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Bernd Sangmeister: Im Lockdown zurück zur Musik gefunden

Gepostet in Allgemein

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Es ist in diesen Zeiten der Pandemie kein schlechter Plan, für sich etwas zu finden, das einem selbst Freude bereitet:

Die einen entdecken sportliche Aktivitäten, um ihre Gedanken und Empfindungen zu sortieren und zur Ruhe kommen zu lassen.

Manche finden Freude im Fotografieren. Intuitiv erkennen sie, dass es gut tut, Szenen des Alltags festzuhalten, mit denen positive Empfindungen verbunden sind.

Andere beginnen zu schreiben, ein Tagebuch reicht ja schon. Wer seine Gefühle auf Papier bringt, kann die eigenen Emotionen besser steuern und Erlebnisse verarbeiten. 

Und wieder andere finden Glück und Zufriedenheit in der Musik. Womit wir bei Bernd Sangmeister sind. Ein Hofheimer, der Krifteler wurde. Und der in den schlimmsten Stunden der Pandemie, als ein strenger Lockdown das Land lahmlegte, zu „seiner“ Musik zurückfand – zu selbst komponierter Musik mit selbst geschriebenen Texten.

20220127 millionaer songbook
Das CD-Cover zeigt die drei Musiker in einer Marxheimer Gaststätte.

Das Ergebnis lässt sich nicht nur hören, sondern jetzt auch anfassen, lesen und angucken: Sangmeister hat seine Songs mit zwei befreundeten Profi-Musikern in einem Studio aufgenommen und in eine CD pressen lassen. „Millionär“ steht in leicht verschnörkelten Lettern vorne auf dem Booklet. Das Foto dazu – die drei Musiker in einer Kneipe, Spielkarten in der Hand, Schnapsgläser auf dem Tisch, im Hintergrund ein Daddelautomat – lässt erahnen: Hier geht’s kaum um gefühlige Kuschelsongs.

„Handgemacht, sympathisch-schrammelig, darüber bildreiche deutsche Texte“: So hat ein Freund die Musik von Bernd Sangmeister beschrieben. Die CD stünde im Plattenregal  bei „Singer & Songwriter national“. Die Lieder, in den letzten zehn Jahren entstanden, erzählten von Erlebtem, Erdachtem, erhebenden und nachdenklichen Momenten.

Steh ganz ruhig und komm doch voran
Spür ganz genau, wie
s gehn kann
Seh Dich an, ohne hinzuschaun
Ich bin stark, Du kannst auf mich baun  

Ich bin Millionär an Momenten
bin so reich an Bildern und Talenten
Ich bin Millionär an Momenten
fühl mich frei von Schwerkraft, allen Grenzen.

aus dem Song „Millionär“

„Ich bin eigentlich ein echter Corona-Gewinner“, sagt Sangmeister, es klingt nicht abgehoben, eher bedacht und resümierend: „Ohne die Pandemie hätte ich die CD niemals aufgenommen.“

Bernd Sangmeister
Bernd Sangmeister mit seiner Gitarre im Studio.

In Hofheim kennt „man“ den Mann. Sangmeister war Mitbegründer der Erfolgsagentur „Hauptsache Kommunikation“, die ihren Sitz anfangs in einem 300 Jahre alten Gemäuer im Zentrum der Altstadt hatte (an der Ecke Hauptstraße/Am Untertor). Vor gut zehn Jahren wurden neue Büros in der Nähe des Landratsamtes bezogen.

Es war Sangmeisters zweite Agentur: Zuvor hatte er ein ähnliches Unternehmen in Schwalbach mit aufgebaut, hatte dann aber seine Anteile verkauft und eine zeitlang als Freelancer gearbeitet. 2009 tat er sich mit Holger Leibmann und Oliver Zils zusammen und wagte in der Kreisstadt einen Neustart. Die Zahl der Kunden stieg schnell, immer mehr Mitarbeiter wurden angestellt, internationales Business meldete sich – es lief einfach gut.

