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5-mal Hofheim exklusiv: Der Fluch der Stolbergstraße & andere Geschichten

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Urlaub ist vorbei – in Hofheim hat sich eigentlich nichts verändert. Oder doch? Hier sind wieder ein paar interessante Informationen aus dem Stadtleben, die Sie bestimmt noch nicht kennen. Novum: Diesmal werden sie step by step veröffentlicht – alle paar Stunden gibt’s eine neue Geschichte. Starten wir mit der Stolbergstraße, auf der ein Fluch zu lasten scheint. Viel Vergnügen beim Lesen!

UPDATE: Unser Bericht über die geplanten Anti-AfD-Aktionen in Hofheim hat sich erledigt – wir blicken jetzt auf den „Auftritt der Zahlenjongleure“.

Name falsch! Datum falsch? Stolbergstraße peinlich!

Das haben die Hofheimer wirklich nicht verdient! Die Posse um die Stolbergstraße, die nach dem Willen des Magistrats weiterhin falsch – mit zwei „l“ – geschrieben werden soll, geht in eine neue Runde. Langsam wird’s allerdings echt peinlich: Neue Fehler sind aufgetaucht!

Kurzer Blick zurück: Die Straße mitten in der Hofheimer Altstadt ist nach dem uralten Adelsgeschlecht Stolberg benannt. Doch im amtlichen Liegenschaftskataster hat irgendwer den Straßennamen mit Doppel-l eintragen lassen. 

Cornelia Theisen-Niederastroth brachte das Thema bereits 2021(!) im Ortsbeirat Kernstadt zur Sprache: „Der Name Stolberg ist abgeleitet vom Hause zu Stolberg in Eppstein. Er hat nichts mit einem Stollen zu tun.“ 

Der Magistrat im Rathaus winkte ab: Man wolle den Anwohnern – es sind nur wenige, aber egal! – eine Umbenennung nicht zumuten. Es bleibe bei Stollbergstraße.

Kuriosum am Rande: An der Einmündung in die Langgasse steht auf einem Straßenschild „Stolbergstraße“ (mit einem „l“). Am anderen Ende der Straße (Ecke Stephanstraße) steht „Stollbergstraße“ (mit zwei „l“).

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Ecke Langgasse: Stolbergstraße mit einem „l“
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Ecke Stephanstraße: Stollbergstraße mit zwei „l“.

Im Februar 2023 – vor anderthalb Jahren! –  beschloss der Ortsbeirat die Anbringung eines Zusatzschildes: Damit soll an das mittelalterliche Adelsgeschlecht erinnert werden. Erfahrungsgemäß dauert die Umsetzung solcher Aufträge in der Hofheimer Stadtverwaltung oft lange, meist sehr lange.

Anfang dieses Jahres fragten wir beim Magistrat nach, wann mit dem Zusatzschild zu rechnen sei. Jonathan Vorrath, Pressesprecher im Rathaus, erklärte die lange Herstellungszeit so: Das Stadtarchiv habe einen Text entworfen, der noch einmal überarbeitet werden musste. Jetzt sei alles geklärt, der Text werde lauten: „Grafen Ludwig (1505-1574) und Christoph (1525-1581) von Stolberg“.

Der Bauhof, sagte Vorrath dann auch noch, sei bereits „mit der Anbringung des Schilds beauftragt“.

Das war im Februar.

Hier endet unser Rückblick (wir hatten berichtet hier und hier).

Jetzt haben wir September. Und kürzlich teilte die Stadtverwaltung mit: Geschafft! Das Zusatzschild sei angebracht.

Das haben wir uns natürlich gleich angeschaut:

Nein, das Zusatzschild hängt nicht, wie allgemein üblich, direkt unter dem Straßennamenschild.

Das Schild mit dem Straßennamen ist an der Hauswand auf der linken Seite angebracht.

