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Strafaktion gegen die Opposition: HWB lässt Bauprojekt in Lorsbach platzen

Gepostet in Allgemein

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Es ist eine Weihnachtsbotschaft aus dem Rathaus, die nicht gerade christlich anmutet: Die Hofheimer Wohnungsbaugesellschaft (HWB) will den Bau von 20 neuen Wohnungen in Lorsbach aussetzen. Das ließ CDU-Bürgermeister Christian Vogt am heutigen Montagvormittag über seine Rathaus-Pressestelle verbreiten. Die Nachricht soll hier – trotz Weihnachtspause des Hofheim/Kriftel-Newsletters – nicht untergehen, denn der Vorgang ist sehr ungewöhnlich: Der Baustopp gleicht einer Strafaktion. Die Opposition im Stadtparlament soll dafür büßen, dass sie kürzlich gegen ein Luxus-Wohnprojekt der CDU gestimmt hat. Jetzt die Retourkutsche – sie trifft allerdings vor allem die Menschen in Lorsbach.

Um den Vorgang in seinen ganzen Verästelungen verstehen zu können, müssen wir einen zweiten Schauplatz betrachten: Die CDU wollte zusammen mit FDP/FWG ein städtisches Grundstück am Paulinenweg in Langenhain verkaufen. Dort sollte vor wenigen Jahren noch ein Flüchtlingsheim gebaut werden. Als die Nachbarn protestierten, wurde umgeplant: Die HWB sollte Mehrfamilienhäuser bauen. Es klang nach einem guten Plan: Geförderter Wohnungsbau wird schließlich dringend benötigt!

Dann erneuter Sinneswandel: Das knapp 1.250 Quadratmeter große Grundstück sollte verkauft werden – für rund eine Million Euro. Den Löwenanteil des Geldes sollte die HWB kriegen: Das Wohnungsbauunternehmen, das zu 100 Prozent der Stadt gehört, plant aktuell mehrere Bauprojekte und hatte dafür KfW-Mittel einkalkuliert, die aber nach einem allgemeinen Förderstopp wegfallen. Eine Möglichkeit wäre natürlich, die Finanzierungslücken durch Bankdarlehen zu stopfen. Das aber lehnt die HWB – Vorsitzender des HWB-Aufsichtsrates: CDU-Bürgermeister Christian Vogt – bisher ab.

Lieber wollte man das Grundstück in Langenhain verkaufen und mit dem Erlös die HWB pampern. Das Vorhaben war umstritten: Es ist das letzte Grundstück für Wohnungsbau in städtischem Besitz, Tafelsilber, das man nicht einfach hergibt. Als der Magistrat im Sommer dieses Jahres eine Ausschreibung machen wollte, lehnte die Mehrheit der Stadtverordneten denn auch ab. Allerdings werden Beschlüsse des Stadtparlaments im Hofheimer Rathaus bekanntlich nicht unbedingt ernst genommen, also: Die Ausschreibung fand statt.

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Mit solchen Fotos und dem schönen Namen „Wohnen im Lorsbachtal“ warb die HWB bisher im Internet für ihr Bauprojekt an der Hofheimer Straße in Losbach: 20 Mietwohnungen waren versprochen worden.

Zuletzt wurde über das Thema Paulinenweg hinter verschlossenen Türen verhandelt. Proteste der Opposition gegen eine solche Geheimniskrämerei wurden übergangen. Nur so viel drang nach draußen: CDU, FDP und FWG wollte das Grundstück unbedingt einem Investor überlassen, der dort ganze fünf Wohnungen bauen wollte, sicherlich Luxus-Wohnungen, für Normalverdiener unerschwinglich.

Der Verkauf sollte in der Sitzung des Stadtparlaments am 6. Dezember besiegelt werden, die CDU/FDP/FWG wollte den Deal noch in diesem Jahr schnell durchziehen. Doch dann die Überraschung: Die Mehrheit lehnte ab. Die Opposition aus Grünen, SPD, Bürger für Hofheim und Linken setzte sich durch. Die CDU reagierte wutschnaubend, CDU-Bürgermeister Vogt wehklagte – zu spät: Der Grundstücksverkauf war geplatzt.

HWB-Chef droht: Baustelle in Lorsbach bleibt

Das war vor gut zwei Wochen Tagen (der Hofheim/Kriftel-Newsletter hatte berichtet: hier). Jetzt bekam die Opposition die Quittung für ihr – aus CDU-Sicht – widerborstiges Verhalten: „Wohnen im Lorsbachtal: HWB stoppt Projekt bis auf Weiteres“ lautet die Überschrift der Rathaus-Pressemitteilung, die Bürgermeister Christian Vogt am heutigen Montag verschicken ließ. Als Grund für den Baustopp in Lorsbach nennt er ausdrücklich die Entscheidung des Stadtparlaments gegen den Verkauf des Grundstücks in Langenhain.

