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Geheime Magistrats-Pläne: Stadt will mit Stadtwald Kasse machen

Gepostet in Allgemein

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Achtung, Hofheimer: Der Stadtwald ist in akuter Gefahr! Nein, es geht diesmal nicht um Klimawandel mit Hitzewellen und Wasserknappheit, auch nicht um Stressfaktoren wie Luftverunreinigung und zu hohe Wildbestände. Darum geht’s: Einige Lokalpolitiker wollen durchsetzen, dass der Stadtwald künftig verstärkt der Holzproduktion dienen soll – im Klartext: Sie wollen Kasse machen. Am morgigen Dienstag sollen Stadtverordnete ein Papier absegnen, das in vertraulichen Gesprächsrunden bereits fertig ausformuliert wurde. Doch jetzt regt sich Widerstand.

Morgen tagt in Hofheims Stadthalle der Ausschuss für Planung, Bauen, Umwelt und Verkehr. Die Sitzung beginnt um 19 Uhr, sie ist öffentlich.

Der dritte Tagesordnungspunkt versteckt sich hinter einem Wortungetüm, dessen tiefere Bedeutung den wenigsten Menschen bekannt sein dürfte. Dabei hat es für den Stadtwald eine ganz entscheidende Bedeutung – auf Jahre hinaus, diesmal für die Zeit bis 2031:

Fortsteinrichtungswerk Titel 2011
Das Deckblatt des „alten“ Forsteinrichtungswerks, das bis 2021 galt.

Es geht um das Forsteinrichtungswerk.

Das Wort klingt erst einmal abschreckend technokratisch. Doch es sollte uns einen genauen Blick unbedingt wert sein, denn diesmal geht’s wirklich um die Zukunft des Stadtwaldes – und zugleich um seine akute Gefährdung.

Kurz zur Erklärung: Das Forsteinrichtungswerk ist das entscheidende Planungs- und Führungsinstrument für den Forstbetrieb. Es beschreibt den Zustand des Waldes wie auch die mittelfristige Planung, was im Wald wie getan werden soll und muss. So dient das Forsteinrichtungswerk als Kontrollinstrument, ob ein Wald nachhaltig und ökologisch bewirtschaftet wird. Einmal erstellt, gilt es für zehn Jahre

Hofheim hatte ein Forsteinrichtungswerk für die Jahre 2011 bis 2021. Und seither: keines mehr.

Kein Forsteinrichtungswerk – dafür gibt’s eigentlich keine nachvollziehbare Erklärung. Allenfalls: Hofem Schlofem. Wieder ein Fall von Schlafmützigkeit und Schlamperei in der Stadtverwaltung.

Das Fehlen eines Forsteinrichtungswerks muss als unverantwortlich und unverzeihlich eingestuft werden. Der Stadtwald sollte uns allen zu wichtig und zu wertvoll sein, als das damit geschludert werden dürfte.

Mit nahezu zweijähriger Verspätung soll jetzt ein neues Forsteinrichtungswerk erstellt werden. Ein Forstassessor hat dazu im Auftrag des Magistrats ein 32-seitiges Werk verfasst. Offen gesprochen wurde darüber nicht: In einem vertraulichen Arbeitskreis wurden einige Stadtverordnete über das Papier informiert, teilweise bei Videokonferenzen. Es geschah, das war der Stadtführung wohl wichtig, ausschließlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Protokolle von diesen Sitzungen existieren nicht. Das Papier, das morgen im Bau- und Planungsausschuss zur ersten Abstimmung vorgelegt wird (endgültig entscheiden muss die Stadtverordnetenversammlung), wurde – so behauptet jedenfalls der Magistrat –  „auf der Grundlage der verschiedenen Veranstaltungen“ und „entsprechend den Anregungen überarbeitet und angepasst“.

Die behördliche Geheimnistuerei sollte Anlass sein, sehr genau hinzuschauen. Dann erkennen wir auch schnell, warum der Entwurf für das Forsteinrichtungswerk 2022-2031 nur im kleinen Kreis besprochen wurde:

Ohne weitere Erklärung wurden in dem Papier die Ziele des Stadtwaldes geändert: Er soll in den nächsten Jahren dazu dienen, die klamme Stadtkasse zu füllen.

2011 hieß es noch unter „Wirtschaftsziele“: „Die Stadt Hofheim erwartet von der Bewirtschaftung des Stadtwaldes ein ausgeglichenes Betriebsergebnis.“ Das wurde damals sogar als „außerordentlich wichtig“ bezeichnet. 

