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Kein Platz für Kinder: Kita-Eltern machen Druck auf Politik – es wirkt!

Gepostet in Allgemein

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Endlich sind sie aufgewacht. Allerdings: Wenn wir genauer hinschauen, erkennen wir, dass es für viele Betroffene zu spät ist, viel zu spät!

Plötzlich entwickeln die Hofheimer Stadtverordneten mit Nachdruck immer neue Ideen und Vorschläge, wie der Mangel an Kita-Plätzen behoben werden könnte. Die aufgeregte Bemühtheit verwundert ein wenig, denn das Problem ist nicht neu: Es schwelt seit Monaten, besser: seit Jahren, ohne dass eine Lösung in Sicht wäre. Gleichzeitig scheint der zuständige Stadtrat Bernhard Köppler (SPD) völlig überfordert. Er schafft es nicht einmal, kleinere Maßnahmen zügig umzusetzen – zuletzt zu beobachten beim Waldkindergarten in Lorsbach.

Was wir jetzt erleben, kann als Lehrstück gelebter Demokratie dienen: Denn die Stadtverordneten rühren sich nicht, weil ein Problem dringlich geworden ist – das ist es, wie gesagt, schon lange. Nein, die Kommunalpolitik ist aufgewacht, weil sich betroffene Eltern zusammengeschlossen und eine Bürgerinitiative gegründet haben:

„Hofheimer Kinder – Für mehr Betreuungsplätze“ nennt sie sich. Die Unzufriedenheit mit der Lokalpolitik formiert sich, in einer Facebook-Gruppe tauscht man sich aus und formuliert Forderungen

Ein paar hundert Eltern – das sind auch ein paar hundert Wähler: Der organisierte Protest wirkt auf Lokalpolitiker wie eine Adrenalinspritze: Das Herz pumpt schneller, der Blutdruck steigt, die Atmung geht schneller…

Letztens tagte der Jugend- und Sozialausschuss, die Mitglieder wirkten wie aufgedreht. Die CDU/FDP/FWG-Koalition, die sonst nicht müde wird, das vermeintliche Expertentum in der Stadtverwaltung gegen jedwede Kritik in Schutz zu nehmen, forderte „ein rasches Agieren und Handeln seitens der Stadt“:

Ein weiteres Warten auf Kita-Plätze, die erst in einigen Jahren zur Verfügung stehen, sei „für die Eltern, die heute auf einen Kita-Platz warten, nicht tragbar“, heißt es in einem Antrag. Der Magistrat solle „kurzfristig (ab Sommer 2024) eine Interims-Kita für bis zu 50 Kinder in Container- oder in Modulbauweise“ einrichten.

Für die Bürger für Hofheim (BfH) forderte Michael Schulz, den Einsatz von qualifiziertem ausländischen Personal zu prüfen. Birgit Krämer von der CDU beantragte, eine zentrale Anmelde-Software anzuschaffen.

Alle dafür, einstimmig!

Kinder
Auch das ist gelebte Demokratie: Mit solchen Sprüchen ging Hessens CDU im letzten Jahr auf Wählerfang – und es hat auch funktioniert. Heute sind wir schlauer: Mit Sprüchen allein wird die Kita-Not in Hofheim nicht behoben.

Erinnert wurde auch an einen seit März vorliegenden Vorschlag, die Betreuungszeiten zu optimieren: Dann könnten mit dem vorhandenen Personal vielleicht mehr Kinder betreut werden.

Klingt alles gut. Aber ob das wirklich auf die Schnelle hilft?

Bereits Anfang letzten(!) Jahres hatte die CDU/FDP/FWG-Koalition die Verwaltung beauftragt, verschiedene Standorte für Kita-Container zu prüfen – zum Beispiel das leerstehende Exerzitienhaus auf dem Kapellenberg. Der Beschluss wurde im Februar 2023 gefasst; ein Jahr später, im Februar 2024, berichtete die Lokalpresse: Dem Orden liege „keine Anfrage vor, beispielsweise eine Container-Kita auf dem Gelände aufzustellen“.

Die Linke hatte um Prüfung gebeten, ob auf dem Parkplatz hinter der alten Stadtbücherei Kita-Container aufgestellt werden könnten. In diesem Fall kam die Antwort ganz schnell: Abgelehnt – unter anderem, weil dort Mitarbeiter des Rathauses ihre Autos parken.

Alternative Standorte wurden von der Verwaltung leider auch nicht genannt.

