Einer der ganz großen Unternehmer Deutschlands schlägt in Hofheim auf: Kurt Krieger kommt! Der Mann, dessen Vermögen auf über eine Milliarde Euro geschätzt wird, gibt hier richtig Gas: In Diedenbergen will er ein kolossales Möbelhaus errichten. Dazu plant er ein komplett neues Gewerbegebiet: Die Firmen Polar Mohr und Klarsichtpackung GmbH sollen dort angesiedelt werden, ein Mercedes-Händler und ein Kosmetik-Anbieter wollen kommen, dazu Firmen aus Chemie, Pharma und Logistik. “Kurti”, wie ihn Freunde rufen, ein Macher aus Berlin, liebäugelt schon seit Jahren mit dem Projekt.
Über das gewaltige Vorhaben informierte Hofheims Bürgermeister Christian Vogt am heutigen Donnerstag in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. So konnte das am Vortag bekannt gewordene Aus des geplanten Villenviertels Vorderheide II – ein Gericht hat das Vorhaben endgültig gestoppt – erst einmal verdrängt werden:
Es geht um ein Gebiet von rund 20 Hektar in unmittelbarer Nähe des Anschlusses zur Autobahn A66: Hier will die „Krieger Grundstücksgesellschaft“ auf 32.600 Quadratmeter einen Höffner-Möbelfachmarkt eröffnen. In einem neuen Gewerbegebiet ringsum sollen auf rund 67.400 Quadratmetern vorwiegend regionale Unternehmen angesiedelt werden. Und dazu müssten noch einmal 100.000 Quadratmeter als sogenannte ökologische Ausgleichsfläche angelegt werden.
Kopf und Herz hinter den großen Plänen ist der 74 Jahre alte Kurt Krieger. Wer ist der Mann, der dem Wirtschaftsleben in der Stadt Hofheim einen derart mächtigen Schub geben will? Wir schauen ihn uns etwas genauer an:
Kurt Krieger wurde kurz nach Kriegsende in Berlin geboren, absolvierte ein Bankpraktikum und studierte Betriebswirtschaftslehre. Schon während seines Studiums gründete er in Berlin das „Möbelhaus Höffner“. Das gab’s schon vorher, aber da es im Ostteil der Stadt lag, hatte es schließen müssen. Kurt Krieger erwarb die Namensrechte und eröffnete damit im Westteil Berlins seinen ersten Laden.
Nach der Wiedervereinigung startete er richtig durch: Er baute Höffner-Filialen in ganz Deutschland auf – heute sind es 24 –, er übernahm die hessische Möbel-Walther-Kette, er stieg bei Möbel Kraft ein, er kaufte vor einigen Jahren die Finke-Gruppe in Paderborn…
Kurt Krieger besitzt das Einkaufszentrum Elbepark Dresden. Er erwarb mitten in Berlin eine Fläche von 40 Hektar, um das neue Wohnviertel „Pankower Tor“ mit 1000 Wohnungen, Schulen, Einkaufszentrum und natürlich Möbelhaus zu errichten.
Die Krieger Gruppe (Sitz: Berlin-Schönefeld) ist im Handel aktiv, in der Logistik, sie hat sich im Internetbereich breit aufgestellt, sie betreibt Projektentwicklung und Center-Management. Sie ist an 80 Standorten aktiv, der Umsatz liegt bei über zwei Milliarden Euro, in der Gruppe sind über 11.000 Menschen beschäftigt.
Der Verband “Deutsche Wirtschaft” setzte die Krieger Gruppe auf Platz 107 im Ranking „Top-Familienunternehmen in Deutschland“. Das Manager-Magazin schätzte 2019 Kriegers Vermögen auf 1,3 Milliarden Euro.
Auf Wikipedia findet sich der Hinweis, dass der Unternehmer mit Sopransängerin Barbara Krieger verheiratet ist, die aus Wiesbaden stammt, und zwei Töchter und einen Sohn hat.
Kurt “Kurti” Krieger plante schon lange, in Diedenbergen ein Möbelhaus zu errichten. Das scheiterte viele Jahre an der Hofheimer Rathaus-Politik, die Ikea den Vorrang gab.
Gewerbegebiet in Diedenbergen: Kurt Krieger zahlt alles
Heute sagt Krieger laut einer städtischen Pressemitteilung: „Nach 15 Jahren ist es uns endlich gelungen, in Diedenbergen genau an dieser Stelle ein so großes Grundstück zusammenzufügen, um die Wünsche der Stadt Hofheim und unsere ins Auge fassen zu können.“ Jetzt freue er sich, die Fläche mit der Stadt Hofheim gemeinsam zu entwickeln.
Ikea, heißt es auch, habe keine Einwände erhoben.
