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Elisabethenstraße 3: Das große Durcheinander – und eine bange Frage

Gepostet in Allgemein

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Die Bürgerbeteiligung zur Elisabethenstraße 3 hallt nach: Die Veranstaltung vor einer Woche in der Stadthalle – auch Bürgerforum I genannt – wird ganz unterschiedlich bewertet. Inzwischen hört man auch allenthalben die bange Frage: Wo bleibt die versprochene Transparenz? Will man im Rathaus wirklich, dass die Bürger mitmachen? Oder sollen sie auf halber Strecke doch noch vom Mitgestalten ausgegrenzt werden? Für solche Sorgen gibt’s einen guten Grund.

Nach der Veranstaltung beklagte das Kreisblatt, dass die vielen Ideen, die in der Stadtgesellschaft kursieren, beim Bürgerforum überhaupt nicht diskutiert worden seien. Das bittere Resümee des Lokalredakteurs: „Nein, der Auftakt der Bürgerbeteiligung ist nicht gelungen.“

Seine Kollegin von der Hofheimer Zeitung hatte offenbar einen anderen Eindruck gewonnen. Sie titelte: „Beim ersten Bürgerforum zur Gestaltung des Grundstücks werden Ideen gesammelt – und dabei ganz neue Ansätze vorgebracht.“

In der Frankfurter Rundschau wiederum hieß die Headline kurz und knapp: „Kein Ergebnis beim Bürgerforum“. Der Schlußsatz des Berichts lautete: „Wohin die Reise in Hofheims Zentrum jetzt geht – das ist nach diesem Abend offener denn je.“

Alles klar?

Die Vorsitzende des Seniorenbeirats, Ingrid Schulz, verbreitete via Leserbrief ihre Eindrücke vom Bürgerforum: „Beim Gespräch der Fachleute im Städtebau wurde bestätigt: An diese Stelle gehört ein Gebäude, damit wirklich ein Platz entsteht.“ Die Frau tritt seit einiger Zeit als Hardcore-Anhängerin eines Hotel-Neubaus auf. Anfangs verbreitete sie, sie vertrete „die Mehrheit des Seniorenbeirats“, inzwischen behauptet sie, sie vertrete „die Meinung des Seniorenbeirats“. Aus dem Bürgerforum nahm sie eine Erkenntnis mit, die sie exklusiv haben dürfte: „Nur eine Grünanlage – das lehnen alle Fachleute ab.“

Eberhard Schmidt hatte – vermutlich wie die Mehrheit der Zuhörer – das Bürgerforum deutlich anders erlebt: Die Fachleute hätten die Hotel-Pläne „als viel zu monströs angesehen und eine Bebauung des Grundstücks eher abgelehnt als befürwortet“, schreibt er in einem Kommentar unter dem Bericht auf dieser Webseite. Und: „Es wurde auch herausgestellt, dass die Einfassung des Platzes nicht unbedingt ein Gebäude braucht, sondern dass das auch mit Baumreihen möglich ist.“

Was für ein Durcheinander!

Elisabethenstrasse
Darum geht’s: Links das Grundstück Elisabethenstraße 3, wo bisher Bücherei und Stadtarchiv untergebracht waren und jetzt die Stadtverwaltung Büros hat. In der Bildmitte die Mauer des alten Wasserschlosses, ohne jedes Grün. Und davor ein Platz, wie ihn viele Hofheimer lieben: mit Auto neben Auto.

Fünf Tage nach der Veranstaltung sah sich die Stadtverwaltung veranlasst, einen eigenen Bericht zum Versammlungsverlauf herauszugeben, der als Pressemitteilung verschickt und auf der städtischen Homepage veröffentlicht wurde. Darin heißt es im feinsten Bürokratendeutsch: 

„Aus den Ergebnissen werden nun die Inhalte einer Aufgabenstellung für eine Mehrfachbeauftragung von Planungsbüros abgeleitet. Diese Planungsbüros sollen dann städtebauliche Konzeptionen zur räumlichen Verknüpfung der innerstädtischen Platzräume erarbeiten und klären, welche Funktion das Grundstück Elisabethenstraße 3 dabei übernehmen soll.“

Das führt zu den zentralen Fragen, die eigentlich während des Bürgerforums – also öffentlich – hätten beantwortet werden müssen: Wie wird der nächste Schritt konkret umgesetzt? Wer formuliert die Wünsche und Anforderungen der Bürger? Und wer gewichtet sie wie? Wer weist welche Planungsbüros ein, dass sie die Meinung der Bürger auch verstehen und umsetzen können?

Kurzum: Warum wird dieser nächste Schritt der Bürgerveteiligung nicht offen und transparent dargelegt?

