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Nur ein Mini-Angebot, und das zu spät: Das Impf-Desaster des MTK

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Wir müssen übers Impfen reden. Genauer: über das Impfangebot des Main-Taunus-Kreises, das nur mit „ungenügend“ bewertet werden kann. Die Zahl der Infizierten steigt, die Intensivstationen sind überlastet, Menschen sterben… Es gab warnende Hinweise zuhauf, aber in der Kreisverwaltung in Hofheim zeigt man sich ziemlich unvorbereitet: Die zuständige Gesundheitsdezernentin sorgte erst jetzt – und damit viel zu spät! – für ein eher mickriges Impfangebot. Eine 73 Jahre alte Kreispolitikerin hat das Impf-Desaster des MTK in einem offenen Brief beschrieben. Und wir fragen: Wie konnte die Kreisverwaltung nur derart versagen?

Landauf landab rufen Politiker und Wissenschaftler die Menschen auf, sich impfen zu lassen. Seit Wochen hören wir es: Nichtgeimpfte sollten sich endlich den schützenden Piks geben lassen. Und alle, deren Zweit-Impfung einige Monate zurückliegt, sollten sich bitte schleunigst boostern lassen.

Angesichts einer erwartbaren Überlastung der Arztpraxen unterbreiten viele Kommunen und Kreise gut organisierte Impfangebote – seit Wochen schon. Der Main-Taunus-Kreis aber reagierte erst letzte Woche mit einem Mini-Impfangebot, und das ist auch noch schlecht organisiert.

Hallo Kreisverwaltung, was ist nur los bei euch? 

Im Main-Taunus-Kreis ist die grüne Beigeordnete Madlen Overdick für alle Gesundheitsthemen zuständig. Besondere Kompetenz in diesem Bereich hat der Frau noch niemand unterstellt: Ihre Karriere basiert vor allem auf machtstrategischen Überlegungen der MTK-Grünen. Im Gegenzug für den Aufstieg Overdicks akzeptierten sie zuletzt eine Forderung der CDU: So sorgten sie mit dafür, dass sich der flächenmäßig kleinste Landkreis Deutschlands eine aufgeblähte Führungsmannschaft unter CDU-Landrat Michael Cyriax gönnen kann. Die Lokalzeitungen attestierten der grünen Kreispartei daraufhin Charakterlosigkeit. Von „Postengeschachere“ war zu lesen, von einem „aufgeblasenen Führungsquartett“, von einem „schlechten Signal“:

Impf-Desaster: MTK-Gesundheitsdezernentin versagte

Jetzt, in der Corona-Krise, hätte Frau Overdick als grüne MTK-Gesundheitsverantwortliche richtungsweisend für unser aller Wohl tätig werden können. Sie hätte kraftvoll auftreten und politisches Profil gewinnen können, ja müssen. Aber sie hat’s nicht getan. Sie hat, man kann’s nicht anders benennen, politisch versagt, auf ganzer Linie:

Letzten Montag, 15. November, teilte die Kreisverwaltung mit, dass an der Hofheimer Kurhausstraße 33 künftig Impftermine von der Kliniken des MTK angeboten würden: allerdings nur freitags, und dann auch nur von 12 bis 19.30 Uhr. Zusätzlich sollen mobile Teams eingesetzt werden (Einsatzzeiten und -orte wurden nicht genannt).

Es war also eher ein Mini-Angebot. Gleichwohl tönte die MTK-Gesundheitsdezernentin, es klang nahezu staatstragend: „Wir müssen einen Beitrag dazu leisten, dass eine schnelle Impfung der Impfwilligen nicht an mangelnden Angeboten scheitert.“

Zu diesem Zeitpunkt war längst bekannt, dass die Hausärzte von Impf-Anfragen überrannt werden. Längst war bekannt, dass es lange Warteschlangen in den Arztpraxen gibt, teilweise bis ins nächste Jahr. Gleichzeitig steigen die Corona-Zahlen dramatisch: Die 7-Tage-Inzidenz im Main-Taunus-Kreis überschritt an diesem Wochenende die 200er Marke.

Und in einer solchen Krisensituation bietet die Kreisverwaltung Impfungen an nur einem einzigen Tag in der Woche an? Und das nur von 12 bis 19.30 Uhr?

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Die neue Impfpraxis des MTK: Sie befindet sich auf dem hinteren Grundstück der Psychiatrischen Klinik.

Vier Tage später, am vergangenen Donnerstag, hieß es dann plötzlich: Das Impf-Angebot in Hofheim werde „massiv ausgeweitet“. Ab dem heutigen Montag soll in der Kurhausstraße an jedem Tag geimpft werden. Und wieder schmückte sich Frau Overdick mit selbstgefälligem Lob: Der öffentliche Gesundheitsdienst tue alles, „um seiner Aufgabe gerecht zu werden“, ließ sie sich auf der Webseite der Kreisverwaltung zitieren.

