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Whatsapp-Betrüger: So zocken sie viel Geld ab – auch in Hofheim

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Whatsapp-Betrüger kennen keine Pardon: Sie geben sich in ihren Nachrichten als Sohn oder Tochter aus, deren Handy kaputt sei, und bitten um Geld. Das funktioniert tatsächlich: Immer wieder kassieren die Täter dick ab, der Schaden geht längst in die Hunderttausende! Wir haben einen Betrugsversuch umfassend dokumentiert – und nennen auch alle Fälle aus den Akten der MTK-Kripo.

Glaube bitte keiner, er sei gefeit gegen die Masche der Whatsapp-Betrüger! Er sei cleverer als die Täter, würde ihnen niemals, also wirklich niemals Geld überweisen.

Wer so denkt, ist hochgradig gefährdet!

Matthias Köhler (42) weiß es. „Jeden kann’s treffen“, sagt der Betrugsspezialist der MTK-Polizei.  Es brauche nur einen Augenblick der Unaufmerksamkeit, dazu ein bisschen Stress, „man will schnell helfen, nur Gutes tun – schon ist’s passiert.“

Der WhatsApp-Betrug grassiert. Der Schaden geht längst in die Hunderttausende, „vielleicht ist er auch schon siebenstellig“, sagt Köhlers Kollege, Polizeihauptkommissar André Kempf (33).

Wir treffen uns im Sulzbacher Gewerbegebiet, wo die MTK-Polizei die Kriminalpolizei untergebracht hat. Der offizielle Name klingt etwas umständlich – „Regionale Kriminalinspektion Main Taunus“ –, das Gebäude wirkt topmodern: Zwar stammt es aus den 1980er Jahren, aber mit viel Farbe – grüner Eingang, rote Treppenräume, türkisgrüne „Begegnungszonen“ – wurde das altbackene Image weggepinselt, das noch immer so mancher Behördenstube anhaftet.

Kripo MTK Whatsapp 2023
Die Kriminalbeamten Matthias Köhler und André Kempf vor der MTK-Kriminalinspektion.

Von hier aus versucht die MTK-Kripo, den WhatsApp-Betrug in den Griff zu kriegen. Wie der funktioniert? In Kurzform so: Die Täter schicken eine harmlose WhatsApp-Nachricht, es beginnt ein Dialog, und der endet nicht selten mit einer schnellen Überweisung. Meist geht’s um vierstellige Summen.

Und weg ist das Geld…

Wort für Wort dokumentiert: ein Whatsapp-Betrugsversuch

Das klingt unglaublich simpel. Funktioniert aber nachweislich ziemlich gut. Der Autor dieses Berichts wurde von einem WhatsApp-Betrüger angeschrieben und hat mal „mitgespielt“. So konnte ein Betrugsversuch umfassend dokumentiert werden. Hier der Wortlaut (Betrüger-Texte fett, Antworten kursiv):

Zuerst kam eine SMS auf dem Handy an: „Hallo Mama/Papa, Diese Nummer kannst du dir einspeichern. Schick mir ein Nachricht auf WhatsApp.“

Machen wir doch gerne: Die angeblich neue Telefonnummer der Tochter wird bei Whatsapp eingegeben, dann wie gewünscht die Nachricht gesendet:

„Das hat geklappt. Danke für deine Nummer. Vielen Dank, dass du Bescheid gegeben hast. Pa“

Es dauert keine Minute, dann geht’s los:

„Hallo,Ich habe mein Handy fallen lassen, der Touchscreen reagiert nicht mehr. Ich benutze jetzt mein altes Handy, bin schlecht zu erreichen.“

Es folgt noch eine zweite Nachricht:

„Ich habe gerade wirklich ein Problem. Kannst du mir helfen?“

Antwort: „Na vielleicht, wenn es nicht zu kompliziert ist.“

„Ich muss zwei Rechnungen überweisen, aber weil das Handy kaputt ist komme ich nicht an die Dateien. Kannst du das für mich überweisen? Dann überweise ich dir das am Morgen zurück“