Die drei Agentur-Inhaber verband mehr als die Arbeit. Sie machten gemeinsam Musik, gaben sich den Kunstnamen „Oswald Flip”, traten als Coverband bei Festen und Festivals auf und später auch mit eigenen Songs. Oliver Zils hat seinerzeit die Musikrichtung mit bildstarken Worten so beschrieben: „Hier zengelt die Akustische, dort sehnsüchtelt das Keyboard in Orgelsounds. Im Maschinenraum pumpen Bass & Drums. Und die Stromgitarre sägt dazwischen, bevor es zu schmusig wird.“

„Es war wirklich fantastisch“, sag Sangmeister heute, „eine erfolgreiche, eine gute Zeit“. Trotzdem: 2015 hörte „Oswald Flip“ auf. „Kein krachender Schlussakkord, sondern eher ein leicht verkacktes Ende, wie es in unserem Programm gar nicht mal so häufig vorkam“, lauteten die ehrlichen Abschiedsworte der Musiker an ihre Fans.

Nur ein Jahr später stieg Sangmeister auch bei der Werbeagentur aus. „Ich spürte, es war nicht mehr mein Ding.“

Du hörst was von Konsequenz und so
von Chancen und Potenzial
von Förderung, Ehrgeiz und Stimulation
aber irgendwie ist’s Dir egal

Wildrosen blühn selten im Garten
und niemals in Reservaten
zu hungrig zum Düngen
zum Züchten zu wild
aber frei und schön und stolz.

aus dem Song „Wildrosen“

Einmal mehr musste sich der Mann neu erfinden. Der gebürtige Lorsbacher, Jahrgang 1969, war in Hofheim zur Schule gegangen, hatte 1988 das Abitur gemacht und dann Elektrotechnik studiert. Schon in jungen Jahren lernte er Klavier zu spielen, hörte irgendwann Bob Dylan und fand, wie er heute sagt, Gitarre spielen sei cooler. Er schrieb erste eigene Songs, machte mit in Schulbands

Bernd Sangmeister – jetzt endlich angekommen

So richtig klar erkennbar war nicht, was der junge Mann mal machen wollte. Er studierte Elektrotechnik, „das erschien mir ein guter Kompromiss zwischen was Gescheitem und der Musik“. Mit diesem Knowhow konnte er als Toningenieur auf Konzerten und Veranstaltungen aller Art arbeiten. Es war der erwünschte Mix aus Musik und Technik, aber auch viel Arbeit für wenig Geld: nicht gerade die Erfüllung. Also: Aufhören!

Er machte mit Freundin Nenni eine lange Reise, erst mit der transibirischen Eisenbahn Richtung Osten, dann Hongkong, Indonesien. Eigentlich hatten sie vor, länger zu bleiben. Aber dann quälte das Heimweh nach Hofheim. Im Rückspiegel, bis heute sichtbar: Glücksmomente, fürs ganze Leben konserviert.

Es folgten die beiden Agentur-Gründungen, Zwischendurch, 2003, die Heirat mit Nenni, ein Jahr später die erste Tochter, ein Jahr später die zweite, inzwischen sind’s drei Mädchen. In Kriftel ein Häuschen entdeckt und eingezogen. Und angekommen.

Sangmeister hat längst wieder einen neuen Weg für sich gefunden. Er arbeitet jetzt als IT- und Kommunikationsberater, sein Wissen ist gefragt, er hat Banken, Energieversorger und Maschinenbauer als Kunden gewinnen können.

So könnte es eigentlich immer weitergehen, mit all den Hoffnungen, Zweifeln, mit den ewigen Sehnsüchten, den Fragen und dem Suchen nach Antworten

Ich hab Wein in Wasser verwandelt
Licht in gelbe Säcke geschaufelt
Leisten gebrochen, bei denen ich
besser geblieben wär

Ich hab Drachen getötet und steigen lassen
Seifenkosten ausgewaschen 
und woran ich mich festhalt
ist nichts als eine Faust voller Sand

aus dem Song „Faust voller Sand“

Doch da war noch etwas. Hielt sich im Dickicht der vergangenen Jahre verborgen, kam erst wieder hervor, als aller Weltenlauf von einem winzigen Virus jäh gestoppt wurde:

Die Musik, die Lust am Komponieren und Texte schreiben – im Lockdown meldete sich die alte Leidenschaft zurück. „Ich habe mich langsam wieder herangetastet“, sagt Sangmeister. Er gab Solo-Sofakonzerte und streamte sie ins internet. Er spielte mit einem Freund auf dem Balkon, die Nachbarn hatten ihren Spaß.