War ein Vorschlag: Auf dem Gelände des Exerzitienhauses könnte man übergangsweise eine Kita einrichten.

Man kann Hofheims Stadtverordneten nicht vorwerfen, dass sie die Verwaltung nicht drängen, das Problem anzugehen.

Es gehört allerdings auch zur Aufgabe der gewählten Bürgervertreter, die Verwaltung zu kontrollieren. Wenn diese erkennbar nichts zur Lösung eines Problems unternimmt, ja, manchmal sogar den Eindruck erweckt, sich Lösungen zu verweigern: Dann funktioniert das in Hofheim deshalb, weil sich die Mehrheit im Parlament gleichgültig verhält. Lieber schweigt und wegduckt.

Das ist natürlich auch bequemer.

Nur: Die Bürger müssen’s ausbaden. Im konkreten Fall: ein paar hundert Eltern, die für ihre Kinder keine Betreuung finden.

Magistrat hat die besten Standorte nicht genutzt

Es gab sehr gute Standorte, die längst hätten genutzt werden können – wenn die Stadtpolitiker nur gewollt hätten und sich die Verwaltung etwas mehr für Eltern-Interessen engagieren würde:

Hinter der Tierklinik liegt ein städtisches Grundstück. Jahrelang passierte dort nichts. Dann wollte sich die Klinik dort mit dem Segen der Stadt erweitern. Man hätte dort Kita-Container aufstellen können, wenn man nur gewollt hätte.

Dann Planänderung: Jetzt werden dort kleine Häuschen für Flüchtlinge aufgestellt.

Hier soll keinesfalls die Flüchtlingsproblematik gegen den Kita-Notstand ausgespielt werden. Aber warum das Grundstück nicht längst für Kita-Container genutzt wird: Das hätte man von den beamteten Rathauspolitikern schon gerne erfahren.

Ein weiteres Beispiel:

Die Stadt besitzt gegenüber dem Landratsamt ein größeres Grundstück, das die Kreisbehörde als Parkplatz angemietet hatte. Anfang 2023 hat der Kreis mitgeteilt, dass er auf dem Grundstück Container für Flüchtlinge aufstellen lässt. Wir hatten damals im Rathaus nachgefragt: Warum wurden auf dem Parkplatz nicht schon längst Container für eine Kita aufgestellt? Das gab es zur Antwort: „Es war – im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Stadt und Kreis – nicht das Bestreben der Stadt, die Nutzungsvereinbarung mit dem Kreis zu kündigen, um anderweitige Herausforderungen zu bewältigen“. 

So ist das in Hofheim: Der CDU-Bürgermeister nimmt dem CDU-Landrat doch keine Parkplätze weg! Sollen die Eltern sehen, wo sie mit ihren Blagen bleiben…

Jetzt ein neuer Versuch, dem Magistrat etwas mehr Engagement abzuringen. CDU/FDP/FWG schreiben in ihrem Antrag: „Zur Betreuung von bis zu 50 Kindern sind mindestens 5 Container nötig und eine Fläche von rund 1.000 Quadratmetern.“ Städtische Grundstücke auf der Drachenwiese am Landratsamt oder in der Nähe des Sportparks Heide böten sich an, auch private Grundstücke am Steinberg oder in Marxheim (Nähe Bürgerhaus).

Barbara Grassel von den Linken beantragte ergänzend: Dann sollte man gleich auch andere Grundstück in die Prüfung einbeziehen – Elisabethenstr. 3, die ehemalige Kurklinik in der Kurhausstraße und das ehemalige Polar-Mohr-Gelände an der Homburger Straße, wo ein privater Investor 100 Wohnungen bauen will.

Man fragt sich natürlich, warum der Magistrat angesichts der bekannten Notlage nicht längst gehandelt hat. Aber so arbeitet man wohl im Hofheimer Rathaus – hier noch ein Beispiel:

Vor fünf Jahren präsentierte die Verwaltung die „Webkita“ – eine Unterseite der städtischen Homepage, auf der Kita-Plätze und Schulkindbetreuung in allen Stadtteilen und von allen Trägern aufgelistet waren. „Die Anmeldung bei allen Hofheimer Betreuungseinrichtungen und angemeldeten Tagespflegestellen kann schnell und unkompliziert über das Onlineportal auf der Homepage der Stadt Hofheim vorgenommen werden“, hieß es damals.

