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Hattersheimer Straße: Linke decken neue Mauscheleien auf

Gepostet in Allgemein

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Die Planung von Wohnhäusern entlang der Hattersheimer Straße hat noch gar nicht richtig begonnen – schon droht Ärger: Auf Betreiben der CDU sollen künftig wichtige städteplanerische Entscheidungen für das Gebiet nur dann getroffen werden, wenn kein Bürger dabei ist. „Unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ nennt sich das. Die Linken meldeten jetzt schwerwiegende Bedenken an: Ein solches Vorgehen sei eindeutig rechtswidrig! Und dann decken sie auch auf, was ebenfalls geheim bleiben sollte: Es gibt offensichtlich vertrauliche Vereinbarungen mit Projektentwickler Horn – der soll entlang der Straße brutal enge Wohngebäude errichten dürfen.

Die Sondersitzung des Stadtparlaments vergangene Woche wirkt nach. Dort war beschlossen worden, dass für ein Wohngebiet entlang der Hattersheimer Straße (heutiges Betriebsgelände Polar Mohr) und für ein neues Gewerbegebiet in Diedenbergen die Bebauungspläne erstellt werden sollten. Die Stadtverwaltung feierte die Entscheidungen hinterher in einer Pressemitteilung (Bürgermeister Vogt: „einmalige Gestaltungschancen“; Stadtrat Exner: „viel Konsens“, „sehr konstruktive Atmosphäre“.).

Inzwischen muss man davon ausgehen, dass die meisten Stadtverordneten gar nicht gewusst haben (und vermutlich bis heute nicht wissen), was genau sie da beschlossen haben. Denn in einer ihrer Entscheidungen findet sich ein Halbsatz, der ein Fall fürs Gericht wäre:

Die Linken Barbara Grassel und Bernd Hausmann, beide als akribische Aktenleser bekannt, haben wieder einmal sehr genau hingeschaut und unter Punkt 2 der Beschlüsse zur Hattersheimer Straße gelesen:

Die konkreten Ziele der Gebietsentwicklung und die Grundlagen des städtebaulichen Vertrages mit der Projektverwaltungsgesellschaft Horn, wie beispielsweise der Anteil des bezahlbaren Wohnraums oder Möglichkeiten zu Förderung der sozialen Infrastruktur sollen zunächst im geplanten Arbeitskreis fraktionsübergreifend erarbeitet werden und werden dann durch die Stadtverordnetenversammlung in nicht öffentlicher Sitzung festgesetzt.

Die vier Worte „in nicht öffentlicher Sitzung“ waren während der Sitzung eingefügt worden – auf Antrag von CDU-Mann Härder. Fast alle Stadtverordneten stimmten zu. Nur die Linken nicht.

Barbara Grassel hat jetzt CDU-Bürgermeister Christian Vogt angeschrieben, der zwar Jurist ist, aber die Bedeutung der vier Worte offenbar nicht erkannt hatte: Es sei keinerlei Grund erkennbar, so Grassel, warum städtebauliche Grundsatzfragen in nicht öffentlicher Sitzung festgesetzt werden müssten. Die Hessische Gemeindeordnung verlange ausdrücklich, dass Öffentlichkeit grundsätzlich herzustellen sei.

Die Rechtssprechung geht sogar noch einen Schritt weiter: Ein Beschluss, der in nicht öffentlicher Sitzung gefasst werde, obwohl keine Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit vorliegen, schränke die demokratischen Rechte eines Stadtverordneten ein und sei damit rechtswidrig ist – entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof.

