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Neue Zahlen: So verballert die Stadt unser schönes Geld

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Das große Thema der Lokalpolitik in dieser Woche ist das Geld der Stadt, genauer: das Geld, das die Stadt nicht mehr hat. Bürgermeister Christian Vogt stellt am Mittwoch seinen Vorschlag für den Etat 2023 im Stadtparlament vor (siehe Meldung unten). Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass er zum Gürtel-enger-Schnallen aufrufen wird. Die Gründe dafür sind allerdings nicht allein in der aktuellen Wirtschaftslage zu suchen: Hofheims Stadtspitze hat in jüngster Vergangenheit wiederholt mit Geld geaast, ohne dass die Stadt etwas davon hätte.

Stellen Sie sich dieses Bild vor: Aus einem Wasserhahn fließt Geld heraus, ohne Ende. Ein dunkles Abflussrohr saugt all die schönen Scheine umgehend weg. Mit Erschrecken stellen Sie fest: Die Quelle all des Geldes ist ja Ihr Konto! Ihr Geld verschwindet, Sie können’s nicht stoppen

Der Wasserhahn in diesem Bild – das ist die Stadt Hofheim.

Der dunkle Abfluss – das ist eine große Anwaltskanzlei, die Büros in ganz Deutschland unterhält und deren Juristen sich im Internet als „Persönlichkeiten“ bezeichnen. Die Stadt Hofheim hat diese Anwälte seit Jahren engagiert und überflutet sie regelrecht mit Geld.

Und unser Geld ist weg! Ihr Geld! 

Vorderheide II steht für rücksichtslose Etat-Plünderung

Es geht um das geplante Baugebiet Vorderheide II: Bisher wurden die Kosten dafür nur in Teilbeträgen veröffentlicht, so konnte das politische Fiasko geschickt verschleiert werden. Hier lesen Sie erstmals eine vollständige Übersicht aller bisher angefallenen Ausgaben. Und es wird deutlich, dass Vorderheide II längst mehr ist als nur ein juristischer Streitfall:

Vorderheide II ist zum Synonym geworden für politische Hybris, behördliche Borniertheit und eine rücksichtslose Plünderung des städtischen Haushalts. 

Kurz zur Erinnerung: Mitten in einem faktischen Vogelschutzgebiet auf dem Kapellenberg wollte die Stadt vor über zehn Jahren ein Villenviertel errichtet sehen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel erklärte nach jahrelangem Rechtsstreit den Bebauungsplan aus vielerlei Gründen für unwirksam, eine Revision wurde nicht zugelassen.

Man hätte es dabei belassen können, die Mehrheit der Stadtverordneten wollte die Akten geschlossen wissen. Aber Bürgermeister Christian Vogt (CDU) wollte unbedingt weitermachen: Er setzte sich über einen Parlamentsbeschluss hinweg und schickte erneut die Anwälte los. Sie sollten eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgerichtshof in Leipzig einreichen. 


Wie der Bürgermeister die Lokalredakteure auf Linie bringt

Am Mittwoch, 2. November, tagt das Stadtparlament (Beginn 18 Uhr, Stadthalle): Bürgermeister Christian Vogt will seinen Entwurf für den Haushaltsplan 2023 vorstellen.

Acht Stunden vorher findet am Vormittag eine Pressekonferenz im Rathaus statt: Hofheims Lokalredakteure können einen ersten Blick in den Etatentwurf werfen. Sie dürfen auch Fragen stellen, das wird in der Einladung ausdrücklich erwähnt.

Qualifizierte Fragen zu einem Haushaltsplan lassen sich allerdings nur stellen, wenn man das opulente Zahlenwerk etwas genauer kennt. Normalerweise wird deshalb ein Etat-Entwurf vorab zur Verfügung gestellt, damit sich ein Journalist einlesen kann. Aber das wollte Hofheims Bürgermeister ausdrücklich nicht.

So entlarvt sich seine Pressekonferenz als ein Versuch der Meinungsmache: Die Redakteure der Lokalpresse sollen auf Linie gebracht werden. Sie sollen berichten, wie’s dem Bürgermeister gefällt.


Was kostete die Verlängerung der juristischen Auseinandersetzung eigentlich? Die Stadtverordneten von CDU, FDP und FWG scheinen sich dafür nicht zu interessieren, jedenfalls haben sie bis heute nicht danach gefragt. Das taten die Grünen, SPD, Bürger für Hofheim (BfH) und Linken. Inzwischen liegt die Antwort vor:

60.000 Euro seien fällig geworden für „Arbeiten an der Begründung zur Nichtzulassungsbeschwerde und den dafür notwendigen, zahlreichen Abstimmungsgesprächen zwischen den Anwälten und verschiedenen Sachverständigen etc.“ heißt es in der Antwort des Magistrats.

Dahinter steht: „Stand 10. August 2022“. Heißt ja wohl: Da wird noch was kommen.

Bürgermeister Christian Vogt hatte mal angegeben, die Anwaltskosten für den Gang zum Bundesverwaltungsgerichtshof würden etwa 40.000 Euro betragen, dazu kämen 5.000 bis 10.000 Euro Gerichtskosten. Daraus sind also schon 60.000 Euro Anwaltskosten geworden – bisher. Von Gerichtskosten findet sich in der Magistrats-Mitteilung kein Wort. Die kommen demnach noch obendrauf.

In der Antwort des Magistrats heißt es auch, die Anwälte seien „zwischen 10. März und 24. Juni aktiv“ gewesen. Die Juristen kassierten demnach die 60.000 Euro in nicht einmal vier Monaten.

Das sind mehr als 15.000 Euro pro Monat!

Viel Geld für die Anwälte – jeden Monat, jahrelang!

