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10 Beispiele: So macht der Magistrat die Bürgervertreter zu Hampelmännern

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An diesem Mittwoch tagt das Hofheimer Stadtparlament: 45 Männer und Frauen, die gewählt wurden, die Interessen der Menschen in Hofheim zu vertreten, kommen in der Stadthalle zusammen. Es sind ehrbare Bürgerinnen und Bürger, die sich mit dem Titel „Stadtverordnete“ schmücken dürfen. Sie müssen aufpassen, dass sie nicht als „Hampelmänner“ (und natürlich „Hampelfrauen“) in die Chronik der Kreisstadt eingehen. Sollte das passieren: Es wäre der „Verdienst“ des Magistrats.

Es ist längst unübersehbar: Wenn Hofheims Stadtverordnete Wünsche äußern, wenn sie um Beantwortung von Fragen bitten oder aber Beschlüsse fassen (weil sie der Überzeugung sind, damit der Stadt und ihren Bürgern etwas Gutes zu tun) – dann heißt das noch lange nicht, dass ihre Wünsche erfüllt, ihre Fragen beantwortet oder ihre Beschlüsse auch umgesetzt werden.

Zuständig ist der Magistrat mit CDU-Bürgermeister Christian Vogt an der Spitze. Entweder hat der Mann „seinen Laden“ nicht im Griff – oder aber es ist ihm schnurzpiepegal, wenn die Stadtverordneten was wollen:

Fakt ist: In der Stadtverwaltung kümmert man sich regelmäßig nicht darum, das zu tun, was die gewählten Bürgervertreter sagen. Dafür gibt’s inzwischen viele Belege, und die Liste wird von Woche zu Woche länger.

Magistrat kommt Verpflichtungen nicht nach

Es ist eine unheilvolle, nahezu destruktive Form von Lokalpolitik, die der Magistrat in Hofheim pflegt:

Auf der Webseite der Stadt heißt es unmissverständlich: Der Magistrat „bereitet als Kollegialorgan die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung vor und führt sie aus“.

Aber was, wenn der Magistrat nicht macht, was vorgeschrieben ist und ihm abverlangt wird? Wenn er Beschlüsse einfach nicht ausführt, nicht einmal dann, wenn sie einstimmig gefasst wurden?

Magistrat
Auf der Webseite der Stadt ist nachzulesen: Der Magistrat muss Beschüsse der Stadtverordneten ausführen.

Hier sind zehn Beispiele aus Ortsbeiräten und aus der Stadtverordnetenversammlung, in denen der Magistrat Antworten verweigert oder mehrheitlich gefasste Beschlüsse ignoriert – teilweise seit Jahren schon:

Beispiel 1: Taubenhaus für 100.000 Euro

➪ Im Ortsbeirat Kernstadt erkundigten sich CDU-Vertreter nach dem Taubenhaus: Das hatte Bürgermeister Vogt groß angekündigt (nachzulesen hier), ja, er hatte sogar umgehend 100.000 Euro in den Haushaltsplan eingestellt.

Die Anfrage (Aktenzeichen: KERN2023/009) datiert vom 11. Januar 2023: Was bitte ist mit den Taubenhaus-Plänen?

Der Magistrat ignoriert diese Frage – bis heute.

Beispiel 2: Blitzer in der Innenstadt

➪ Mit Hilfe von „Blitzern“ sollten Raser in der Altstadt gestoppt und zur Rechenschaft gezogen werden. Das wurde im Ortsbeirat Kernstadt beschlossen. Vor über einem Jahr wollten die Grünen wissen, wie oft die Geräte eigentlich aufgestellt, wie viele Raser erwischt wurden…

Die Anfrage (Az: KERN2023/016) datiert vom 17. Januar 2023.

Der Magistrat schweigt einfach. Als gebe es die Frage gar nicht.

Beispiel 3: Verkehrszählung in Lorsbach

➪ Die Talstrasse in Lorsbach wurde im Jahr 2017 zur Fahrradstraße erklärt. Aus diesem Anlass wurde damals – angeblich – eine Verkehrszählung durchgeführt, die 3.597 Euro gekostet haben soll. Das wurde nur durch Zufall bekannt, woraufhin die Linken wissen wollten, was denn bei der Verkehrszählung im Jahre 2017 herausgekommen sei.