Damit unterstreicht er: Die Opposition soll abgestraft werden. CDU-Bürgermeister Christian Vogt lässt sich mit dem Satz zitieren, die Entscheidung der Stadtverordneten sei „sehr enttäuschend“ gewesen. Es sind Krokodilstränen, die da kullern.

HWB-Geschäftsführer Norman Diehl wird mit den Worten zitiert, man wolle nun genau prüfen, ob Qualität und Architektur reduziert werden könnten. Problem dürfte sein, dass die HWB nicht gerade bekannt ist für hohe Qualität am Bau. Noch weiter runtergehen? Das könnte schwierig werden…

Diehl sagt auch, man wollte die Abbrucharbeiten der bestehenden Gebäude in Lorsbach weiter vorantreiben. Denn vielleicht gebe es eines Tages eine neue Förderrichtlinie des Landes. Allerdings müsse die schon verbesserte Konditionen liefern, sagt er einschränkend, ansonsten könnten die Planungen für das HWB-Projekt nicht weitergehen.

Es klingt wie eine Drohung: Entweder kriegen wir mehr Geld – oder wir bauen nicht mehr und lassen mitten in Lorsbach eine offene Baustelle zurück. Kaum vorstellbar, dass der Chef eines kommunalen Wohnungsbauunternehmens solche Aussage ohne Rückendeckung seines Aufsichtsrat-Vorsitzenden macht…

HWB
Ein Plan, der jetzt auf Eis gelegt wurde: So sollten die Mehrfamilienhäuser in Lorsbach aussehen.

Die Strafaktion der CDU-Stadtspitze soll der Opposition weh tun – tatsächlich trifft sie vor allem die Menschen in Lorsbach. Die müssen demnächst wahrscheinlich eine einjährige Straßensperre am Ortsausgang nach Hofheim ertragen – und dann auch noch eine Dauer-Baustelle im Ortskern.

Eine erste Reaktion liegt bereits vor: Bernd Hausmann, ein Stadtverordneter der Linken, der in Lorsbach wohnt, schreibt: Die HWB habe mal mitgeteilt, sie müsse zur Finanzierung des Lorsbacher Projekts jährlich 120.000 Euro für Kreditzinsen ausgeben. Würde sie die weggefallenen Zuschüsse durch Bankkredite ausgleichen, würde die Zinsbelastung um jährlich 12.000 Euro steigen. „Daran kann ein solches Millionen-Projekt nicht scheitern.“

1.700 Wohnungen besitze die HWB, diese stünden mit einem Wertansatz von 76 Millionen Euro im Anlagevermögen in der Unternehmensbilanz. Der Buchwert betrage also rund 44.000 Euro pro Wohnung, der wahre Marktwert aber dürfte fünf Mal so hoch sein. Hausmann: „Eine solche Gesellschaft hat am Kapitalmarkt keine Probleme, zumal sie auch noch eine 100-prozentige Tochter der Stadt ist.“

Und dann macht der erfahrene Lokalpolitiker noch einen interessant klingenden Vorschlag: Die derzeit 18 Altbauwohnungen stünden seit rund 20 Jahren leer, nur zwei seien noch bewohnt. Bisher habe die HWB keine Eile gezeigt, die Wohnungen zu erhalten. „Daher wäre zu prüfen, ob es nicht finanziell günstiger wäre, die 18 Wohnungen von Grund auf zu sanieren.“ So könne sich ein Stopp der Neubau-Planung am Ende sogar noch als „durchaus sinnvoll“ erweisen: Unter ökologischen Kriterien sei Sanieren schließlich allemal besser für die Umwelt als Abreißen und neu Bauen.