Der Gesundheitsdienst tut alles? Auf Anfrage teilte die Kreisverwaltung mit, die Kliniken des Kreises hätten alleine im Oktober 2500 Impfungen geleistet. „In den vergangenen Wochen haben wir gemeinsam mit niedergelassenen Ärzten allen Altenheimen Booster-Impfungen angeboten. Alle Alteneinrichtungen sind schon vor Wochen aufgesucht worden.“

Aber das reicht offenbar nicht! Diese Erkenntnis dämmerte inzwischen wohl auch der Kreisverwaltung. „In der Tat gibt es offenkundig in Arztpraxen lange Wartezeiten“, räumte der Sprecher der Behörde ein. Deshalb habe man das Impfangebot auch ausgeweitet.

Allein: Es gibt für das neue Impfangebot bis heute keine Webseite und auch keine Telefon-Hotline. So wird’s mit der schnellen Impfung, die Frau Overdick versprach, garantiert nichts werden. In der Hofheimer Kurhausstraße wird zudem nur geimpft, wer einen Termin vorweisen kann. Einen Termin wiederum gibt’s nur schriftlich: Man muss erst einmal eine E-Mail schreiben, in der Vor- und Zuname, Geburtsdatum und Telefonnummer anzugeben sind, dazu die gewünschte Impfung (Erst- Zweit- oder Drittimpfung). Falls bereits eine Impfung stattfand, sollen deren Datum und Impfstoff genannt werden.

Danach heißt es: warten! Die Impf-Termine werden per E-Mail vergeben. Wie lange es bis zur Terminzusage dauert? Das bleibt offen. Es kann dauern.

Impf-Desaster
„Kein Einlass ohne aktuelle Unterlagen“ heißt es an der Eingangstür zur Impfpraxis des Main-Taunus-Kreises.

73-Jährige: So versuchte ich, einen Termin zu bekommen

Beate Ullrich-Graf hat versucht, einen Termin zu bekommen. Die Frau ist Jahrgang 1948, also Risikogruppe. Sie ist Mitglied der Linken-Fraktion im Kreistag, also kritisch-engagiert. Vor allem ist sie Mutter und Großmutter, deshalb natürlich besorgt.

Frau Ullrich-Graf hat jetzt in einem offenen Brief beschrieben, wie das mit dem neuen Impf-Angebot des Main-Taunus-Kreises funktioniert. Genauer: wie es nicht funktioniert. Ihr Brief, den wir hier leicht gekürzt veröffentlichen, ist ein Beleg für das klägliche Scheitern der Kreisgesundheitsbehörde:

Meine 2. Impfung mit Astrazeneca war am 22. Juni. Ich habe über die jüngste Studie zur Untersuchung der Wirksamkeit der Impfstoffe gelesen, dass die Wirksamkeit von Astrazeneca nach 4 bis 6 Monaten gegen 0 geht.

Anfang November habe ich mich auf der Warteliste meiner Hausärztin für die Booster-Impfung eintragen lassen. Als der Main-Taunus-Kreis letztes Wochenende ein Impfangebot in Hofheim, einmal wöchentlich ab dem 19. November, bekannt gegeben hatte, habe ich mich bereits am Sonntag, 14. November, per Email mit Angabe aller nötigen Daten für den Freitag angemeldet. 

Was folgte? Am 17.11. eine Standardmail: „um Ihnen einen Termin reservieren zu können, benötigen wir folgende Informationen…“ Informationen, die ich alle bereits gegeben hatte. 

Weiter stand dort: „Bitte beachten Sie außerdem: Eine Auffrischungsimpfung kann nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) frühestens 6 Monate (180 Tage) nach der letzten Covid-19-Schutzimpfung erfolgen. … Ob eine Impfung, in Anbetracht Ihrer Anamnese, in Ihrem Fall möglich ist, entscheidet dann der jew. Arzt vor Ort. Eine Terminreservierung ist notwendig.“

Ich verschickte eine weitere Mail, alle geforderten Angeben übersichtlich aufgereiht.

Danach habe ich nichts mehr gehört. Um sicher zu gehen, dass ich nichts verpasse, habe ich an diesem Freitag, 19. November, im Impfzentrum vorgesprochen. Ich wurde abgewiesen: Ich hätte keinen Termin. Nach Beharren auf ein Arztgespräch, in dem ich auch meine familiären Gründe für die Notwendigkeit der Impfung, nämlich eine mögliche kurzfristig notwendige Betreuung meiner Enkelkinder (schulpflichtig und im Kindergarten) darlegte, wurde mir mitgeteilt, dass ich hier, entsprechend den Vorgaben der STIKO, erst nach 180 Tagen, also am 19. Dezember geimpft werden könne. Vorher hätte ich ja den umfassenden Impfschutz. Man habe nicht die Kapazitäten für weitere Impfungen, und die Weisungen kämen vom Gesundheitsamt. Ich solle auf eine Terminvergabe warten.

Das Bundesgesundheitsministerium hatte die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte inzwischen gebeten, bei den Auffrischungsimpfungen „flexibel vorzugehen“. Der Abstand zur letzten Impfung von sechs Monaten sei nur eine „zeitliche Richtschnur, die nicht tagesgenau einzuhalten ist“.