Die Anfrage (Az. LOB2023/013) datiert vom 13. Juni 2023.

Der Magistrat hat sie bis heute nicht beantwortet.

Beispiel 4: Wasserleitung für Vereinsring

➪ Eine provisorische Wasserleitung zur Holzhütte des Vereinsrings auf dem Untertorplatz sollte unter die Erde verlegt werden, weil mehrere Menschen darüber gestolpert waren. Wie teuer das würde, wollte die CDU im Ortsbeirat wissen.

Die Anfrage (Az. KERN2023/062) datiert vom 22. August 2023.

Der Magistrat sagt einfach nichts dazu.

Beispiel 5: Besserer Schutz vor Starkregen

➪ Der Ortsbeirat Marxheim verlangte vor mehr als fünf(!) Jahren bauliche Maßnahmen in der Klarastraße, die Schäden durch Starkregen vermeiden sollten. 2019 kam als Antwort aus dem Rathaus: „Aufgrund von personellen Engpässen kann derzeit keine Zeitschiene für ein Ergebnis benannt werden.“

Eine erneute Anfrage (Az. MXH2023/036) datiert vom 22. August 2023. Danach wurde das Thema in mehreren Sitzungen angesprochen, und jedesmal wurde ins Protokoll geschrieben:

„Es wird davon Kenntnis genommen, dass die Anfrage nach Fristablauf noch nicht beantwortet wurde.“

Protokoll Ortsbeirat
Zum Vergrößern anklicken: Auszug aus dem Protokoll eines Ortsbeirats. Nach jeder Sitzung wird vermerkt: „Es wird davon Kenntnis genommen, dass die Anfrage nach Fristablauf noch nicht beantwortet wurde. Der Magistrat wird gebeten eine Antwort zeitnah vorzulegen.“
Beispiel 6: Fußweg-Sanierung seit 2020

➪ Nicht ganz so alt ist der Antrag der Marxheimer CDU, den Fußweg vom Sportpark Heide zur Montessori Schule zu sanieren: Er wurde „erst“ im Jahr 2020 vorgelegt. 2022 teilte der Magistrat mit, man wolle den Weg mit dem Ortsbeirat besichtigen.

Vom 20. Oktober 2023 datiert eine neue Anfrage (Az. MXH2023/049), in der es heißt: „Wir erlauben uns nun, nach dem Sachstand zu fragen.“

Eine Antwort vom Magistrat gab’s bisher nicht.

Beispiel 7: Sonnenschutz für kleine Kinder

➪ Im Jahr 2020 hatte die CDU Marxheim ein Sonnensegel für einen Kinderspielplatz beantragt. Im letzten Jahr hat der Magistrat super-teure Pläne für riesige Sonnenschirme vorgestellt – allerdings nicht für Kinder, sondern für den Untertorplatz, wo überwiegend Autos beschattet würden.

Am 12. September 2023 teilte der Magistrat den Marxheimern mit, dass bis Herbst 2023 ein Angebot vorliegen solle – was nicht geschah.

Eine erneute Anfrage (Az. MXH2023/051) datiert vom 20. Oktober 2023.

Bis heute verweigert der Magistrat eine Antwort.

Beispiel 8: Hofheim-Pass ohne Colibri-Nutzung

➪ Die Ignoranz des Magistrats trifft nicht nur die „kleinen“ Ortsbeiräte: Die Stadtverordnetenversammlung hatte Ende 2021 auf Antrag der Linken einstimmig(!) beschlossen, dass Inhaber des Hofheim-Passes keine Zuzahlung im Colibri-On-Demand-Verkehr leisten müssten.

Ende letzten Jahres wurde ein neuer Flyer zum Hofheim-Pass von der Stadtverwaltung herausgegeben (hier) – ohne Colibri-Nutzung.

Die Linken fragten am 14. November 2023 nach (Az. STV2023/156): Warum wurde der einstimmige Beschluss nicht umgesetzt?

Der Magistrat gibt einfach keine Antwort.

Beispiel 9: Geheimnistuerei um „Jagdkonzept“

➪ Grüne, Bürger für Hofheim und Linke hatten darum gebeten, dass das neue Jagdkonzept für den Hofheimer Stadtwald im Ausschuss für Planung, Bauen, Umwelt und Verkehr öffentlich vorgestellt werde. Das Thema interessiert schließlich viele Bürger der Stadt.

