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Jetzt ist es heraus: So teuer wird Hofheims „Taunus-Shuttle“

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Der Nahverkehr in Hofheim steht vor einem gravierenden Umbruch. Bereits in den nächsten Tagen sollen die Weichen endgültig gestellt werden: „AST“ wird abgeschafft – das günstige Anruf-Sammel-Taxi ist bald Geschichte. Dafür kommt ein „On-Demand-Angebot“ – ein Fahrservice „auf Bestellung“ mit kleinen Elektrobussen. Eine Werbeagentur hat im Auftrag des Hofheimer Rathauses bereits einen Namen kreiert: „Taunus-Shuttle“. Doch die Sache hat einen Haken: In neuen Unterlagen der Stadtverwaltung ist zu erkennen, dass der Fahrdienst für viele Nutzer ganz schön teuer werden soll.

Die Hymnen wollen nicht enden: Von einem „europaweit einmaligem Projekt“ wird jubiliert. Von einem „neuartigen Mobilitätsangebot“. Von einem „Baustein für noch nachhaltigere Mobilität“. Von einem „intelligent vernetzten Verkehrssystem, das jede und jeden bequem und umweltschonend ans Ziel bringt“

Wenn es um das neue On-Demand-Projekt geht, dass der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) für mehrere Landkreise und Kommunen plant, kriegen sich einige Politiker kaum wieder ein. Tatsächlich klingt der Plan, der in allernächster Zeit auch in der Stadt Hofheim realisiert werden soll, ziemlich aufregend: Fahrgäste sollen sich ohne festen Fahrplan an jedes gewünschte Ziel der Stadt bringen lassen können – mit kleinen, umweltfreundlichen Elektrobussen. Flexibel sei das, emissionsfrei, innovativ, smart, intelligent… Die Verantwortlichen werden nicht müde, ihr neues Projekt (und wohl auch sich selbst) mit immer neuen Vokabeln zu feiern.

„Taunus-Shuttle“ soll das Anruf-Sammel-Taxi ablösen

Aktuell gibt es in Hofheim noch AST. Die Abkürzung steht für Anruf-Sammel-Taxi oder auch Anschluss-Sammel-Taxi: Die AST-Fahrzeuge fahren nach Fahrplan, wenn z.B. früh morgens, abends oder an Wochenenden der Einsatz von Bussen nicht sinnvoll ist. Das Anruf-Sammel-Taxi muss telefonisch (06192 200 26 26) bestellt werden, es kommt binnen 30 Minuten zur vereinbarten Haltestelle und steuert jede Haltestelle im Stadtgebiet an. Das Anschluss-Sammel-Taxi funktioniert etwas anders, es steht abends und an Wochenenden am Bahnhof in Hofheim und steuert alle halbe Stunde die Ortsteile an. 

Für Fahrten mit dem AST gelten die üblichen RMV-Tarife. Wer bereits einen Fahrschein hat, zahlt im AST nichts dazu. Eine prima Sache, vor allem für Zeitkarten-Inhaber.

Doch demnächst soll alles anders werden. Und es soll, wenn wir den werbenden Worten der Politik Glauben schenken dürfen, natürlich auch alles besser werden. Der On-Demand-Fahrdienst soll innerhalb von 15 Minuten bereit stehen. On Demand heißt übersetzt „auf Anforderung“ oder „auf Abruf“: Die Fahrgäste sollen sich – ganz ohne Fahrplan! – von und zu rund 200 Haltestellen im Stadtgebiet bringen lassen können. Der RMV verspricht: Der Service sei buchbar mit einer App (und auch wohl weiterhin per Telefon). Eine eigens entwickelte neue Software arbeite mit einem intelligenten App-Algorithmus, der für optimierte Fahrtrouten sorgen soll.

Soweit der erste Teil der Geschicht. Es ist der schöne Teil, über den Politiker wie beteiligte Unternehmen seit Monaten nur wohlwollend reden und über den in den Medien bereits Einiges zu lesen war.