Die Polar Mohr GmbH würde hinter dem geplanten Möbelhaus das zweitgrößte Unternehmen in dem Gewerbegebiet werden: Das Unternehmen wird seit Monaten von Zahlungsschwierigkeiten durchgeschüttelt, will deshalb sein weitläufiges Betriebsgelände zwischen Hattersheimer Straße und Bahngleisen verkaufen und in Diedenbergen versuchen, neu durchzustarten. Auf dem heutigen 50.000 Quadratmeter großen Werksgelände sollen nach derzeitigem Stand Wohnungen entstehen können.
Ein aktueller Nachbar von Polar Mohr, die Klarsichtpackung GmbH (“KlarPac”), die Folien für Lebensmittel herstellt, würde ebenfalls das Feld räumen und nach Diedenbergen umziehen.
Interesse an einer Ansiedlung im neuen Gewerbegebiet soll neben Mercedes Flebbe (Hattersheim) auch die Beauty Hills Cosmetics GmbH bekundet haben, die 2007 gegründet wurde und ebenfalls in Hattersheim sitzt: Das Unternehmen bietet ganzheitliche Pflege-Kosmetik an. Weitere Unternehmen aus den Branchen Technik, eCommerce, Automotive, Chemie und Pharma sowie Logistik kämen hinzu, schreibt die Stadt, die Firmen wollten aber noch nicht genannt werden, weil sie sich in Mietverhältnissen befinden.
Und wie geht’s jetzt weiter? Das Gewerbegebiet muss in den Regionalen Flächennutzungsplan aufgenommen werden, und natürlich ist ein Bebauungsplan für das Gebiet aufzustellen. In beiden Fällen hat das Stadtparlament zu entscheiden. Krieger hat angeblich schon untersuchen lassen, ob die Ansiedlung eines Möbelmarkts in den umliegenden Kommunen negative städtebauliche Auswirkungen haben könnte: Das soll nicht der Fall sein.
Und schließlich eine Information, die nach der teuren Vorderheide-II-Pleite nicht unwichtig sein dürfte: Die Krieger Gruppe hat nach einem Beschluss der Stadtverordneten aus dem Jahre 2016 alle Kosten zu tragen, die im Zusammenhang mit der Schaffung des Baurechts entstehen, außerdem die Kosten für Erschließung sowie für naturschutzrechtliche oder artenschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen.
Das Foto oben ist ein Screenshot von der Homepage der Krieger Gruppe.
Auf dem derzeitigen Betriebsgelände von Polar Mohr sollen Wohnungen entstehen…
Das kann ja wohl nur ein schlechter Scherz sein – direkt an den Bahngleisen, die in Spitzenzeiten von bis zu zehn Züge pro Richtung befahren werden. Und dann noch die räumliche Nähe zu Bahnhof und Parkhaus. Dann kann man auch direkt in Griesheim wohnen
An der Lorsbacher Strasse wurde ja auch Häuser gebaut und verkauft, mit einer Lärmschutzwand, auch an der Reingaustrasse wurde ja nachverdichtet, wo der Verkehr nicht gering ist. In neuen Häusern kann das gehen, ist auch weniger schlimm als ein Flieger in Flörsheim. Die S-Bahnen und Reginal-Expresse sind nicht laut, anders die Güterzüge. Wenn man das beim Bauen weiß, kann man dagegen etwas unternehmen. Wer meint, das wäre an der Bahn zu laut zum Wohnen: Was sollen den die Bewohner Raunheims und Eddersheims sagen?
Bei der Wohnungsnot, zentral gelegen zur Innenstadt und zum Bahnhof, moderne Fensteranlagen und evtl. nicht so hohe Preise: Es gibt schlechtere Ecken, ohne gleich in Griesheim zu wohnen. Eine weitere Überquerung der Bahn via Brücke für Fußgänger und Radfahrer wäre auch einfacher zu realisieren, besser als das teure Naturschutzgebiet am Kapellenberg auf jeden Fall. Und in Diedenbergen an der Autobahn investiert ein Milliardär: Warum nicht?
Hauptsache, es wird noch mehr Fläche verdichtet!! 😬 Irgendwann sollte man endlich Grenzen erkennen und ziehen. Aber es regiert eben weiter das Geld. Mit Möbeln kann man sich jedenfalls schlecht ernähren. Je weniger landwirtschaftliche Anbaufläche uns bleibt, desto mehr (und damit tweniger nachhaltig) werden Lebensmittel importiert.
Also den Gewerbepark in Diedenbergen könnte ich begrüssen, aber nur ohne das Möbelhaus. Das braucht keiner.
Lieber Klaus,
Es werden nicht nur Flächen durch Bebauung versiegelt. Es werden auch immer mehr Flächen verdichtet durch den Bau von Windraeder. Da müssen autobahnbreite Zufahrtsstrassen gebaut werden. An den Autobahnen Richtung Süden sind riesige Flächen Fotovoltaik, da könnte man auch Getreide anbauen.
Gruß Wolfgang
Lieber Wolfgang,
den Vergleich halte ich für weit hergeholt.
Windräder liefern uns CO2 freie Energie, die wir dringend benötigen, Möbelhäuser haben wir in benachbarten Gemeinden genügend.