Normalerweise wäre es die Aufgabe der Stadtverordneten, sich des Themas anzunehmen. Gute Gelegenheit böte sich: Nächsten Dienstag trifft sich der Bau- und Planungsausschuss, dort könnte man über „Instruktion der Planungsbüros“ offen diskutieren und entscheiden.

Man müsste es nur wollen.

Bis dahin wabert der Verdacht durch die Stadt: Im Rathaus, beim CDU-Bürgermeister und bei führenden CDU-lern besteht an einem transparenten Vorgehen kein sonderlich großes Interesse. Christian Vogt ist einer der vehementesten Vorkämpfer für ein Hotel, er will bauen, gerne groß, ruhig auch klotzig, da scheint er keinen Schmerz zu kennen. Dass die Stadtgesellschaft aufgewacht ist, droht seine Pläne zunichte zu machen. Wohl deshalb versucht er in seiner Rathaus-Pressemitteilung, die Bürger mit schmusigen Worten einzulullen:

Wir möchten den Hofheimerinnen und Hofheimer Gelegenheit geben, bei der Gestaltung dieses letzten zu gestaltenden Teilstücks der Randbebauung des Kellereiplatzes ihre Meinung einzubringen.“ 

Meinung einbringen? Das klingt schön!

Die Meinung der Bürger auch ernst nehmen: Das wäre jetzt an der Zeit!

UPDATE am 16. September 2022:

Die Linken im Stadtparlament reagieren mal wieder fix. Die Stadtverordnete Barbara Grassel hat eine Woche nach der Bürgerbeteiligung einen Antrag eingebracht. Darin heißt es:

„Der Magistrat möge baldmöglichst ein weiteres Bürgerforum einberufen, bei dem die Nutzungsalternative ,Grünfläche oder Baufläche‘ – und wenn Baufläche, mit welcher Nutzung –diskutiert werden soll“.

Zur Erklärung heißt es: Im Bürgerforum I sollte eigentlich über „Ideen und Eckpunkte für eine mögliche Umnutzung des Geländes Elisabethenstraße 3“ diskutiert werden. Dazu sei es aber aus Zeitgründen nicht gekommen. Die Grundsatzentscheidung „Bebauen oder nicht bebauen?“ müsse unter Beteiligung der Hofheimer Bürgerschaft entschieden werden, und zwar bevor Planungsbüros mit der Erstellung einer Konzeption beauftragt werden.

Frau Grassel weiter: Sollte die Mehrheit im Stadtparlament lieber eine Grünanlage als eine Bebauung wollen, dann sei das vom Magistrat vorgesehene anschließende Konzeptvergabeverfahren obsolet.

Foto: Stadt Hofheim

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4 Kommentare

  1. Frank Laur

    Wäre doch eigentlich ganz einfach. Während bzw. nach dem ersten Teil der Bürgerbeteiligung durften Ideen und Wünsche auf einer Pinwand und auch in Schriftform abgegeben werden. Resultierend aus diesen abgegebenen „Stimmen“ könnte eine z.B. eine Top-5-Liste der Ideen und Vorstellungen erstellt werden. Man könnte im Anschluss den Bürgern etwas Zeit geben, ihre Stimme z.B. über die städtische Website oder über einen Stimmzettel im Bürgerbüro oder Briefkasten abzugeben.

    Die Grundlage und die Idee dieser Veranstaltung war ein Neubeginn zu starten und nicht wieder die alte Leier fortzuführen. Ich war sehr glücklich, dass man Transparenz reinbringen und auch die Wünsche der Bürger mit einbeziehen wollte. Entwickelt sich irgendwie anders. Aber wahrscheinlich sehe ich das falsch…

    Vielleicht benötigen wir etwas mehr Geduld… Aber wenn man den Artikel im Höchster Kreisblatt (Di13.09.2022) mit dem „angeblich“ neutralen Gebäudekorpus, der mit „Hotel“ beschriftet ist, wieder in der maximalen Größe sieht, hat sich nicht wirklich viel geändert. Bei „Null“ anfangen sieht für mich anders aus!

    15. September 2022
    |Antworten
  2. Barbara Grassel

    Die Auftaktveranstaltung der Bürgerbeteiligung zur Nachnutzung des ehemaligen Büchereigeländes an der Elisabethenstraße hinterließ mich ratlos. Denn die entscheidende Frage wurde zwar von vielen Menschen angesprochen, aber gar nicht erst zur Abstimmung gestellt: Was braucht die Hofheimer Kernstadt notwendiger: mehr Gebäude- oder mehr Grünflächen?