Weil nicht umgehend geantwortet wird, meldet sich der Betrüger zwei Minuten später: „?“

Antwort: „Na, du mit deinen Zurücküberweisungen! Da kann ich immer lange drauf warten. Aber sag schon, was du brauchst. Meiner Tochter helfe ich immer gern, das weißt du doch.“

„Danke. Kannst du ein Sofortüberweisung machen? (Echtzeit-Überweisung)“

Wahatsapp Betrug 2023
Auszug aus dem Chatverlauf mit den Whatsapp-Betrügern: Sie kommen schnell zur Sache. Sie wollen Geld.

Antwort: „Wenn du mir erklärst, wie das geht… Ich glaub, das habe ich noch nie gemacht. Wie viel ist es denn?“

„2500 – Mit welches Bank überweist du?“

Antwort: „Dann ist ja gut! Ich hab schon befürchtet, du brauchst mehr. Du weißt doch, wo mein Geld ist. Schon immer Deutsche Bank, da hat sich nichts geändert.“

Der Betrüger fackelt nicht lange: Mit der nächsten Nachricht schickt er die Überweisungsdaten (die Kontonummer wurde hier gekürzt):

„Name: T.Hoffman
IBAN: DE50 4305 0001 0101 xxxx xx
BETRAG: € 2500
AUFTRAG: ECHTZEIT-ÜBERWEISUNG
VERWENDUNGSZWECK: 8337

Kannst du mir ein Foto schicken wenn es bezahlt ist 👍“

Antwort: „Wie soll ich denn das Foto machen. Das kann ich glaub ich nicht. Und sag mal, wer ist denn Hoffman? Ich dachte, du brauchst das Geld?“

„Mache dir keine Sorgen. Ich erkläre dir später alles. Kannst du mir sagen wenn es geklappt hat“

Antwort: „Ne! Sag mal jetzt, wer das ist. Brauchst du das Geld – oder wer ist Hofmann? Nicht dass ich später mich ärgere, weil du wieder irgendwas gekauft hast“

„Vertrau mir einfach.“

Antwort: „Und du erklär mir einfach, wer das ist. Was ist denn da so schwer???

Nachdrückliches Hinterfragen mag der Betrüger wohl nicht: An dieser Stelle macht er dicht. Der WhatsApp-Austausch endet.

Whatsapp Betrug 4
Der Betrüger wollte das Geld auf ein Konto bei der Sparkasse Bochum überwiesen haben

Jetzt sagen Sie bestimmt: Das ist doch dummdreist! Da bezahlt doch kein Mensch!

Von wegen! Auszüge aus den Polizei-Meldungen der letzten Monate:

Eine Frau aus Bad Soden wurde von Betrügern um fast 8.000 Euro betrogen.

Eine Frau aus Schwalbach wurde mittels betrügerischer Kontaktaufnahmen via WhatsApp um Bargeld betrogen.

Eine Frau aus Hofheim wurde von Betrügern aufs Glatteis geführt und um knapp 4.000 Euro erleichtert.

Gleich zwei Bürger des Main-Taunus-Kreises wurden von Unbekannten über „WhatsApp“ hinters Licht geführt und um mehrere Tausend Euro betrogen.

Eine Frau aus Hattersheim überwies den Betrügern nach Kontaktaufnahmen via SMS und WhatsApp viel Geld

Eine Frau aus Hofheim wurde um knapp 2.000 Euro betrogen.

Eine Frau aus Kriftel überwies – im Glauben, das Geld gehe an ihren Sohn – 1.400 Euro an die Betrüger.

Ein Mann aus Hochheim zahlte 1.400 Euro.