Der Antrag (Az. STV2023/065) stammt vom 26. April 2023: 41 Stadtverordnete stimmten zu.

Der Magistrat reagierte nicht: Das Jagdkonzept wurde bis heute nicht vorgelegt.

Beispiel 10: Kein Plan für mehr Tagesmütter

Opfer des Magistrats ist beileibe nicht nur die Opposition. Manchmal trifft’s auch die „Regierungs-Koalition“ aus CDU, FDP und FWG. Die hatte vor genau einem Jahr – am 20. März 2023 – den Antrag eingebracht, mit dem mehr Tagesmütter zur Betreuung von U3-Kindern fest eingestellt werden sollten. Az. STV2023/042: Der Magistrat sollte Möglichkeiten und Kosten klären, beschloss das Parlament mehrheitlich. Das war’s:

Von dem Antrag bzw. von einer Umsetzung des Beschlusses durch den Magistrat hat man seither nichts mehr gehört.

Stadtverordnete moniert „Missachtung des Gremiums“

Letztens hat eine Stadtverordnete konsequent gehandelt: Tanja Lindenthal von den Bürgern für Hofheim legte ihr Mandat im Ortsbeirat Kernstadt nieder. Vorausgegangen war eine Sitzung, in der sie mehrere bisher unbeantwortete Anfragen ihrer Fraktion vorgetragen und – wenig überraschend – keine Antworten bekommen hatte.

Die Kommunikation seitens der Stadt mit dem Gremium sei „nicht in Ordnung“, so Lindenthal. Der Magistrat müsse zumindest informieren, warum er Anfragen nicht beantworte. Gar keine Antwort zu geben sei „eine Missachtung des Gremiums“.

Da hat die Frau recht. Es heißt nicht nur, dass der Magistrat die Beschlüsse der Stadtverordneten auszuführen hat. In der Geschäftsordnung ist auch nachzulesen: „Die Beantwortung von Anfragen soll idealerweise bis zur nächsten Sitzung, spätestens innerhalb von vier bis sechs Wochen erfolgen.“ Und weiter: Sollte eine Beantwortung nicht innerhalb dieser Frist möglich sein, so hat der Magistrat „innerhalb derselben Frist die Hinderungsgründe mitzuteilen“. 

Hofheims Magistrat glaubt offenbar, sich an solche Vorgaben nicht halten zu müssen. Es ist allerdings auch so, dass die Mehrheit der Stadtverordneten klaglos hinnimmt, wenn sie von den verbeamteten Rathaus-Chefs derart abwertend behandelt wird.

Sie nehmen es klaglos hin, dass die Stadtspitze die gewählten Bürgervertreter wie Hampelmänner (und Hampelfrauen) behandelt.

Im Interesse der Stadt und ihrer Bürger kann das kaum sein.

Heute im Stadtparlament: Baugebiete & Trinkwasser

An diesem Mittwoch, 13. März, tagt das Stadtparlament. Es geht u.a. um zwei Baugebiete: Für die Hattersheimer Straße (ehemals Polar Mohr) soll die Planung vorangetrieben werden. In Wildsachsen hatte ein Investor mit Rodungsarbeiten im Baugebiet Jungehag angefangen, obwohl noch eine Umweltprüfung hätte durchgeführt werden müssen. Unklar, ob der Bebauungsplan derzeit gültig ist. Die Linken wollen, dass der Plan aufgehoben und die Arbeiten sofort gestoppt werden.

Anderes Thema: die Verkehrssituation in der Innenstadt, im Ostend und am Kapellenberg. Das Thema interessiert viele Menschen, normalerweise müsste es deshalb im Ausschuss für Bauen, Planung, Umwelt und Verkehr diskutiert werden. Ausschüsse aber müssen, das ist Vorschrift, öffentlich tagen; das „heiße“ Thema Altstadt-Verkehr wollen einige Stadtpolitiker aber lieber unter sich auskaspern:

Deshalb soll heute auf Antrag der SPD – nach Anregung durch den Ortsbeirat Kernstadt – die Bildung einer Arbeitsgruppe beschlossen werden: Stadtverordnete, Ortsbeiräte, Verwaltungsmitarbeiter und Vertreter des Altstadtvereins und des Gewerbevereins sollen ihr angehören, dazu eine noch nicht genauer definierte Gruppe von „Interessenten und Betroffenen“. Wichtig ist wohl: Man will unter sich bleiben. Alles nur vertraulich besprechen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Die Sitzung beginnt an diesem Mittwoch um 18 Uhr in der Stadthalle. Wen’s interessiert: Zuhören ist erlaubt, mitreden nicht.