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5 Kommentare

  1. Bernd Hausmann, Stadtverordneter DIE LINKE

    Wenn schon der Hofheimer Magistrat eine Presseinfo der Hofheimer Wohnungsbau GmbH (HWB) zum Projektstopp für das „Wohnen im Lorsbachtal“ verschickt, dann sollte diese Presseinfo auch zutreffend informieren:

    Es stimmt schlichtweg nicht, was diese städtische Gesellschaft per Presseinfo verkündet: „Die Hofheimer Wohnungsbau GmbH (HWB) muss nach einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 6. Dezember das Projekt „Wohnen im Lorsbachtal“ an der Hofheimer Straße in Lorsbach stoppen.“

    Und es ist schlichtweg falsch, dass der Verkaufserlös dieses Grundstücks „zu einem großen Anteil für das HWB-Projekt in Lorsbach gedacht war.“ Richtig ist, dass nach der vom Stadtparlament abgelehnten Beschlussvorlage des Magistrats gerade mal ein Drittel des Verkaufserlöses von rund eine Million Euro in das Projekt in Lorsbach fließen sollte. Das wären noch nicht einmal ein Zehntel der Gesamtkosten dieses Projektes. Die nunmehr ausgelaufene KfW-Förderung kostete 1% im Jahr. Selbst die Bank im Erdgeschoss des HWB-Forums bietet Immobilienkredite für 3,2% an (lt. Vergleichsportal, eben abgerufen). Der nunmehr ausgebliebene städtische Zuschuss durch einen Bankkredit zu ersetzen: Das hätte die HWB gerade mal knappe 12.000 € im Jahr gekostet. Die Mehrkosten gegenüber dem ursprünglich einkalkulierten KfW-Kredit betrügen somit gerade mal 8.000 €: Peanuts bei einem Millionen-Projekt.

    Es ist durchaus vernünftig, mit diesem Bauvorhaben bis zum Vorliegen der neuen Förderbedingungen zu warten. Aber es ist schiere Demagogie, zu behaupten, dass dieser Baustopp aufgrund eines Stadtverordnetenbeschlusses hätte erfolgen müssen.

    20. Dezember 2022
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    • Axel Niebuhr

      Das erinnert mich an das Sanierungsvorhaben des Bahnhofs in Lorsbach, der vor Jahren von der Stadt gestoppt wurde, obwohl die Finanzierung Bahn/Land und zu einem geringen Teil durch die Stadt stand. Die Stadt machte in letzter Minute einen Rückzieher! Lorsbach muss weiter mit einem Bahnhof leben, der für die Bürger mit Behinderungen und Familien mit Kinderwagen kaum zugänglich ist! Und dies obwohl seit 01.02.2022 ein Gesetz besagt, dass der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln barrierefrei sein soll!

      9. Januar 2023
      |Antworten
  2. DererVonZiethen

    „Aus CDU-Sicht – widerborstiges Verhalten…?“

    OK, warum nicht?

    Die Unterbrechung des Bauvorhabens in Lorsbach triff NICHT die Bürger Lorsbachs, aber es zeigt – und stärkt – die DEMOKRATIE. Und die CDU muß auch mal lernen, NICHT IMMER in geheimen, hinter der verschlossenen Tür gemachten Plauderstündchen irgendwas übers Knie brechen zu wollen, sondern sich einfach mal – wie Erwachsene, mündige Menschen – offen mit ALLEN Stadtverordneten zusammen zu setzen, demokratisch abzustimmen und alle Parteien von Anfang an mit ins Boot zu nehmen.
    DANN, werter Herr Ch. Vogt, wird’s auch klappen mit dem, was die Mehrheit entscheidet.

    Das Verhalten der CDU/Vogt erinnert mich an meine Zeit der 70-er Jahre, als ich mal im Osten gearbeitet hatte. Da gab’s das, dass nur einer was zu sagen hatte.

    Nicht aber so im heutigen Deutschland.

    Hier heißt das Zauberwort KOORDINATION und DEMOKRATISCHES Verhalten, auch mit Andersdenkenden! Dann kann man was bewegen, wenn man will…

    22. Dezember 2022
    |Antworten
    • Ron

      Der Vogt ist nicht lernfähig, das zeigt sich immer wieder aufs Neue, und die CDU Hofheim ist ein korrupter Klüngelverein, der sich so schnell auch nicht ändern wird.

      8. Januar 2023
      |Antworten
  3. Sabine V.

    Das ist wirklich Schilda vom Feinsten: In jedes Rathaus-Fenster eine Vogel-Attrappe zu stellen und fest daran zu glauben, dann käme keine Taube mehr angeflogen. Wer sind eigentlich die Berater dieser Stadtverwaltung? Oder hat der Bürgermeister kurz gegoogelt – oh, Amazon hat prima Angebote – und auf die Schnelle zugeschlagen? Ich bin immer wieder sprachlos, wenn ich hier solche Dinge erfahre. Berichten eigentlich auch die Zeitungen darüber? Ich habe sie vor längerer Zeit abbestellt, weil da nichts Relevantes mehr drinstand. Deshalb auch mal ein herzliches Dankeschön an den Autor dieser Webseite für die vielen guten Informationen!

    9. Januar 2023
    |Antworten

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