Das Zusatzschild wurde an einem Metallpfosten auf der rechten Straßenseite befestigt. Dort wirkt es allerdings ziemlich verloren, irgendwie deplaziert

Stolbergstrasse Panorama 1
Panorama-Foto der Stol(l)bergstraße – zum Vergrößern bitte anklicken: Links hängt das Straßenschild, rechts das neue Zusatzschild.

Und jetzt schauen wir uns das neue Zusatzschild etwas genauer ab – und was lesen wir? Richtig: „Christopf“ steht da. „Christopf“ mit „pf“.

Aber hatte nicht das Stadtarchiv – siehe oben – Christoph mit „ph“ geschrieben?

Wir haben in diversen Internet-Lexika und Adelsarchiven nachgeschaut: Ein Christopf (mit „pf“) lässt sich in der Stolberger Adelsgeschichte beim besten Willen nicht finden.

Verdacht: Diesen Christopf gibt’s gar nicht.

Da hat sich wohl wieder jemand vertippt – wie damals beim Eintrag in das Katasteramt. Bemerkenswert: Das Zusatzschild ist bereits seit über einem halben Jahr fertig – und niemand hat den Fehler bemerkt.

Fast scheint es, als laste ein Fluch auf der Stol(l)bergstraße 😉

Es geht nämlich noch weiter!

Stolbergstraße
Auf dem neuen Zusatzschild steht Christopf mit „pf“ : Ist das wirklich richtig ?

Auf den allermeisten Internetseiten, die wir durchforstet haben, werden die Namensgeber „Ludwig zu Stolberg“ und „Christoph zu Stolberg“ genannt – nichtvon Stolberg“. Das ist natürlich nur ’ne Kleinigkeit…

Interessanter ist die Frage: Wann wurde dieser Christoph von oder zu Stolberg eigentlich wirklich geboren?

1525 steht auf dem neuen Zusatzschild. Das wäre vor 499 Jahren gewesen…

Aber sowohl auf der Webseite Deutschen Biographie als auch in der „Personendatenbank der Höflinge der österreichischen Habsburger“, die von der Ludwig-Maximilians-Universität München erstellt wurde, auch auf der Webseite des Stolberger Geschichts- und Traditionsvereins, der die Geschichte des Adelsgeschlechts erforscht, wie im Kreisblatt, das seine Leser Anfang des Jahres mit einem langen historischen Aufsatz zu unterhalten versuchte:

Überall wird das Geburtsjahr von Christoph zu Stolberg mit 1524 angegeben. Also vor genau 500 Jahren.

Ein Buchstabe falsch, eine Zahl falsch – es sind natürlich nur kleine Fehler auf einem kleinen Schild, die diesmal sicher korrigiert werden.

Aber hoffentlich kommt niemand auf die Idee, aus all dem Rückschlüsse auf die Arbeit des Magistrats zu ziehen…

Falscher Heinrich: Bürgermeister wird Ehrung aberkannt

Noch so ein Hofheimer Name, der in letzter Zeit für Verwirrung gesorgt hat – und auch für Schmunzeln: der Heinrichsweg.

Sie wissen schon: Heinrichsweg – das ist der Waldweg unterhalb des Kapellenbergs, der von der verlängerten Kurhausstraße (hinter der Burkartsmühle) bis nach Lorsbach führt. Für den Ausbau der L3011 wurde er verbreitert, viele Bäume am Wegesrand wurden geopfert: freie Fahrt für Rettungswagen, und auch Pkw-Fahrer nutzen immer wieder die schnelle Route.

In Lorsbach steht seit einiger Zeit ein Schild, das Radfahrer von der Baustelle auf der L3011 fernhalten und auf ebendiesen Weg durch den Wald schicken soll.

Wir lesen das Schild und müssen erkennen:

Der Name „Heinrich“ schreibt sich offenbar nicht so einfach 😉

Heinrichsweg
Zum Vergrößern anklicken – und dann genau hinsehen: Was steht da auf dem Schild???

