut damit gefahren, zuzugeben *Ich hab aus Appetit Obst geklaut obwohl es verboten ist* Seitdem winkte mir der Feldschütz bis zur Pensionierung.
Einfach ehrlich sein, Mist bauen eingestehen – und dann isses doch gut und eine Basis für die Zukunft.
Zum Pop-Up-Biergarten „Meisterturm“: Das „Chalet“ lässt grüßen!
Es ist eine Schande, was hier passiert! Der Meisterturm hätte es verdient, restauriert und modernisiert zu werden! Aber gleich abreißen? Tja, da hat die Stadt wohl verpennt, sich rechtzeitig darum zu kümmern. Man hätte das Objekt ja nicht so verkommen lassen müssen. Man zerstört lieber Existenzen, Erinnerungen und ein Stück Hofheim.
Die Vermutung liegt nahe, dass es ein Plan der Stadt war. Warten wir mal ab, was bei Hof Ehry noch so gebaut wird😉.
Es ist eine absolute Schande, wie die Stadtpolitik in so vielen Dingen einfach versagt. Ich würde am liebsten gegen diesen Abriss protestieren.