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Hofheim gerettet! Die Pinkelpause-Millionen sind wieder da

Gepostet in Allgemein

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Es war eine der teuersten Pinkelpausen – nun, wir wollen keinesfalls übertreiben, aber wenn wir sagen: „weltweit“, dürften wir kaum daneben liegen. Und „aller Zeiten“ dürfen wir sicher auch noch hinzufügen:

Rund sechs Millionen Euro verschwanden aus dem Hofheimer Haushaltsplan, weil ein CDU-Lokalpolitiker kurz ausgetreten war. Der Hofheim/Kriftel-Newsletter hatte exklusiv darüber berichtet, im Stadtparlament gab’s daraufhin tumultartige Szenen. Ende letzten Jahres war’s passiert, nachzulesen hier.

Jetzt ist das Geld wieder da. Zugleich erweisen sich viele wohltönende Worte unserer Lokalpolitiker als Schall und Rauch. Und viele Kinder und Eltern werden auf lange Zeit benachteiligt bleiben.

Wir erleben: Lokalpolitik made in Hofheim.

Schnelle Rückbende: Im Dezember letzten Jahres hatte die Opposition im Stadtparlament sechs Millionen Euro beantragt, verteilt auf die nächsten Jahren. Bekanntlich fehlen hunderte Kita-Plätze in der Stadt, der Magistrat kriegt’s seit Jahr und Tag nicht hin, das Problem auch nur ansatzweise zu lösen.

SPD, Grüne und Bürger für Hofheim und Linke wollten das nicht länger hinnehmen. Deshalb sollte Geld fließen. In Strömen.

Die CDU/FDP/FWG war voll dagegen, aber ach: Einer ihrer Mandatsträger war vor die Tür getreten, ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als die Abstimmung bevorstand. Es war nur kurz, aber plötzlich hatte die Opposition eine Stimme mehr – schwups: schon war die Mio-Ausgabe genehmigt.

Riesenaufregung!

Die CDU zwiegespalten. Fraktionsvorsitzender Alexander Kurz tobte derwischartig durch den Parlamentssaal und warf der Opposition „Blendwerk“, „aberwitzige Anträge“ und „ungezügelte Spendierlaune“ vor.

CDU-Bürgermeister Christian Vogt war erst geplättet, machte dann aber eine Kehrtwende – und zeigte sich hocherfreut über die Möglichkeit, Millionen ausgeben zu können. In seinem wöchentlichen Gute-Laune-Video „Freitagsblick“ feierte er den Haushalt 2023 als „gut“ und „finanziell solide“, das Zahlenwerk stelle die richtigen Stellschrauben, „vor allem und was ganz wichtig ist: beim Kita-Bau“. Die Stadtverordneten hätten der Verwaltung Millionen „zur Verfügung gestellt, da werden wir in den nächsten Jahren dann auch genug Finanzmittel zur Verfügung haben, dass wir dann so richtig in die Umsetzung gehen“.

So also sprach Hofheims Rathauschef, doch offenbar hatte ihn das viele Geld geblendet: Ein finanziell solider Haushalt sieht nämlich ziemlich anders aus. Das befand auch die zuständige Aufsichtsbehörde im Landratsamt, die jeden kommunalen Etat prüfen muss. Sie schickte Vogt unlängst ein Schreiben, wonach sein Zahlenwerk nicht genehmigungsfähig sei. Begründung: Zu hohe Geldausgaben in den nächsten Jahren.

Eine solche Ablehnung stellt für eine Kommune ein echtes Problem dar: Ohne Haushalt ist sie wie festgetackert, kann nicht mehr viel machen. Der Geldhahn ist zugedreht.

Heißt für Hofheim: Eine Lösung musste her. Und zwar schnellstens!

Pinkelpause ist nur noch Mini-Episode der Stadtgeschichte

Als vorige Tage der Haupt-und Finanzausschuss tagte, trug Bürgermeister Vogt das Thema mit leicht melodramatischer Stimmlage vor. Und nahezu flehentlich bat er um eine Korrektur des von ihm so gelobten Millionen-Beschlusses.

Da saßen dann unsere Stadtverordneten im großen Rund‘ und nickten verständnisvoll. Selbst die Mandatsträger, die das viele Geld durchgesetzt hatten als vorgeblich letztes Mittel gegen drückenden Kita-Mangel und wachsenden Eltern-Frust, also selbst die Opposition zeigte sich zum Verzicht bereit. Und fanden, natürlich, wohlfeile Worte, warum man die vielen Millionen eigentlich gar nicht braucht.

Bürgermeister Vogt erinnerte daran, dass das Budget der letzten Jahre nicht ausgeschöpft worden sei, man deshalb gewaltige Haushaltsreste mit sich schleppe – und also immer noch genügend Geld im Haushalt habe (was kein Wunder ist: Es wurde schließlich nichts ausgegeben, um das Kita-Problem zu lösen).