In jüngster Zeit hat sich auch der Arbeitskreis „Historisches Hofheim“ im Altstadtverein mit dem Heinrichsweg beschäftigt: Woher kommt der Name, wollte man wissen. Und stellte fest: Offenbar wurde auch hier geschludert.

Bislang hieß es stets, dass der Weg nach Heinrich Heß (1856-1935) benannt worden sei. So jedenfalls hatten es zwei Historiker in der Stadtchronik von 1961 berichtet. Heß war von 1892 bis 1919 Bürgermeister von Hofheim – sagenhafte 27 Jahre lang! Er war zweifellos ein sehr verdienstvoller Mann, wie auch in einem informativen Beitrag der Hobbyhistoriker nachzulesen ist (hier).

So war es natürlich nur richtig und angemessen, ihm eine bleibende Erinnerung zuteil werden zu lassen. Der Heinrichsweg bot sich an, zumal dieser Bürgermeister ein großer Fan des Stadtwaldes gewesen sein soll. Auf der Webseite des Altstadtvereins ist zu lesen: „Heinrich Heß bekleidete auch mehrere Funktionen im Taunusklub und Verschönerungsverein. Während seiner Zeit wurden der Meisterturm und der Cohausentempel errichtet.“

Jetzt aber ist Herrn Heß die Ehre, Namensgeber des Heinrichswegs zu sein, überraschend und sozusagen posthum aberkannt worden:

Auf einer kleinen Tafel, die der Taunusklub Hofheim unterhalb der Sitzbänke an der Mauer der Jakobsruhe (Ecke Kapellenstraße/Albertsweg) angebracht hat, wird ein gewisser Heinrich Fach als Namensgeber des Weges genannt:

Der Mann war Ende des 19. Jahrhunderts Kaufmann und Gastwirt (Gasthaus „Krone“ in der Hauptstraße) und außerdem Mitbegründer des Taunusklubs gewesen. Und tatsächlich: Nicht Heinrich Heß, sondern Heinrich Fach (1834-1896) sei mit der Benennung des Weges geehrt worden – diese Information, so schreiben die Altstadtfreunde auf Facebook, habe der Taunusclub anhand alter Unterlagen belegen können.

Heinrichsweg2
Hier steht’s geschrieben: Auf der Hinweistafel des Taunusclubs ist zu lesen, dass der Heinrichsweg nicht nach einem Bürgermeister, sondern nach einem Wirt benannt wurde.

Nun muss die Hofheimer Stadtgeschichte deshalb sicher nicht neu geschrieben werden. Aber was für andere Bürgermeister gilt, sollte Heß nicht vorenthalten werden:

Sein Nachfolger im Amt des Bürgermeisters wurde 1920 Oscar Meyrer, nach dem heute eine Straße in der Kernstadt benannt ist. Dabei ist der Mann keineswegs unumstritten: Meyrer kannte in der NS-Zeit angeblich keine Skrupel, mit dem Nazi-Regime zusammenzuarbeiten…

Da sollte sich doch eigentlich auch für Heinrich Heß eine Straße finden lassen, die die Erinnerung an diesen Bürgermeister und sein Wirken wach hält. 

Heinrich sollte dann aber bitte richtig geschrieben werden…

Ach du Schreck! „Wunderbarer Radweg“ löst sich auf

Eben noch verkündete unser Bürgermeister sichtlich stolz und zufrieden, was für einen „wunderbaren Radweg“ man doch hinter Marxheim geschaffen habe. Jetzt schickte uns eine Leserin ein paar Fotos: Das sieht aber gar nicht gut aus! Die Oberfläche des von viel Grün gesäumten Weges – ganz übel malträtiert! Das waren aber keine Vandalen: Ein Regenschauer genügte, und der schicke Radweg war hinüber…