Die Homepage der Stadt wurde kürzlich komplett überarbeitet. Die „Webkita“ wird im neuen Look weiterhin groß angekündigt, doch wer sie aufruft, wähnt sich in der Internet-Steinzeit. Sogar das alte Stadtwappen ist noch groß abgebildet…

Die FDP-Fraktion, die dieses „Angebot“ wohl nicht kennt, hat jetzt einen Antrag gestellt: Der Magistrat soll prüfen, „ob die Kommunikation zwischen den Einrichtungen und den Eltern durch den Einsatz digitaler Medien – wie der Kita-Info-App – verbessert werden kann“.

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Auf der neuen Webseite der Stadt Hofheim wird eine „Webkita“ angeboten…
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…die sich jedoch bei näherem Hinschauen als ziemlich veraltet erweist.

Ein weiteres Beispiel?

Ende 2022 war es der Sozialausschuss leid, von der Verwaltung mit unklaren Informationen zur Situation der Kitas hingehalten zu werden. Man beschloss, dass die Verwaltung regelmäßig Quartalsberichte vorlegen soll.

Anfang dieses Monats monierte die Linke, „dass der Magistrat in der letzten Zeit dieser Verpflichtung nicht bzw. verspätet nachgekommen ist“. Stadtrat Köppler reichte daraufhin kürzlich die Berichte für das dritte und vierte Quartal 2023 nach. Zugleich kündigte er an, die Quartalsberichte für das erste Halbjahr 2024 erst im Herbst vorlegen zu wollen – „wegen krankheitsbedingter Abwesenheit und Stellenvakanzen“.

Wenn die Stadtspitze das Kita-Problem ernst nimmt, weiß sie es gut zu verbergen

Mehr Platz für Kita-Kinder ist Thema im Stadtparlament

Bisher wurde jede Nachfrage nach Kita-Plätzen mit dem Hinweis auf geplante Neubauten abgewiesen. An der Hattersheimer Straße soll eine Kita gebaut werden, wenn Polar Mohr abgerissen wird und dort 500 Wohnungen entstehen. An der Homburger Straße sollen eines (unbekannten) Tages rund 100 Wohnungen entstehen, darunter auch eine neue Kita…

Beide Projekte sind allerdings noch in der Planung, die Kitas werden erst in einigen Jahren stehen.

Inzwischen zeigen sich erste Politiker schwer genervt von den immer gleichen Hinweisen auf künftige Bauprojekte. Andreas Hegeler (CDU) konstatierte im Sozialausschuss unwirsch: „Vor 2028 wird das doch nichts!“ Den Eltern, die heute einen Platz für ihr Kind suchen, sei mit solchen Visionen nicht geholfen.

Das Schlusswort wollen wir hier dem Rathauschef überlassen. CDU-Bürgermeister Christian Vogt, der sich den Vorwurf gefallen lassen muss, mit Bernhard Köppler den denkbar ungeeignetsten Mann mit dem wichtigen Kita-Thema betraut zu haben, sagte im Sozialausschuss: Er freue sich, dass an vielen kleinen Stellschrauben gedreht werde. Er hoffe auch, dass der Magistrat für die nächste Stadtverordnetenversammlung einige Informationen vorbereitet habe.

Wer möchte, kann es live miterleben: Das Stadtparlament tagt an diesem Mittwoch, 22. Mai, ab 18 Uhr in der Stadthalle – öffentlich. Gleich vier Kita-Anträge stehen zur Abstimmung. Alle werden angenommen, garantiert.

Aber ob sich die Stadtverwaltung dann auch bewegt?

Das steht auf einem anderen Blatt. 

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Ein Kommentar

  1. hebeling

    Manche Kommunen verbinden Kita unten mit Einsteigerwohnungen fürs Personal obendrauf: So etwas wie eine günstige Wohngemeinschaft für neues Kita-Personal.

    Vereinfachte Grundrisse, Gemeinschaftsküche und Aufenthalt sowie Privatzimmer: Gedacht für neue Leute von außerhalb, die zwei Jahre dort in die Stadt einsteigen können. Ich glaube, das rechnet sich.

    So etwas wäre auch in den oberen Etagen eines Neubaus in der Elisabethenstrasse möglich – vielleicht auch Einsteigerwohnungen für neue Verwaltungsmitarbeiter oder für neues Personal von expandierenden Unternehmen (zum Beispiel der geplanten Rechenzentren) in Hofheim, direkt am Herz der Stadt. Keine Investition in die Zukunft ist besser.

    Einfach mal nachdenken bitte.

    7. Juni 2024
    |Antworten

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