Grassel an Vogt: „Die konkreten Ziele der Gebietsentwicklung“  in der Hattersheimer Straße dürften deshalb nicht unter Ausschluss der Bürger festgelegt werden. “Ich fordere Sie daher auf, diesen Beschluss zu beanstanden.“

Hattersheimer Straße: Es wird hoch gebaut – und ganz eng

Dieser Versuch der Geheimnistuerei dürfte sicher alsbald gestoppt werden: Ende des Monats tagt das Stadtparlament, dann wird der rechtswidrige Beschluss ganz bestimmt neu gefasst. Mit den Mauscheleien aber geht’s ungeniert weiter: Der Magistrat hat einen „Verwaltungsinternen Arbeitskreis unter Beteiligung der Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung“ eingerichtet. Da können die Stadtverordneten demnächst nach Belieben Absprachen treffen – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Solche „Arbeitskreise“ sind nicht anderes als klassische Hinterzimmerpolitik: In kleinen Zirkeln trifft man sich, tauscht sich aus, trifft Absprachen – wichtig: Der Bürger soll nichts davon erfahren.

Arbeitskreise sind legal. Aber sind alles andere als demokratisch.

Der Linke Bernd Hausmann hat jetzt aus einer dieser Mauschelrunden erste Details öffentlich gemacht: Sie deuten darauf hin, dass Horn eine extrem enge Bebauung plant – städteplanerisch alles andere als attraktiv, aber für den Investor äußerst lukrativ.

Jetzt wird’s ein bisschen fachlich: Die Projektgesellschaft Horn erwartet laut Hausmann eine Mindestwohnfläche von 39.500 Quadratmetern. Das würde, so rechnet der Stadtverordnete vor, 50.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche oder 500 Wohnungen bedeuten. Bei einer Grundstücksgröße von 46.390 Quadratmetern würde das eine Geschossflächenzahl (GFZ) von über 1,0 ergeben – wenn denn das gesamte Grundstück für Wohnbebauung zur Verfügung stünde.

Eine GFZ von 1,0 bedeutet eine rechte dichte Bebauung, die aber heute durchaus als normal zu bewerten ist.

Horn steht aber nicht das gesamte Betriebsgelände der Firma Polar Mohr zur Verfügung. Die Stadt will auf dem Grundstück noch eine Straßenverbindung nach Marxheim schaffen. Dazu soll eine Rad- und Fußgängerbrücke vom Hochfeld bis in die Nähe des Rathauses führen. Ein Parkhaus ist vorgesehen. Ein Lebensmittel-Discounter soll eingerichtet werden (die Rede ist von Lidl, der von Kriftel nach Hofheim umziehen soll). Und eine Kita müsste auch noch her.

Damit wären 30 Prozent der Fläche für städtische Projekte fest verplant – Horn stehen also „nur“ rund 30.400 Quadratmeter zur Verfügung. Wenn er dort 500 Wohnungen unterbringen will, bedeutet das eine Geschossflächenzahl von 1,7.

Um das richtig einordnen zu können: In Kleinsiedlungsgebieten gilt ein GFZ-Orientierungswert von 0,4. In reinen Wohngebieten wird eine GFZ von 1,2 hingenommen: Das ist zwar sehr stark verdichtet, aber als ein Tribut an die Wohnungs-Knappheit zu sehen. In besonderen Wohngebieten – wo Geschäfte, Praxen und Büros sind – liegt der Orientierungswert bei 1,6.

An der Hattersheimer Straße soll noch dichter gebaut werden dürfen: mit einer GFZ von 1,7

„Das wird ein extrem hoch verdichtetes Wohnquartier“, sagt Hausmann. Und er nennt einen Vergleich: Die rund 100 Wohnungen, die ein Projektentwickler auf dem früheren Betriebsgelände von Polar Mohr an der Homburger Straße in Hofheim baut, haben eine Geschossflächenzahl von 1,3. Da werden die Wohnungen also schon äußerst dicht an dicht gebaut.

So also sieht die Zukunft der Hattersheimer Straße aus, ausgetüftelt im vertraulichen Polit-Gesprächen: Vorne die vielbefahrene Straße, hinten die Bahnlinie – dazwischen Wohnungen, möglichst hoch, auf alle Fälle dicht an dicht.