Es ist ein weiterer Beleg dafür, wie in der Hofheimer Stadtverwaltung gearbeitet wird: Noch vor drei Wochen hatte sich Christian Vogt ausführlich für den Ausbau des Weges selbst gelobtöffentlich natürlich, wie es so seine Art ist. Per „Freitagsblick“-Video vom 16. August verbreitete er übers Internet: 

Der Radweg zwischen der Montessori-Schule Marxheim und dem Sportpark Heide sei „wunderbar“ geworden. Er sei auch „ziemlich dankbar“ für die Maßnahme, „die wir als Stadt ergriffen haben, um einfach die Bodenqualität des Weges zu ertüchtigen, damit Rad- und auch Fußgänger besser unterwegs sein können“.

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Screenshot vom Freitagsvideo von 16. August. Vogt beginnt mit dem beliebten Rätselspaß „Und wo stehe ich hier?“ Hinter ihm der Radweg, als er noch gut aussah.

Dass das Thema schon etwas älter ist, unterschlägt Vogt: CDU-Mitglieder im Marxheimer Ortsbeirat hatten die Sanierung des Weges beantragt – erstmals 2020!

Zwei Jahre später – 2022 – fragten sie beim Magistrat  nach, 2023 noch einmal: Passiert war offensichtlich nichts.

Vom Antrag bis zur Umsetzung vergingen also insgesamt vier Jahre, worüber Vogt in seinem Video kein Wort verliert. Selbstgefällig blendet er die Ineffizienz und Trägheit seiner Stadtverwaltung aus:

Es sei, sagt er, bekanntlich schwierig, Planungen für überörtliche Radwege umzusetzen, weil dann andere Behörden beteiligt werden müssten. Das sei in diesem Fall nicht nötig gewesen: „Kleine Lösungen machen wir gerne als Stadt Hofheim.“ Und wie so oft gönnt sich der Bürgermeister auch hier einen großen Schluck Eigenlob: „Ich glaube, das ist uns ganz gut gelungen.“

Drei Wochen später – und der Radweg gleicht schon wieder einer Holperstrecke: Die Deckschicht des sanierten Weges, 800 Meter lang, ist vom Regen aufgeweicht und streckenweise aufgeschwemmt. Randsteine sind verrutscht und gebrochen. Stellenweise ist der Weg tief zerfurcht, was für Radfahrer tückisch sein kann.

Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn andere Behörden der Hofheimer Stadtverwaltung zur Seite gestanden hätten…

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O-Ton Vogt: „Kleine Lösungen machen wir gerne als Stadt Hofheim.“ So sieht dann ein Radweg aus, der erst kürzlich – nach vier Jahren „Vorbereitung“ – saniert worden war.

Schlusswort: Am kommenden Dienstag tagt der Marxheimer Ortsbeirat (10. September, ab 19.30 Uhr, im Bürgerhaus). Der Magistrat wird in der Sitzung ein Papier vorlegen: Aktenzeichen  MXH2023/049 – es ist die Antwort auf den Antrag von 2020 und die beiden Anfragen. In dem Magistratsschreiben (Datum: 19. Juli 2024) heißt es: 

„Die Ertüchtigung des Fussweges von der Montessori-Schule bis zum Sport-Park-Heide ist in der ersten Juliwoche erfolgreich abgeschlossen wurden.“

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Zum Vergrößern anklicken: Die Randsteine des Radweges sind an vielen Stellen abgebrochen.
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Hier spülte Regen den neu aufgetragenen Belag des Radweges in einen Gully.
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Der erst kürzlich aufgetragene Oberbau des Radweges zeigt stellenweise tiefe Furchen auf

Stadtverordnete wollen nicht länger Hampelmänner sein

Es ist eine gepflegte Unsitte im Hofheimer Magistrat unter CDU-Bürgermeister Christian Vogt, dass Anfragen von Stadtverordneten und Ortsbeiräten erst einmal tief auf Eis gelegt werden. Oft dauert es Wochen, manchmal sogar Monate, bis die Stadtverwaltung Antworten gibt. Das mag auf ineffiziente Verwaltungsstrukturen hindeuten, die sich in fast fünf Jahren Vogt eigentlich hätten verbessern sollen und müssen. Auf jeden Fall ist es ein Zeichen mangelnden Respekts gegenüber den gewählten Vertretern der Bürger.