Mehr Getreide könnte man auch anbauen, wenn nicht 60% unserer Anbauflächen alleine für Viehfutter benutzt werden würde.
Auch benötigen wir nicht noch mehr Straßen und Verkehrsflächen, die letztlich noch mehr Verkehr fördern und ebenfalls Flächen versiegeln.
Das stimmt nicht ganz, da die Möglichkeit Getreide abzubauen, welches für Menschen nutzbar ist, nicht auf allen Böden funktioniert- somit können eben leider nicht einfach die 60% Fläche für die menschliche Ernährung genutzt werden.
Hier kommt die Wichtigkeit der Bodenfunktionswerte ins Spiel und die Wichtigkeit genau zu schauen, welche Böden für die Landwirtschaft und unsere Nahrungssicherung dringend erhalten werden müssen.
So sollten alle Böden mit sehr hohen Bodenfunktionswerten für Pflanzenwachstim, CO2Bindung, Wasserspeicherung und Nitratrückhalt zwingend der Landwirtschaft vorbehalten sein und es müsste hier ein bundesweites Verbot anderweitiger Nutzung und Versiegelung geben!
Dies fordern bereits diverse Landesnaturschutzverbände von ihren Regierungen!
Dies sollte in Hessen auch passieren!
https://lnv-bw.de/lnv-position-zum-bodenschutz/
Und wieder sollen “sinnlos” rund 20 Hektar Boden versiegelt werden, denn wer braucht hier schon noch einen Möbelhaus?
Haben wir alles in gut erreichbarer Nachbarschaft.
So sehe ich das als wichtiger an, die 20 Hektar Boden der Landwirschaft zu überlassen, Boden, der Wasser aufnehmen kann, was für uns 10x wichtiger ist, als 20 Hektar Betonwüste, unter der alles Leben getötet wird!
Jeden Tag(!) werden in Deutschland Bodenflächen in der Größe von mehr als 100 Fußballfeldern (!) überbaut. Ein Viertel der Ackerflächen ist zudem von Bodenerosion betroffen. Gleichzeitig werden Agrar- und Verbrauchsgüter importiert, deren Produktion mit 80 Millionen Hektar mehr als das Doppelte der hiesigen Landesfläche in Anspruch nimmt.
Auf dieses wachsende Mißverhältnis, das in ähnlichem Ausmaß auch auf die gesamte EU zutrifft, macht ein neuer Bodenatlas aufmerksam – und mahnt im Internationalen Jahr des Bodens zu mehr Schutz.
Fast 50% der Siedlungs- und Verkehrsflächen sind in Deutschland aktuell versiegelt, das heißt bebaut, betoniert, asphaltiert, zugepflastert oder anderweitig befestigt. Damit gehen wichtige Bodenfunktionen, vor allem die Wasserdurchlässigkeit und die Bodenfruchtbarkeit, verloren.
Folgen sind sommers WASSERKNAPPHEIT und bei Schlechtwetter ÜBERSCHWEMMUNGEN.
Es darf nicht sein, daß man in Hofheim so verantwortungs-/ sorglos mit der Erde umgeht, auf/von der wir leben !!
Nur der Richtigkeit halber: Es sind 10ha Gewerbe und 10ha Ausgleichsfläche geplant, also keine 20ha Versiegelung.
Super Kommentar, vielen Dank für die treffenden Worte!!! Genau so ist es. Höher, schneller, weiter. Es gibt bereits ausreichend Möbelhäuser die sehr gut zu erreichen sind.
Was soll das und wann ist das Ende erreicht? Ist denn unsere Natur, die Lebewesen überhaupt nichts wert??
Ich liebe den Wald, die Natur die es unbedingt zu schützen gilt.
Hallo Herr Schuster, Sie werden sich wundern wie schnell diese Wohnungen vom Markt sind.
Bei Hofheims umsichtiger Baupolitik bin ich mir sicher, dass diesmal endlich Gründächer, Solaranlagen, Begrünte Parkflächen, Verbot fossiler Brennstoffe und der zwingende Erwerb von Jobtickets für die Mitarbeitenden der Gewerbebetriebe vorgechrieben werden.
Ach nee, ist ja Hofheim und nicht Freiburg, hatte ich vergessen.
Bei dem Thema sind andere schon weiter als Hofheim. Aber wenn man, wie so oft, den Investor selbst die Planung übernehmen lässt, kommt dabei sicher eine versiegelte Fläche von 100000 Quadratmetern raus.
https://www.gar-bw.de/wp-content/uploads/2019/06/gr%C3%BCn-statt-grau_Brosch%C3%BCre.pdf
https://www.gar-bw.de/wp-content/uploads/2019/06/Leitfaden_Anforderungen_an_das_Gewerbe-_und_Industriegebiet_der-1-data1.pdf
http://www.gruene-gewerbegebiete.de/
https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/klima/klimprax/Gewerbegebiete-_klimaangepasst_und_fit_web.pdf