Im Entwurf für die Jahre 2022 bis 2031 heißt es dagegen: „Das Betriebsergebnis ist auf eine Erzielung von Überschüssen ausgerichtet.“ Im Klartext: Kasse machen mit dem Stadtwald – das ist jetzt das Ziel unserer Stadtoberen.

Vertraulich: Stadtwald soll auf Profit getrimmt werden

Forsteinrichtungswerk 2022
Titelblatt zum Entwurf des Forsteinrichtungswerks 2022-2031.

Natürlich werden dem Stadtwald in dem Forsteinrichtungswerk auch künftig Ziele wie „Erholungswald“, „Schutzfunktion“ und „Bodenschutz“ zugebilligt. Aber jetzt plötzlich soll die Holzproduktion – das Fällen von Bäumen – eine größere Bedeutung bekommen: Überschüsse sollen erzielt werden. 

Hofheims Stadtwald wird damit eine neue Aufgabe zugewiesen: Ja, er soll weiterhin Schadstoffe aus der Luft filtern, die Landschaft kühlen, Wasser speichern und vor Erosion schützen. Aber: Er soll künftig auch als Baumplantage dienen. Geld verdienen. Rendite bringen. Die Stadtkasse füllen. 

Unser Stadtwald soll auf Profit getrimmt werden: Man kann das gut finden – man kann strikt dagegen sein. Eines kann man nicht verstehen: Warum wird so etwas nicht öffentlich besprochen?

Stadtverordnete der Grünen, der Bürger für Hofheim (BfH) und der Linken haben sich inzwischen mit dem Entwurf des Forsteinrichtungswerks  intensiv auseinandergesetzt. Sie haben jede Menge Fragen aufgelistet, die beantwortet werden sollen – vor einer Verabschiedung, selbst wenn das Forsteinrichtungswerk 2022(!) dann noch später kommt.

So weisen sie darauf hin, dass der Wald ja bereits Einnahmen generiere – dank der Bundeswaldprämie und dank Ökopunkten. Das Geld verschwinde irgendwo im städtischen Haushalt: Wo bleiben eigentlich diese Einnahmen, wollen die oppositionellen Mandatsträger wissen.

Und dann sprechen sie auch ein ganz heißes Thema an: Wenn die Stadt doch Geld mit dem Wald verdienen will – warum verzichtet sie darauf, die Jagdpacht der Jäger einzubehalten? Klar, Jäger und Landwirte sind klassische CDU-Wähler: Aber sollen deshalb jetzt Bäume sterben?

Ein anderer Knackpunkt im vorgelegten Entwurf betrifft einen Beschluss des Stadtparlaments von Ende letzten Jahres: „Die Naturschutzleitlinie 2022 des Landes Hessen für den Stadtwald soll auch im Hofheimer Stadtwald nach Möglichkeit zeitnah Anwendung finden.“ Dieser Beschluss sei im Entwurf nicht ausreichend berücksichtigt worden, sagen die Kritiker. Sie verlangen deutliche Nachbesserung.

Und nicht zuletzt drängen sie darauf, künftig mehrstufige Mischwälder aufzubauen, auch wenn damit nicht so schnell Geld zu machen ist. Laubwälder gelten als weniger anfällig gegenüber Windwürfen als Nadelwälder. Auf das Anpflanzen der Tanne solle deshalb verzichtet, als alternative Nadelbaumarten sollten Waldkiefer, Schwarzkiefer und die Europäische Lärche in Betracht gezogen werden. Der Anteil der Douglasie, eine nicht-heimische Baumart, sollte auf maximal fünf Prozent begrenzt werden (der Entwurf sieht 20 Prozent vor).

Morgen, ab 19 Uhr, wird erstmals öffentlich über Hofheims neues Forsteinrichtungswerk beraten. Hofheims Stadtverordnete müssen Farbe bekennen: Was ist ihnen unser Stadtwald wert?

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14 Kommentare

  1. Monika Müller Steinmacher

    Wieso wird in Hofheim eigentlich immer alles mögliche hinter verschlossenen Türen ausbaldovert, und die Stadtverordeten sollen das dann im Schnelldurchlauf gutheißen, ohne Zeit zu haben sich da einzulesen? War das in Hofheim schon immer so bzw unter Frau Stang/davor?

    Wir haben doch so viele Vorgaben und Regeln: Ist das regelkonform bzw gibt es nicht auch Regularien für bestimmte Veröffentlichungen bzw. Informationsvorlauffristen für die Abgeordneten im Stadtparlament ?

    20. März 2023
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  2. Ron

    Es ist doch offensichtlich, dass unser Bürgermeister von irgendwoher die Asche braucht, um die Anwalts- und Gerichtskosten aus dem Vorderheide-Chaos zu begleichen. Da muss halt der Wald herhalten. Ich bin gespannt, ob der aus der Kungelrunde um Polar-Mohr bekannte junge Stadtverordnete auch diesmal zugunsten der Stadtregierung umfällt.