Die Hofheimer Stadtverordneten haben diese öffentliche Diskreditierung durch die Verwaltungsspitze viele Jahre lang stillschweigend hingenommen. Doch seit der Hofheim/Kriftel-Newsletter offen darüber berichtet (beispielsweise hier), brodelt es unter den Stadtverordneten:

Sie wollen sich nicht länger zu Hampelmännern degradieren lassen!

Nächste Woche tagt das Stadtparlament. Und da wollen die Bürgervertreter dafür sorgen, dass das Rathaus in die Gänge kommt. Das geht so:

Rathaus
Das Rathaus Hofheim: Hier lässt der Magistrat Anfragen von Stadtverordneten oftmals viel zu lange unbeantwortet liegen.

In der Geschäftsordnung, die die Arbeit der Stadtverordnetenversammlung regelt, steht heute: Eine Beantwortung von Anfragen durch den Magistrat „soll innerhalb von vier bis sechs Wochen erfolgen“.

Das harmlose Wörtchen „soll“ hat in der Realität weitreichende Folgen: „Soll“ heißt eben nicht „muss“. Immer wieder nutzt der Magistrat diese Formulierung, um unliebsame Fragen auszusitzen oder auch allzu kritische Fragesteller mit Nichtbeachtung abzustrafen.

Schluss mit solchen Mätzchen! Künftig soll es in der Geschäftsordnung heißen: „Der Magistrat erteilt innerhalb von sechs Wochen eine schriftliche Antwort.“ Und weiter: „Sollte dies nicht möglich sein, sind Hinderungsgründe innerhalb dieser Frist mitzuteilen.“

Das sollte eigentlich – auch für den Magistrat der Kreisstadt Hofheimunmissverständlich sein. Wenn er’s immer noch nicht kapiert und binnen sechs Wochen keine Antwort und keine Hinderungsgründe nennt, dann „ist die Anfrage auf die Tagesordnung der nächsten Stadtverordnetenversammlung zu setzen“. Das könnte dann durchaus unangenehm werden für Bürgermeister und Dezernenten: Denn dann haben die Fragesteller im Parlament die Chance, öffentlich nachzuhaken – und der Magistrat müsste ebenso öffentlich „die Hosen runterlassen“. Was ja nicht unbedingt eine schöne Vorstellung ist, für niemanden…

Es scheint, dass die Stadtverordneten aufgewacht sind. Und dass sie sich nicht mehr alles vom Magistrat gefallen lassen wollen.

Gut so – für Hofheim!

INFO: Die Stadtverordnetenversammlung beginnt am Mittwoch, 11. September, um 18 Uhr in der Stadthalle. Die Sitzung ist öffentlich, interessierte Bürger können zuhören, mitreden ist nicht erlaubt).

Nach Anti-AfD-Demonstration: Auftritt der Zahlenjongleure

Mein lieber Jolly! „7000 Menschen setzen in Hofheim ein Zeichen für Demokratie, Menschenrechte und Solidarität“ meldet das Bündnis „MTK gegen rechts“. Siebentausend! In einer Pressemitteilung bewertet das Bündnis das „Aktionswochenende gegen den AfD-Landesparteitag“ deshalb natürlich auch als „erfolgreich“. In der Tat: Dass 7.000 Menschen in Hofheim demonstrieren – hat es das schon mal gegeben?