Natürlich kann man so bauen, keine Frage. Wenn die Mehrheit im Stadtparlament das so will, dann dürfen sich die Bürger Hofheims nicht einmal darüber beklagen: Sie haben die Stadtverordneten schließlich gewählt.

Aber warum wird in Hofheim nicht offen darüber geredet? Gibt’s denn noch mehr zu verbergen?

Warum wollen die meisten Stadtverordneten solche Themen nur unter sich ausbaldowern, in vertraulichen Runden, ohne Einbeziehung der Bürger?

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4 Kommentare

  1. Rudi P

    Schade, dass sich der Newsletter zunehmend zum Sprachrohr der Linken im Stadtparlament minimiert.

    22. März 2023
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    • Susi

      Sind das denn Sachen, die nur Linke-Wähler interessieren (sollten)? Nein, ganz bestimmt nicht. Offensichtlich haben die anderen Stadtverordneten nicht begriffen, wer sie gewählt hat. Nämlich der Bürger, der jetzt ausgeschlossen werden soll von den für die Stadt relevanten Informationen. In diesem Sinne: Dankeschön von einer Nicht-Linke-Wählerin an die Linke Stadtverordneten und den HK Newsletter. Wie man anhand der vielen, fast unglaublichen Vorgänge sehen kann, scheint er bitter nötig zu sein.

      23. März 2023
      |Antworten
  2. Silvia Stengel

    Wenn man mal ganz ehrlich ist, ist der Unterschied ob mit oder ohne Publikum nicht wirklich erheblich, da die anwesenden interessierten Bürger:innen doch eher überschaubar sind – zudem gibt es das Rederecht erst am Ende (Ortsbeiräte) bzw. gar nicht.

    Wichtig ist eher, dass die Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt immer aktuell informieren, so dass interessierte Bürger schon im Vorfeld an ihre gewählten Vertreter oder sogar in der Bürgersprechstunde beim Bürgermeister ihre Ideen und Anregungen weitergeben und sich somit einbringen können.

    Im Nachhinein meckern kann jeder – sich zur richtigen Zeit im Vorfeld einzubringen und sich an seine Vertreter zu wenden ist wichtig!- aktive Beteiligung im Vorfeld ist jedoch eher selten, aber eigentlich jedem möglich!

    26. März 2023
    |Antworten
    • Bernd Hausmann

      Richtig, Frau Stengel, das Interesse der breiten Stadtöffentlichkeit, die Sitzungen städt. Gremien „live“ mitzuerleben, hält sich meist in Grenzen.

      Nur: Wenn solche Gremien nicht-öffentlich tagen, dann gibt es auch keine Berichte darüber in den sozialen oder Print-Medien. Und: Wenn Nicht-Öffentlichkeit beschlossen ist, dann darf auch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt nicht berichten. Dann erfährt die Öffentlichkeit gar nichts.

      Nicht-öffentliche Sitzungen widersprechen allen demokratischen Prinzipien und sind auch nach der Hessischen Gemeindeordnung nur in ganz seltenen Ausnahmefällen zulässig. Wenn die Stadtverordnetenversammlung auf ihrer Sondersitzung am 14. März 2023 bezgl. der Hattersheimer Straße beschlossen hat:

      „2. Die konkreten Ziele der Gebietsentwicklung und die Grundlagen des städtebaulichen Vertrages mit der Projektverwaltungsgesellschaft Horn, wie beispielsweise der Anteil des bezahlbaren Wohnraums oder Möglichkeiten zu Förderung der sozialen Infrastruktur sollen zunächst im geplanten Arbeitskreis fraktionsübergreifend erarbeitet werden und werden dann durch die Stadtverordnetenversammlung in nicht öffentlicher Sitzung festgesetzt“,

      so ist dies glatt rechtswidrig. Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Dr. Barbara Grassel, hat daher auch Bürgermeister Vogt aufgefordert, diesen Beschluss zu widersprechen.

      27. März 2023
      |Antworten

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