Dann rief Volker Schmidt an, ein Profi-Schlagzeuger, der in Frankfurt lebt und mit dem er früher in einer Band gespielt hatte. Corona hatte alle seine Engagements geblockt. Was nun?

Dann meldete sich Dennis Bergmann, ein Profi-Bassist. Auch ihn hatte die Pandemie stumm werden lassen. Was tun?

20220127 Volker Schmidt
Am Schlagzeug: Volker Schmidt.
20220127 Dennis Bergmann

Die drei trafen sich und begannen zu spielen. Sangmeister-Songs. Sehr persönliche Lieder, „bei denen ich jedes Wort auch so meine, wie ich es singe“. Wie der Song für seine älteste Tochter, „die manchmal vergisst, dass sie die Größte ist“:

Und ich weiß, irgendwann
muss ich sie loslassen, die Hand
von der ich nicht sicher sagen kann
ob ich es war, der sie festgehalten hat
oder der sie brauchte,
für ein kleines bisschen Halt

Und jetzt geh raus, fang an zu fliegen
fall auf die Schnauze, überschlag Dich dabei
lern zu verliern und lern zu siegen
solang ich leb, hast du nen Airbag dabei

aus dem Song „Airbag“

Das erste Festival schickte schon eine Einladung

Die Musiker spielten im Keller, „es passte einfach alles zusammen“, dann gingen sie in das db-Tonstudio von Dirk Buro in Hofheim. „Wir hatten es für sechs Tage gemietet, daraus wurden dann doch zehn. Aber am Ende war das Album da.“

500 silberglänzende Scheiben gepresst. Fotos gemacht in der Marxheimer Gaststätte Rappel. Das Booklet designt und die Begleittexte formuliert.

Finale kurioso: Endlich am Ziel, mit einem Schlusswort an Nenni („Danke, dass Du mir hilfst, meine Träume zu verwirklichen – und für Deine Liebe“), liegen jetzt 500 CDs im Keller seines Krifteler Hauses.

Was geschieht damit?

Sangmeister lacht: „Ich habe die Streaming-Welle völlig unterschätzt!“ Musik hörten die meisten Menschen ja heutzutage übers Internet, weshalb die Songs vom „Sangmeister-Trio“ selbstverständlich auch bei den bekannten Streaming-Diensten zu finden seien. Die CDs würde er dennoch gerne unters Volk bringen: Demnächst gebe es ja wieder Konzerte. Dann werde vielleicht der eine oder andere Zuhörer eine bleibende Erinnerung an schöne Momente mitnehmen wollen…

Du bist mein Freund
und ich freu mich, Dich zu sehn
lass uns den Nachmittag
versaufen und danach was unternehm

Du bist mein Baum
der nicht umfällt, wenns mal weht
komm, wir ziehen durch die Straßen
wir wissen beide, wie das geht

Gib mir Seelenfutter – nichts von dem Scheiß
den man für Geld verkauft
Seelenfutter – Du bekommst mehr
als Du brauchst
Gib mir Seelenfutter – nichts von dem Zeug
das Du kaufen kannst
Seelenfutter – Du bekommst mehr
als Du verlangst.

aus: Seelenfutter

Letzte Meldung: Bernd Sangmeister schickt eine E-Mail. „Ich habe gerade eine Zusage für ein schönes Festival im Sommer bekommen.“

Seelenfutter – das gibt’s also wirklich!

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Für mehr Infos:

Zur Webseite des „Sangmeister-Trio“ geht’s hier, die Konzerttermine finden Sie hier.

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