Aber stimmt diese Zahl überhaupt? Versuchen wir, die Rechnung von „MTK gegen rechts“ nachzuvollziehen: 

1. Am Freitagabend hieß es in einer Pressemitteilung des Bündnisses: „Mehr als 1000 Menschen haben am Freitagabend, 6. September, in Hofheim ein Zeichen gegen Rassismus und Rechtsextremismus gesetzt.“

Die Zahl wuchs offenbar über das Wochenende; an diesem Sonntagmorgen verkündet das Bündnis: „Bereits am Freitagabend hatten mehr als 1500 Teilnehmer*innen eine Menschenkette um die Stadthalle, das Rathaus und das Chinon-Center gezogen.“ 

2. Am Samstagmorgen gab es einen Demonstrationszug durch Hofheim: Laut Bündnis „zogen 3000 Menschen durch die Innenstadt“. 

3. Nach der Demo ging’s weiter: „Etwa 1000 weitere Menschen kamen im Laufe des Tages zusätzlich zum Fest der Demokratie auf dem Kellereiplatz und zur Protestkundgebung vor der Stadthalle, dem Tagungsort der AfD.“

4. Am Sonntagmorgen fand vor der Stadthalle dann noch eine Mahnwache statt, „an der rund 100 Menschen teilnahmen“.

Jetzt zählen wir zusammen:

1.500 bei der Menschenkette am Freitag (nehmen wir ruhig die größere Zahl) plus 3.000 bei der Demonstration am Samstag plus weitere 1.000 beim anschließenden „Fest der Demokratie“ plus 100 bei der Mahnwache am Sonntag…

Das sind noch keine 7.000…

MTK gegen rechts
So warb „MTK gegen rechts“ für das Demo-Wochenende in Hofheim. Auf der Webseite des Bündnisses heißt es: „Unsere politischen Einstellungen und Ziele sind durchaus unterschiedlich und manchmal auch kontrovers. Jedoch verbindet uns der Widerstand gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und jegliche Form von Diskriminierung.“ Die Liste der Mitmacher und Unterstützer – hier zu finden – ist beeindruckend.

Auf knapp 7.000 kommen wir nur, wenn man die mehr als 1.000 Polizeikräfte, die am Wochenende in Hofheim im Einsatz waren, hinzuzählen würde. Eine solche Vereinnahmung der Polizei durch „MTK gegen rechts“ wäre natürlich nicht statthaft: Schließlich kritisiert das Bündnis in seiner Pressemitteilung das Polizeiaufgebot als „völlig überzogen“.

Andererseits: „´Die massive Polizeipräsenz“, schreibt das Bündnis, habe „Hofheimer*innen davon abgeschreckt, an den Protesten teilzunehmen“. Im Selbstverständnis von „MTK gegen rechts“ heißt das wohl: Wären nicht so viele Polizisten aufmarschiert, wären sicher über 1.000 Demonstranten mehr gekommen. Womit wir uns wieder der Zahl 7.000 nähern…

Die Polizei veröffentlicht übrigens ganz andere Zahlen: „An einer Menschenkette nahmen nach polizeilicher Schätzung ca. 550 Menschen teil“, hieß es am Freitagabend. Am Samstagabend meldete die Pressestelle der Behörde: „Bei den Versammlungen im Innenstadtbereich waren zeitweise 1500 Personen zugegen.“ Bei der Mahnwache am Sonntagmorgen „waren zeitweise bis zu 50 Personen zugegen“.

Das sind dann in der Summe etwas mehr als 2.000 Menschen.

Die Meinung des unparteiischen Beobachters: 2.000 bis 2.500 Teilnehmer, vielleicht auch 3.000 – das trifft’s wohl eher.

Aber warum spricht das Bündnis dann von 7.000 Menschen? Eine solche Übertreibung hat „MTK gegen rechts“ eigentlich nicht nötig:

„Wir haben der AfD deutlich gezeigt, dass Hetze, Rassismus und Rechtsextremismus in Hofheim nicht willkommen sind“, heißt es in der Pressemitteilung. Man habe „ein eindrucksvolles Zeichen für Demokratie, Menschenrechte und Solidarität gesetzt“.