    20. März 2023
    |Antworten
  3. Eberhard Schmidt

    Es ist doch auch unser Stadtwald! Deshalb muss darüber auch unbedingt mit uns Bürgern diskutiert werden. Was hier abläuft ist einfach schlechter Stil und zeugt von schlechtem Gewissen und Selbstherrlichkeit der Verantwortlichen.

    20. März 2023
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  4. Konstantin Königsfeld

    Gerade wurde im Radio veröffentlicht: Der neue Wald-Zustandsbericht zeigt, dass jeder 3.Baum als massiv beschädigt dokumentiert wurde. Jetzt hier einen solchen Forstplan aufzusetzen ist einfach nicht zu begreifen. Ich kann es einfach nicht in Worte fassen, welche „Dummheit“ und „Ignoranz“ hier an den Tag gelegt wird.
    Nochmal ganz deutlich: Die Forstwirtschaft wie sie in den letzten Dekaden betrieben wurde, macht keinen Sinn mehr. Die Verwaltung und Bestimmungsgewalt des Forstes sollte in andere Zuständigkeit gelegt werden, und nicht von Menschen beregelt werden, die „NULL“ Ahnung haben. Die aktuelle Politführung in Hofheim ist wirklich, wirklich ein absolutes Desaster.

    21. März 2023
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  5. Schlofheimer

    Erschreckend, wie die Politik im Verborgenem aus finanziellen Gründen unseren eh schon geschädigten Wald weiter ausdünnen möchte.
    Sollten wir nicht eher noch Geld in die Hand nehmen, um den Wald zu stärken, anstatt damit die Kassen zu füllen?
    Sorry, da macht unser Herr Bürgermeister seiner Partei alle Ehre.
    Profit steht an erster Stelle…

    21. März 2023
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  6. Hebling

    Waldfunktion …. für umsonst zu haben?

    1. Bäume produzieren die Luft, die wir atmen
    2. Der Wald bietet Tieren eine Lebensgrundlage
    3. Der Wald gilt als Lebensraum vieler Pflanzen
    4. Wälder schenken dem Menschen nützliche Ressourcen
    5. Der Wald speichert Kohlenstoff und reguliert das Klima
    6. Der Wald schützt uns vor zu viel Sonne und Hitze
    7. Der Wald ist wichtig für eine reine Luft
    8. Wälder halten das Grundwasser sauber
    9. Der Wald schützt vor Hochwasser
    10. Er schützt vor Erosion und weiteren Umweltrisiken
    11. Der Wald entspannt unsere Sinne und macht gesund – nachweislich
    12. Der Wald filtert Lärm

    In den Stadtwald zu investieren gilt es…für das Gemeinwohl im Ballungsgebiet. In vielen Städten geht der Trend zur Aufpflanzung von *Tiny-Forests*; Hofheim hat einen *Big-Forest* … das ist ein großes Privileg, und wertschätzend sollte der Umgang sein.

    22. März 2023
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    • Hebling

      Natuerlich kann der Wald Deckungsbeiträge erwirtschaften … aber in der Lage jetzt wird eine monetäre Gewinnerzielungsabsicht eher schwierig. Unsere Wälder in der Gegend werden vom Wirtschaftswald weg hin zum Stadtwald umgebaut werden müssen. Der Gewinn liegt in der Ökosystemleistung und zahlt bei Volkswirtschaftskosten rund um den Klimawandel mindernd aus.

      Ein Stadtwald ist oft die größte und wirkungsvollste urbane Grünanlage… und es wird vermehrten Betriebsaufwand geben, um die umweltpolitische Ziele zu erreichen und andere kommunale Eingriffe in den Naturhaushalt annähernd abzupuffern: Serverfarmen, Baugebiete, Versiegelung, fossiler Energieeinsatz uvm.

      22. März 2023
      |Antworten
  7. Wilhelm Schultze

    Ich kann Ihnen nur abermals empfehlen, sich die Beschlusslage anzuschauen, bevor Sie weiter gegen mich hetzen

    23. März 2023
    |Antworten
      • Wilhelm Schultze

        Sollte als Antwort an Ron Graf raus, hat scheinbar nicht geklappt 😅

        23. März 2023
        |Antworten
        • Hebling

          Dankeschoen.
          Ich denke bei einem Waldspaziergang würden wir uns irgendwie gut verstehen.

          23. März 2023
          |Antworten
          • Wilhelm Schultze

            Schreiben Sie mir gerne

            27. März 2023

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