Die SPD zeigte sich anschmiegsam, es war fast wie früher, als sie mit der CDU in einer großen Koalition händchenhaltend Stadtpolitik machte: Es sei wirklich Geld genug vorhanden, befand Aaron Kowacs, und ein genehmigungsfähiger Haushalt sei schließlich auch wichtig. Vor gerade mal drei Monaten hatte der junge Parteichef noch ganz anders gesprochen: Millionen müssten her – denn wer mehr Betreuungsplätze wolle, der müsse auch das Geld dafür einstellen. Das war im Dezember: Schon vergessen?

Die Grünen mäkelten ein bisschen: Der letzte Haushalt sei viel zu kurzfristig eingebracht worden, so passierten halt Fehler, das müsse sich ändern. Die Schelte in Richtung Stadtverwaltung milderte Fraktionschef Daniel Philipp umgehend mit einer Prise Selbstkritik ab: Wenn man künftig Änderungsanträge einbringe und damit zusätzliche Kosten verursache, solle man gefälligst sagen, wo man Geld einsparen wollen. Das sollte eigentlich parlamentarisches Grundwissen sein, wird aber immer wieder gerne vergessen: Die Sechs-Mio-Ausgabe hatte die Opposition „on top“ durchgesetzt – ganz ohne Einsparungsvorschläge.

Die Linken mäkelten, dass bei Streichung der Millionen der Kita-Ausbau dann auch endlich vorangetrieben werden müsse. Barbara Grassel verkörpert zunehmend die Rolle der besorgten Mutter dieser Stadtgesellschaft: Bei jeder sich bietenden Gelegenheit fightet sie für mehr Kita-Plätze. Genauso oft scheitert sie an den Herren im Rathaus, die das Problem schleifen lassen, seit Monaten, ach was, seit Jahren schon. Die Behäbigkeit der behördlichen Führungsriege lässt denn auch eine Besserung kaum erwarten – ob mit oder ohne zusätzliche Millionen.

Am Ende wurde beschlossen: Die eingeplanten Millionen sollen zurückgenommen werden. Nächste Woche muss die Stadtverordnetenversammlung darüber entscheiden, aber das ist nur noch Formsache. Danach dürfte Hofheim den Etat 2023 auch genehmigt kriegen.

Und danach ist die teuerste Pinkelpause ever ever nur noch eine Mini-Episode im großen Buch der Stadtgeschichte.

War schließlich nur ein Austreten, ganz kurz.

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4 Kommentare

  1. Doppelwümmschen

    Wenn ein Kämmerer seinen Haushalt nicht genehmigt bekommt, ist es ist eine schallende Ohrfeige. Normalerweise würde er dafür vom Bürgermeister im übertragenen Sinne den Hintern versohlt bekommen. Im Fall unserer gemütlichen kleinen Stadt Schlofheim müsste der Bürgermeister sich selbst die Ohren lang ziehen. Denn er ist ja gleichzeitig Bürgermeister und Finanzminister.
    Vielleicht hat er aber auch bewusst nach der Ohrfeige gefragt: es ist doch ganz praktisch, dass die kommunale Aufsicht und er Mitglied in der gleichen Partei sind. Man kennt sich, man hilft sich. Wenn das der Weg war, um das Geld für die Kitas zu verhindern und mit dem Zeigefinger auf jemand anderes zeigen zu können?

    25. März 2023
    |Antworten
    • Michael Franz

      Ihr Kommentar zeugt leider von hoher Unkenntnis der Kommunalpolitik: Der Bürgermeister hat einen genehmigungsfähigen Haushalt vorgelegt.

      Die Stadtverordneten der Opposition haben auf Antrag der SPD den Haushaltsentwurf derart verändert, dass er nicht mehr genehmigungsfähig war.

      Die Ohrfeige, wenn man sich überhaupt solcher Sprache bedienen muss, gebührt also der SPD.

      27. März 2023
      |Antworten
      • Thomas Ruhmöller

        Also wenn der Bürgermeister einen genehmigungsfähigen Haushalt vorgelegt hätte: Warum hätte ihn der Kreis dann nicht genehmigt? In Kenntnis der Kommunalpolitik – es war ein bisschen anders: Der Bürgermeister hat einen Entwurf vorgelegt, und der wurde – was völlig normal ist – von allen Fraktionen kritisch begutachtet und hier und da auch geändert. Wenn Sie meinen Bericht genau gelesen hätten, dann wüssten Sie: Kurz darauf ist der Bürgermeister hingegangen und hat diesen (geänderten) Entwurf öffentlich gelobt: Das Zahlenwerk sei gut und finanziell solide und stelle die richtigen Stellschrauben… Indirekt lobte er damit u.a. auch die SPD.

        27. März 2023
        |Antworten
        • Malwasanderes

          hier und da auch geändert ist recht verniedlichend. Waren es nicht 5 Mio. zusätzlich?

          27. März 2023
          |Antworten

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