Über den anderen Teil der Geschichte verlautbarte bisher so gut wie nichts. Da zeigen sich die Verantwortlichen ungewohnt wortkarg. Und auch die lokalen Medien verloren, sicher zum Wohlgefallen der Stadtführung, bisher kein Wort darüber – trotz drängender Aktualität:

Es geht um die Frage, was uns der neue Fahrspaß kosten wird. Was müssen die Fahrgäste demnächst für das „neuartige Mobilitätsangebot“ bezahlen?

Am Dienstag dieser Woche, 26. Oktober, kommt in Hofheim die Wahrheit auf den Tisch, erstmals, endlich: Dann steht das Thema auf der Tagesordnung des Verkehrsausschusses. Die Rathausführung hat dazu eine Vorlage geschrieben, über die sich die neue Regierungskoalition aus CDU, FWG und FDP ebenso wie die Grünen, die „Bürger für Hofheim“ und die (neuerdings ebenfalls oppositionelle) SPD bislang öffentlich noch in Schweigen hüllen. Nur die Linken mucken schon wieder auf: Das werde ja richtig teuer! Bernd Hausmann, der ewig mit der Lokalpolitik Hadernde, empörte sich per Pressemitteilung (die allerdings von der Lokalpresse bisher nicht veröffentlicht wurde): Das sei ja „Abzocke!“

Hausmann hat getan, was eigentlich jeder Lokalpolitiker (und natürlich auch jede Lokalpolitikerin) tun sollte: Er hat erneut sehr genau hingeschaut, was die Verwaltung in ihre Papieren geschrieben hat. Und er hat nachgerechnet.

Das Ergebnis ist die Erkenntnis: Das Projekt „On Demand“ mag sich für künftige Kunden vielleicht recht komfortabel darstellen. Aber es wird für einige Fahrgäste auch sehr teuer werden.

Während heute eine AST-Fahrt mit einem vorhandenen RMV-Ticket abgegolten ist, muss demnächst jede Fahrt mit dem „Taunus-Shuttle“ extra bezahlt werden. Es gibt einen Grundpreis (2,15 Euro), der fällig wird, wenn ein Fahrgast kein RMV-Ticket vorweisen kann. Dazu wird generell von jedem Fahrgast ein Komfortaufschlag verlangt (1,50 Euro). Darin sind die ersten zwei Kilometer enthalten, jeder weitere Kilometer wird mit 0,10 Euro berechnet.

Taunus-Shuttle
Zum Downloaden aufs Bild klicken: Diese Vorlage der Stadtverwaltung verrät, wie teuer der Bestell-Fahrdienst für Fahrgäste werden soll.

„Taunus-Shuttle“: Auch wer ein RMV-Ticket hat, muss zuzahlen

In dem Papier der Stadtverwaltung finden sich Preis-Beispiele – Auszug: Eine 12-Kilometer-Fahrt mit dem „Taunus-Shuttle“ (das ist die Strecke Kernstadt-Wallau) wird demnach 4,65 Euro kosten, wenn der Fahrgast kein RMV-Ticket hat. Kann der Fahrgast ein RMV-Ticket vorweisen, kostet dieselbe Fahrt 2,50 Euro.

Eine Kurzfahrt von 4 Kilometern mit dem „Taunus-Shuttle“ soll 3,85 Euro (ohne RMV-Ticket) bzw. 1,70 Euro (mit RMV-Ticket) kosten.

Der Linke Hausmann hat die Zahlen beispielhaft in die Praxis übertragen, was die unmittelbaren Folgen greifbarer macht: Eine Ikea-Verkäuferin lebt in Hofheim-Nord. Der letzte Bus in Wallau fährt abends um 18.37 Uhr ab, das ist zu früh für sie. Die Frau nutzt deshalb ein Anruf-Sammel-Taxi. Da sie bereits eine RMV-Monatskarte (47 Euro) gekauft hat, muss sie derzeit für die AST-Fahrten nicht extra bezahlen.

Mit dem künftigen „Taunus-Shuttle“ soll die Verkäuferin nach Vorstellung der Hofheimer Stadtoberen für jede Fahrt 2,50 Euro dazubezahlen. Bei 20 Arbeitstagen im Monat werden sich ihre Kosten für die Fahrten zur Arbeitsstelle glatt verdoppeln. Unterm Strich muss die Frau mit einigen hundert Euro Mehrkosten pro Jahr rechnen.