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3 Kommentare

  1. Bernd Hausmann

    Dauernd belogen zu werden ist noch schlimmer als keine Antwort zu bekommen

    Es ist in der Tat eine eklatante Missachtung des Parlaments, wenn der Magistrat Anfragen verspätet, erst auf Nachfragen oder gar erst nach Klagen beantwortet (Die Linke hat bereits mehrmals vor Gericht klagen müssen, um den Magistrat zu einer Antwort zu bewegen).

    Aber noch schlimmer ist es, wenn der Magistrat bewusst die Unwahrheit sagt und Öffentlichkeit und Parlament glatt anlügt.

    Nur ein Beispiel unter vielen:

    Auf die Anfrage, warum der Magistrat mit Millionenaufwand den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) komplett umbauen will, unter Verlust fast aller Bäume, aber ohne jeden Kapazitätsgewinn, und nicht mit kleinen Maßnahmen die Kapazität und Barrierefreiheit des ZOB verbessert, was sogar ohne lange Vollsperrung im laufenden Betrieb möglich wäre, antwortete der Magistrat:

    „Eines aber kann man mit Gewissheit sagen … Größtes Manko ist die Tatsache, dass die derzeitigen Bussteige aufgrund des Einfahrwinkels nicht barrierefrei anfahrbar sind. Allein dafür wird ein Eingriff in die gesamte Fläche notwendig.“

    Eine Antwort auf die Nachfrage, wie groß denn die derzeitigen Einfahrwinkel seien, und wie groß sie in der Planung des mit dem barrierefreien Umbau beauftragten Planungsbüros sind, antwortete der Magistrat erst auf Nachfrage. Und es kam heraus: Die Planungen des Ingenieurbüros für die barrierefreie Vorzugsvariante sahen sogar einen (leicht) ungünstigeren Einfahrwinkel vor.

    „Eines aber kann man mit Gewissheit sagen“: Der Magistrat hat mal wieder glatt und bewusst gelogen.

    (s. http://www.sitzungsdienst-hofheim.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=5041)

    14. März 2024
    |Antworten
  2. Barbara Grassel

    Und es geht weiter: Die Stadtverordnetenversammlung beschließt 2021, Hofheim-Pass-Inhaber von der Zuzahlungspflicht beim „Colibri“ zu befreien, und der Magistrat erklärt auf Nachfrage schließlich am 14. März 2024:

    „Die vertraglichen Vereinbarungen mit dem MTV im Vorfeld der Pilotphase bezüglich der Verteilung der entstehenden Kosten haben eine solche Ermäßigung nicht beinhaltetet. Eine Umsetzung des Beschlusses war daher aus vertraglichen Gründen nicht zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses möglich.
    Mit der Einführung des Hofheimpasses war das Bewerben und die Nutzung der kulturellen Angebote in der Kreisstadt beabsichtigt. Eine Vergünstigung bei der Nutzung des ÖPNV war damit zunächst nicht verbunden.
    Bis zum Ende der Pilotphase in diesem Jahr sind die vertraglichen Vereinbarungen einzuhalten. Im Rahmen der geplanten Evaluierung zum Ablauf der Pilotphase in diesem Jahr wird diese Gebührenbefreiung vorgesehen.“

    Dazu ist noch anzumerken, dass bislang ungewiss ist, ob der „Colibri“ nach Ablauf der Pilotphase und der bisherigen hohen Bundesförderung noch weiter betrieben wird.

    Aber falls nicht, kann man dann ja beruhigt die Gebührenbefreiung vorsehen.

    15. März 2024
    |Antworten
  3. hebeling

    Rechtzeitig zu Ostern geht’s Richtung kommunale Offenbarung….fast muss man sagen: Sie hüllen sich in merkwürdige Ämter und irren ziellos.

    17. März 2024
    |Antworten

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