Diesen Aussagen sind unstrittig und hätte als Bilanz völlig gereicht. Wenn Zahlenjongleure die Erfolgsmeldung jetzt phantasievoll aufblähen: Dann wird nur die Glaubwürdigkeit des Bündnisses beschädigt. Völlig unnötig.

Immerhin, und auch das ist ein Erfolg, den Bündnis wie Polizei für sich verbuchen können: Es ist friedlich geblieben. Die Polizei bilanziert zufrieden:

Durch Straßensperrungen, Aufzüge und eine Sitzblockade sei es zu „kurzen punktuellen Verkehrsbeeinträchtigungen“ gekommen. Ansonsten seien die Versammlungen „weitgehend störungsfrei verlaufen:“ Nur vereinzelt habe es verbale Auseinandersetzungen gegeben: „Zwei Personen erhielten einen Platzverweis, und es wurden drei Strafanzeigen wegen Beleidigung aufgenommen.“

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5 Comments

  1. Roland aus Marxheim

    Großes Kompliment an Thomas Ruhmöller für seine sehr aufwendige Recherche.

    Es zeigt mal wieder, daß es im Hofheimer Rathaus immer noch einige Dilettanten gibt… Oder ist es reine Faul- und Trägheit? Betrifft aber zum Glück nicht alle Beschäftigte dort!

    6. September 2024
    |Reply
  2. Karl Heinz Hellenkamp

    „Wir leben in einem Rechtsstaat. Das bedeutet, dass wir als Polizei dafür sorgen werden, dass alle ihre Meinung frei äußern und an Versammlungen teilnehmen können“, so Polizeipräsident Felix Paschek

    Der Vollständigkeit halber sollte schon erwähnt werden, dass die Polizei nicht kommt, weil vermutlich die Teilnehmer der AfD am Parteitag randalieren, sondern die Gegendemonstranten.

    6. September 2024
    |Reply
  3. Barbara Grassel

    Zwar haben Sie auf die verkorkste Schreibweise des „Heinrichts“weges hingewiesen, aber nicht auch auf die unsinnige Wegweisung: Wieso soll ein/e Radler/in aus Lorsbach kommend am Ortsende über den Heinrichsweg und die Talstraße nach Lorsbach fahren??? Wer dort aus Lorsbach hinaus fährt, will vermutlich nach Hofheim und das geht von dort über den Heinrichsweg, da man mit dem Rad ja nicht durch die Baustelle fahren soll (und die L 3011 auch sonst keine sichere Radverbindung darstellt). Trotz mehrfacher Hinweise wurde die Beschilderung (und Schreibweise) seit Monaten nicht geändert.

    6. September 2024
    |Reply
  4. Ich bin seit über 30 Jahren als Rechtsanwalt tätig und erlaube mir folgenden Kommentar : „soll“ bedeutet, daß ist grundsätzlich so zu machen, nur in besonderen atypischen Ausnahmen darf man davon abweichen. Das ist das kleine 1×1, aber davon weiß man in Hofheim am Taunus natürlich nix

    7. September 2024
    |Reply
  5. „Straßenschilder“ sind scheinbar nicht die einzige Sache, wo in Hofheim gerne mal Praktikant:innen drangesetzt werden….
    Man braucht sich über den Höhenflug der Nazis und Rechtspopulist:innen nicht zu wundern, wenn die Öffentliche Verwaltung sogar schon an der angemessen zeitnahen Erstellung und Anbringung korrekt beschrifteter Schilder in der Stadt scheitert.
    Da ist an dem Gefühl der „Überforderung des Staates“ wohl was dran – und über die wirklch komplexen Themen haben wir noch gar nicht gesprochen.
    Wie heißt es so schön: „Der Fisch stinkt immer vom Kopf her“. Scheinbar wurschteln viele Mitarbeitende in der Hofheimer Verwaltung führungslos vor sich hin – und keinen interessiert es.

    8. September 2024
    |Reply

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