    Für die LINKEN-Stadtverordneten ist diese Frage längst entschieden: Wir setzen uns für eine Grünfläche an dieser Stelle ein. Eine hochverdichtete Bebauung ohne nennenswerte und – vor allem – ohne sichtbare Grünfläche haben wir schon am Nordrand des Kellereiplatzes. Zum Ausgleich sollte daher am Südrand ein kleiner Park entstehen – ganz ohne nennenswerte Bebauung.

    Wenn die Mehrheit der Stadtverordneten das auch so sieht, dann erübrigt sich auch die Beauftragung von Architekturbüros mit Gestaltungsentwürfen.

    16. September 2022
    |Antworten
    • Hartmut Hebling

      Ein *Kellerei-Garten* das wäre doch eine Sache!

      Zumindest gibt es in den Begriff in Südhessen öfter bei den Flurnamen… Aber bitte nutzt die graue Energie und das CO2, das im Bestandsgebäude steckt, und ergänzt diese mit grünen und blauen Zielen im Gartenraum. Ein stark begrüntes modernisiertes Gebäude kann ein Klimaelement sein – besser als jeder City-Tree. Auch kann es Hofheimer Funktionsraum bieten an wichtiger Stelle.

      Wer ein Beispiel sehen möchte, sollte auf die Webseite der Stadt Bielefeld gehen. Sozialer Raum mit vorgehängter Begrünung: https://www.bielefeld.de/node/15465

      16. September 2022
      |Antworten
  3. Anita Vogt

    Leider hat sich meine Befürchtung, dass eine lange historische Einführung zu viel Zeit verbrauchen wird und die ans Ende gesetzte offene Diskussion abwürgt, bewahrheitet. Tatsächlich war am Ende der Veranstaltung selbst bei den interessiertesten Bürgern die Luft raus, und alle nahmen das Angebot an, auf die geplante Diskussion zu verzichten. Mir ging es auch nicht anders. Dabei wären die Vorschläge und die anschließende Diskussion für und wider einiger Ideen für alle bereichernd gewesen.

    Deshalb möchte ich meine Gedanken nun hier einbringen:

    Sollte sich die Mehrheit der Bürger nicht nur für eine Vollbegrünung entscheiden (fände ich ebenfalls gut), sondern einem kleineren Gebäude zustimmen, würde ich gerne die Musikschule darin sehen. Der Pfälzer Hof ist schon lange viel zu klein und außerdem ein Sanierungsfall. Die Ausweichmöglichkeiten im Kellereigebäude oder in Schulen werden immer unsicherer, da der Platz anderweitig gebraucht wird. Eine Musikschule ist eine wichtige Einrichtung der Gesellschaft, die vor allem Kindern und Jugendlichen zugutekommt. Eine zentrale Anbindung mit Bus und Bahn ist nötig. Wartende Eltern/Großeltern werden Gastronomie und Einzelhandel nutzen, die nahe Bücherei wird gerne auch von den Musikschülern besucht. Einen anderen Platz innenstadtnah gibt es meines Wissens nicht mehr.

    Klima und klimaneutrales Bauen wurde zurecht mehrfach an diesem Abend angesprochen. Deshalb plädiere ich für den Erhalt der bestehenden, noch nicht mal 60 Jahre alten Gebäude (upcyling). Es sollte kein Problem sein, diese Gebäude energetisch auf den neuesten Stand zu bringen. Durch ökologische Fassadengestaltung könnte daraus durchaus ein gefälliges und zukunftsfähiges Ensemble entstehen.

    Mit der Nutzung der vorhandenen Baukörper würde man jede Menge CO2 einsparen. Nach dem Abriss der Garagen und dem Verzicht auf die geplante zusätzliche Reihe des Parkplatzes stünde die gesamte restliche Fläche einer Grünanlage zur Verfügung. Die beiden vorhandenen großen Platanen an der Elisabethenstr. 3 müssen erhalten bleiben. Zisterne, Brauchwassernutzung und Nutzung der Sonnenenergie sollten heutzutage bei einer Bebauung, egal ob neu oder alt, selbstverständlich sein.

    Wir brauchen dringend einen weiteren Termin, um die noch fehlende gemeinsame Diskussion zu führen. Erst dann kann die Stadt unsere Ideen mit einer klaren Aufgabenstellung an Planungsbüros weitergeben. Ich hoffe doch sehr, dass unser Bürgermeister Herr Vogt es mit der Bürgerbeteiligung ernst meint und den Bürgern mit einem weiteren Termin die noch fehlende Diskussion ermöglicht.

    Anita Vogt, Ortbeirat Kernstadt / DieLinke

    16. September 2022
    |Antworten

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