Es ist nicht zu erwarten, dass ein solches Rechenbeispiel die Mehrheit im Hofheimer Stadtparlament sonderlich beeindrucken wird. Auch das Verhalten der Verwaltung, so lehrt die Vergangenheit, wird vermutlich von dem meisten Kommunalpolitikern klaglos hingenommen:

Seit mehr als zwei Jahren laufen die Planungen für das On-Demand-Projekt in Hofheim. Aber erst jetzt, unmittelbar vor der konkreten Umsetzung, legte die Verwaltung die künftigen Fahrpreise offen. Es ist kaum anzunehmen, dass die Berechnungen erst jetzt, sozusagen auf dem letzten Drücker, gemacht wurden. Warum also verhält sich die Stadtverwaltung derart intransparentz? Es gibt nur eine Erklärung: Eine offene Diskussionen sollte verhindert werden. Sozial gerechtere „On-Demand“-Fahrpreise? Für Hofheims Stadtführung offensichtlich kein Thema.

Wird dieser Plan aufgehen?

Das Thema „On Demand“ und die neuen Preise steht am Dienstag, 26. Oktober, auf der Tagesordnung für den Verkehrsausschuss. Tags darauf, am Mittwoch, 27. Oktober, befasst sich der Haupt- und Finanzausschuss noch einmal damit. Beide Sitzungen beginnen um 19 Uhr im Obergeschoss der Stadthalle.

Eine Woche später, am 3. November, tagt die Stadtverordnetenversammlung (ab 18 Uhr, Stadthalle). Die Tagesordnung liegt noch nicht vor, doch es ist davon auszugehen, dass der Verwaltungsvorlage zu On-Demand mit den künftigen Fahrpreisen endgültig zugestimmt werden soll. Es wird interessant sein zu erleben, wie sich die einzelnen Fraktionen bei der Abstimmung verhalten.

Die Sitzungen sind öffentlich, Zuhörer sind also zugelassen.


"Taunus-Shuttle": Stadt zahlt pro Jahr 400.000 Euro - mindestens!

Wie teuer wird der On-Demand-Fahrdienst "Taunus-Shuttle" eigentlich für die Stadt Hofheim? Dazu legte das Rathaus folgende Zahlen vor:

Es handelt sich um ein Modellprojekt, das auf vier Jahre angelegt ist. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 2,375 Millionen Euro – von dieser Summe sind die Zuschüsse des Bundes und Landes bereits abgezogen, ebenso die erwarteten Einnahmen. Von den 2,375 Millionen Euro übernimmt der MTV 775.000 Euro; die restlichen 1,6 Millionen muss die Stadt Hofheim tragen. Das macht bei vier Jahren Laufzeit 400.000 Euro pro Jahr. 

Für den Betrieb des Anruf-Sammel-Taxis (AST) gab die Stadt 2019  347.000 Euro aus. Die AST-Kosten werden künftig eingespart, das Projekt "Taunus-Shuttle" wird also rund 50.000 Euro Mehrkosten von der Stadt verlangen.

Wie diese Zahlen im Detail ermittelt wurden, wurde bisher nicht mitgeteilt. Fest steht allerdings: Die Rechnung geht nur auf, wenn künftig genauso viele Fahrgäste das (teure) On-Demand-Angebot nutzen wie bisher das (günstige) Anruf-Sammel-Taxi. Auch wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, versiuchert die Stadtverwaltung: Im Verlauf des Projekts sei "von steigenden Fahrgastzahlen auszugehen". Belege für diese Aussage gibt es nicht. Es klingt stark nach Wunschdenken.

Und welche Kosten auf die Stadt zukommen, wenn in vier Jahren das Modellprojekt ausläuft? Darüber wird erst gar nicht gesprochen...

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Ein Kommentar

  1. Christine Rusch

    Ich finde das unmöglich, wie die Stadt Hofheim mit ihren Bürgern umgeht. Wo bleibt der Klimawandel bei diesem Projekt. Unsere Politiker haben keinen normalen Menschenverstand mehr.

    23. November 2021
    |Antworten

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