Im Gegensatz zu anderen Kreisen und Städten hat der Kreis in seiner Trägheit erst mit viel Verspätung ein öffentliches Impfangebot auf den Weg gebracht. Deshalb – und aufgrund des massiven Anstiegs der Fallzahlen – wird das Impfzentrum jetzt überrollt durch den Ansturm aufs Boostern und Impfen.

Soeben vermeldet die Homepage des Main-Taunus Kreises: Angebot in Hofheim wird ab Montag massiv ausgeweitet – auch auf mobile Termine in den Kommunen.

Mal sehen, ob ich dabei sein darf…

Kreisbehörde: Mehr Ärzte sollten Impfungen anbieten

Soweit der Brief der Kreispolitikerin. Der Autor dieses Berichts, Jahrgang 1958, hatte sich ebenfalls per E-Mail und unter Angabe aller gewünschten Daten zur dritten Impfung in der Kurhausstraße angemeldet. Das war am Vormittag des 15. November. Einer Woche ist seither vergangen. Bis heute gibt’s keine Antwort, geschweige einen Impftermin.

Also wurde eine Alternative gesucht. Und ja, die gibt es tatsächlich: Im Internet nach Impfangeboten in Frankfurt gegoogelt, www.impfpaxis-frankfurt.de gefunden – und online sofort(!) einen Termin für den nächsten Tag, 12 Uhr, bekommen.

Einen Tag später: Ab 11.30 Uhr gut eine Stunde vor der Frankfurter Arzt-Praxis in einer überschaubaren Schlange gestanden. Dann in ein Zimmer gerufen worden. Keiner fragte, wann die zweite Impfung stattgefunden hatte (es war im Juni, also vor weniger als sechs Monaten).

Es ging alles ganz einfach und unkompliziert: ein Piks, ein Stempel und ein weiterer Aufkleber in den Impfpass, ein Papier mit einem Barcode – fertig.

Ein solches Impfangebot ist also machbar. Nur leider nicht mit dem Main-Taunus-Kreis. In der Antwort der Kreisbehörde auf unsere Anfrage heißt es: „Wir sind aktuell dabei, kurzfristig das Angebot auszubauen. Sobald der Umfang feststeht, teilen wir das öffentlich mit.“

Wie läuft das eigentlich woanders?

Der Hochtaunuskreis hatte nach Schließung des Impfzentrums zum 30. September bereits zum 1. Oktober drei kleinere Impfzentren in den Krankenhäusern in Bad Homburg, Usingen und Königstein eröffnet. Zudem sind mobile Impfteams in Pflegeheimen, Senioreneinrichtungen, Schulen, Integrationseinrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe und bei Veranstaltungen unterwegs. Für die Termin-Buchung steht eine Webseite zur Verfügung. 

Die Stadt Frankfurt betreibt seit dem 21. September ein Impfzentrum in der Messehalle 1.2. Die Impfungen finden unkompliziert, ohne Termin und kostenlos statt: täglich von 12 bis 19 Uhr. Alle Infos hier.

Der Kreis Groß-Gerau schickt seit Anfang Oktober drei mobile Impfteams durch alle Städte und Gemeinden. Die Zentrale ist im All-in-one-Center des Kreises in Groß-Gerau. Infos hier.

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3 Kommentare

  1. Harry Krischner

    Das Postfach impfen@kliniken-mtk.de scheint ein totes Postfach zu sein. Ich habe letzte Woche brav alle Daten hingeschickt und bis jetzt noch nicht einmal eine Antwort bekommen, dass die Mail angekommen ist.

    Vermutlich werden die Mails an ein Faxgrät weitergeleitet, dort dann ausgedruckt und später per Post an irgendeine Sachberarbeiterin verschickt. Diese scannt danach den Ausdruck wieder ditital ein, um am Ende in einer Excel Liste die Termine zu planen und diese per Post an den Patienten zu verschicken.

    Andere Städte und Kreise – und selbst normale Hausärzte – zeigen, wie so etwas online lösbar ist mit direkter Terminauswahl und Zusage

    MTK, (hoffentlich bald) willkommen im 21. Jahrhundert 😐

    23. November 2021
    |Antworten
  2. Karin Lübbers

    Ich habe am 16.11. die Anmelde-Mail geschrieben, bisher keinerlei Reaktion, nichts. Ich habe Vorerkrankungen. Ich frage mich, ob die leitenden Dezernenten des MTK keine Zeitung lesen oder auch mal Nachrichten im Fernsehen anschauen. Die katastrophale Entwicklung der Covid-Lage war doch angekündigt, da hätte man in den Startlächern stehen müssen. Man hat den Eindruck, daß Frau Overdick (und andere) völlig überfordert sind mit ihren Jobs (und nicht nur beim Thema Covid). Aussitzen, nichts sagen, nichts machen, erinnert mich an die drei Affen. So macht man Karriere und rutscht die Leiter hoch, das Ziel der Landtag. Die paar Tote, die das Nichtstun in Falle von Covid kosten, wen interessieren die schon. Ich versteh’s einfach nicht, wie nicht nur in Berlin sondern sogar auf kleinster kommunaler Ebene so versagt wird.

    24. November 2021
    |Antworten

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