Als sich das letzte Jahr seinem Ende zuneigte, wurde noch eine Frau in Niedernhausen ausgeplündert. Der gleiche Trick: Die Täter gaukelten ihr vor, sie seien das Kind der Frau. Und dann baten sie um Überweisungen von mehreren Tausend Euro. Die Kripo: Die Frau habe die Überweisungen ausgeführt „im guten Glauben, dem eigenen Nachwuchs zu helfen“.

Als der Schwindel aufflog, war’s natürlich zu spät.

Das Geld war weg.

Whatsapp-Betrug: Opfer schweigen oft aus Scham

Das sind Beispiele nur aus dem Main-Taunus-Kreis, und es auch nur Fälle, die der MTK-Polizei gemeldet wurden. Köhler sagt: Die Dunkelzahl der Betroffenen kenne keiner, „aber es ist zu vermuten, dass viele Fälle nicht gemeldet werden“. Meisten schweigen die Opfer, oft auch aus Scham, auf solchen Betrug hereingefallen zu sein.

Und was macht die Polizei? Wie schützt sie uns vor diesen dreisten Gangster?

Matthias Köhler, ein Kriminalhauptkommissar, den so schnell nichts aus der Ruhe bringen kann, sagt erst einmal: „Schwierige Sache.“

In der Regel seien keine Einzeltäter am Werk, sagt er auch. Es gebe, das mache die Sache schwierig, keinen Augenblick, in dem ein Täter in Erscheinung trete, beispielsweise um das Geld abzuholen. Mögliche Spuren im Netz würden in der Regel mit allen technischen Möglichkeiten vermieden.

„Aber trotzdem“, sagt Köhler dann auch, „haben wir unsere Erfolge, nicht zuletzt dank guter nationaler und internationaler Kooperationen.“  Immer wieder gebe es Lücken im Betrugssystem. Zum Beispiel benötigten die Täter ein Bankkonto. Meistens lassen sie es nicht auf ihren Namen laufen, sondern quatschen irgendwelchen Leuten den Zugang zu deren Konto ab. „Das ist manchmal unsere Chance“, so Köhler.

Und manchmal klappt es ja auch. Wie Ende letzten Jahres, als dank Cybercrime-Ermittlern aus Niedersachsen zwei Mitglieder einer professionellen WhatsApp-Betrüger-Bande in Frankfurt-Sachsenhausen und –Praunheim festgenommen werden konnten:

Die beiden Männer im Alter von 19 und 20 Jahren sollen rund 100.000 betrügerische Whatsapp-Nachrichten mit Zahlungsaufforderungen verschickt haben – und mehr als 100.000 Euro abkassiert haben. In ihren Wohnungen wurden Handys, elektronische Datenträger wie auch eine Pfefferspray-Pistole sichergestellt.

Jetzt drohen den Tätern Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren wegen des Verdachts gewerbsmäßigen und bandenmäßiger Betrugs.

Whatsapp-Betrug: Was die Kriminalpolizei rät

Was soll man tun, wenn man eine Whatsapp-Nachricht bekommt?

  • Gehen Sie auf keinen Fall auf Geldforderungen über Messenger-Dienste ein.
  • Rufen Sie Ihren Angehörigen in einem solchen Fall unter der Ihnen zuvor bekannten „alten“ Rufnummer an. Gehen Sie nicht auf weitere Kontaktversuche der „neuen“ Nummer ein.
  • Speichern Sie keine unbekannte Rufnummer als Kontakt in Ihrem Handy.

Falls Sie bereits Opfer geworden sind:

  • Überweisen Sie auf keinen Fall weitere Geldbeträge.
  • Erstatten Sie Strafanzeige bei Ihrer Polizeidienststelle oder über die Onlinewache.
  • Sollten Sie bereits Geld überwiesen haben, nehmen Sie so schnell wie möglich Kontakt mit Ihrer Bank auf: Manchmal lassen sich Überweisungen noch stoppen oder rückgängig machen.
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