Aber jetzt werden wir kleinlich! 60.000 sind Peanuts im Vergleich zu dem, was die Stadt bisher für Vorderheide II verballert hat. Die Linken im Stadtparlament hatten eine komplette Ausgabenliste angefordert. Diese weist aus:

Für diverse Gutachten zum Artenschutz etc. wurden insgesamt 164.618,92 Euro ausgegeben.

Das Planungsbüro für Städtebau kassierte 39.438,50 Euro.

Für ein Lärmgutachten mussten 3.657,47 Euro bezahlt werden.

Ein Verkehrsplanungsbüro bekam 1.921,78 Euro.

Das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof schlug mit 213.864,86 Euro zu Buche. 

Hinzu kommen aktuelle Gerichtskosten, die mit rund 920 Euro angegeben werden.

Der dickste Brocken auch in dieser Liste sind erneut die Anwaltskosten. Die von der Stadt beauftragten Juristen – eben jene selbsternannten „Persönlichkeiten“ – schickten laut Angaben des Magistrats zwischen 2016 und 2022 Rechnungen über insgesamt 747.807,45 Euro an die Stadt.

Das ist eine Dreiviertel Million Euro! Oder über Jahre hinweg 10.000 Euro Monat für Monat! Ein unabhängiger Jurist, danach befragt, ob derart irre hohen Anwaltskosten normal seien, sagte nur: „Wenn die Stadt solche Gebührensätze akzeptiert…“

In der Summe belaufen sich damit die Ausgaben für Vorderheide II (ohne die 60.000 Euro fürs Verfahren vorm Bundesverwaltungsgerichtshof) auf 1.172.229,08 Euro.

Man muss heute auch feststellen: für nichts. 

Und wir sind noch nicht am Ende:

Den Hofheimer Stadtwerken entstanden wegen Vorderheide II Kosten in Höhe von 349.185 Euro (für Wasserversorgung und Entwässerung).

Wer jetzt glaubt, das müsse doch bald alles sein: Jetzt reicht es aber! Genug Steuergeld verpulverisiert!

Nein, es dürfte noch weitergehen:

Sollte die Stadt vorm Bundesverwaltungsgerichtshof keinen Erfolg haben, muss sie die Kosten der Gegenseite übernehmen. Das ist der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) in Hessen. Den Hofheimern mag es ein Trost sein: „Honorarsätze, wie die Stadt sie offenbar akzeptiert, würden wir niemals hinnehmen, das könnten wir gar nicht“, heißt es beim BUND. 

Und dann gibt es auch noch die Entwicklungsgesellschaft Hofheim (EGH), ein privates Unternehmen (bekanntlich verbandelt mit einem führenden Immobilien-Experten der Hofheimer CDU), das in Vorderheide II das Villenviertel bauen wollte und wohl auch immer noch will. Angeblich hat es bereits mehr als 1,5 Millionen Euro investiert, dazu viel Geld in Rechtsberatung usw.

Diese Ausgaben könne das Unternehmen von der Stadt zurückverlangen, wenn es denn endgültig nicht bauen dürfe – heißt es.

Gegen solche Forderungen wird sich die Stadt Hofheim natürlich juristisch zur Wehr setzen. Und erneut werden die Anwälte ihre Hand aufhalten, sicher wieder gerne auch beide Hände

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2 Kommentare

  1. SH

    Da kann man schon denken, dass die „Guten Freunde“ beschenkt werden. Ist ist in der Politik ja kein Einzelfall. Wichtiges wird nicht erledigt. Z.B. bezahlbare Wohnungen, besonders für ältere Menschen. Das Geld wäre auch für neue Bäume, die gedankenlos abgeholzt wurden sinnvoller angebracht. Das was die Bürger und Bürgerinnen möchten wird missachtet. Auch wäre es wichtig, etwas für die Jugend zu tun.

    1. November 2022
    |Antworten
  2. InteressierterLeser

    Hallo Herr Ruhmöller,

    vielen Dank für diese Informationen.

    Es liest sich leider so, als würde die Stadt Hofheim hier von schlauen Advokaten ausgenommen; dabei sind in der Verwaltung von Hofheim doch eigentlich genügend ausgebildete Juristen bzw. gibt es hierfür doch ein Rechtsamt und einen angestellten Syndikus? Für was braucht die Stadt dann eigentlich noch solch teure Anwälte?
    Wer kontrolliert eigentlich die Vergabe der Aufträge an diese Rechtsanwälte? Bei sonstigen Aufträgen muss doch auch eine Ausschreibung erfolgen. Es kann doch eigentlich nicht sein, dass hier juristische Dienstleistungen zu Honoraren in scheinbar unbegrenzter Höhe abgerechnet werden können, von Anwälten, die ein Interesse daran haben, alles möglichst kompliziert zu machen, um viele Stunden zu produzieren und dicke Rechnungen zu schreiben. Genau deswegen haben Städte eigentlich einen Syndikus und ein Rechtsamt, um nicht in diese Kostenfalle zu tappen. Gibt es in solchen Fällen eigentlich keine Kontrolle durch die Stadtverordneten bzw. durch das Revisionsamt, denn auch für die Stadt Hofheim sollten die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gelten. Daher scheint die Beauftragung dieser Kanzlei zumindest ein Fall für den Bund der Steuerzahler oder „Mario Barth deckt auf“ zu sein, zumal wenn hier wirklich noch 1,5 Mio. Euro als Schadensersatz an die Entwicklungsgesellschaft zu zahlen sein sollten. Dann wäre die Stadt nicht nur überteuert, sondern auch noch außerordentlich schlecht beraten worden. Vielleicht sollte der Syndikus der Stadt mal prüfen, ob die Stadt diese „teure“ Kanzlei verklagen könnte…

    1. November 2022
    |Antworten

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