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Von schrägen Deals, einer Frauen-Offensive und neuen Altstadt-Plänen

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Kleine Polit-Geschichten aus der großen Kreisstadt Hofheim. An ihnen lässt sich oftmals besser ablesen als an großen Millionen-Projekten, wie’s um das Miteinander in unserem überschaubaren Gemeinwesen wirklich steht: Ob die politischen Spitzenkräfte die Bürger mit ihren Sorgen und Anliegen wirklich ernst nehmen – oder sich lieber selbst in Szene setzen. Ob die Verwaltung ehrlich am Gedeihen der Stadt mitwirkt – oder eher ureigene Interessen verfolgt. Urteilen Sie selbst…

Ein ganzer Ortsteil leidet – und die Chefs im Rathaus schauen weg

Die Stadtverordnete Barbara Grassel von den Linken hat eine Frage an den Magistrat geschickt, und wie unter einem Brennglas wird die Arbeitsweise im Rathaus erkennbar:

Im März hatte Hofheims Stadtparlament einstimmig (!) beschlossen, für Lorsbach eine Standortanalyse erstellen zu lassen: Die infrastrukturellen Probleme in dem Dorf sollten herausgearbeitet und Lösungsansätze entwickelt werden. Einzubinden seien, so wurde festgelegt, die Lorsbacher Bürger, die Vereine, der Ortsbeirat sowie u.a. die Hofheimer Lokale Agenda, der ADFC, die Deutsche Bahn, Hessen Mobil

Lorsbach leidet bekanntlich seit Jahren: Kita-Notstand, schlechte Bahnverbindungen, darbende Geschäftswelt… Als dann auch noch die Straße nach Hofheim für lange Zeit voll gesperrt wurde, wollten die Stadtverordneten den geplagten Dörflern signalisieren: Wir sind an eurer Seite – wir werden euch beistehen! Sie gaben die Ortsteil-Analyse beim Magistrat in Auftrag, wobei sie, um den guten Willen zu unterstreichen, extra ein kleines Wörtchen in den Beschluss aufnahmen: Die Standortanalyse sollte „zeitnah“ erstellt werden.

Heute sehen wir, wie die verbeamteten Chefs im Rathaus mit Entscheidungen der gewählten Bürgervertreter umgehen:

Der Beschluss wurde, wie gesagt, im März dieses Jahres gefasst. Jetzt geht das Jahr zu Ende. Von einer Standortanalyse haben die Lorsbacher nie wieder etwas gehört. Die unermüdliche Frau Grassel hat deshalb vorige Tage eine Anfrage an den Magistrat geschickt: „Was ist seither zur Umsetzung dieses Beschlusses geschehen?“ 

Auf eine Antwort, möglichst zeitnah, sind wir gespannt.

Hofheim-Pass: Parlaments-Beschluss wird seit zwei Jahren missachtet

Geht’s noch schlimmer? Aber hallo! Hofheims Stadtverwaltung ist sich für nichts zu schlecht! Am 1. Dezember 2021 – also vor genau zwei Jahren – beschlossen die Stadtverordneten: Der „Hofheim-Pass“, der Bürgern mit geringem Einkommen ermäßigten Eintritt zu kommunalen Einrichtungen ermöglicht, soll erweitert werden. Pass-Inhaber sollen für Fahrten mit dem MTV-Shuttle „Colibri“ über den RMV-Tarif hinaus keine Zuzahlungen leisten müssen.

Viele Monate später fragten die Linken nach, was aus dem einstimmigen(!) Beschluss geworden sei. Sie bekamen im November 2022 die Antwort: „Der neu überarbeite Flyer und der Hofheim-Pass werden voraussichtlich Ende dieses Jahres erscheinen.“

Ende des Jahres? Das wäre 2022 gewesen…

Und wieder gingen viele, sogar sehr viele Monate ins Land. Im Oktober dieses Jahres teilte der Magistrat mit, der überarbeitete Flyer für den Hofheim-Pass sei fertig.

Doch den „Colibri“ hatte man wohl vergessen: Dieses Angebot werde in dem Flyer nicht erwähnt, stellte Barbara Grassel letztens fest. Und fragte ein weiteres Mal nach: Weshalb wurde der einstimmige Parlaments-Beschluss nicht umgesetzt?

Auch hier: Auf diese Antwort der Stadtspitze sind wir gespannt.

Nachtrag:

Für den Sozialausschuss, der am Montag tagt (4. Dezember, 19 Uhr, Stadthalle) hat die Stadtverwaltung Informationen rund um den Hofheim-Pass zusammengestellt. Der „Colibri“ wird darin nicht erwähnt.

In dem Magistratspapier heißt es auch: „Der neu überarbeitete Flyer ist inhaltlich fertiggestellt“ und im Bürgerbüro erhältlich. Das kann so nicht stimmen:

Im Bürgerbüro war der Flyer an diesem Donnerstag nicht zu bekommen. Die netten Damen suchten längere Zeit, fanden aber nur ein veraltetes Exemplar („Das ist nicht mehr aktuell“) und verwiesen aufs Internet: „Aber auch dort sind die Angaben leider veraltet.“

Merkwürdiger Deal: Stadt will ihr eigenes Haus an sich selbst verkaufen

Händeringend sucht die Stadt nach Wohnraum für Flüchtlinge. Gleichzeitig lässt die kommunale Wohnungsbaugesellschaft HWB mindestens ein Mehrfamilienhaus leer stehen. Jetzt muss das Objekt auch noch für einen merkwürdiger Deal herhalten:

Die HWB will das Haus Neugasse 46 (4 Wohnungen, 500 Quadratmeter Grundstück) verkaufen: Das Objekt, so heißt es in einem Verwaltungspapier, dürfe „nicht in Privatbesitz gelangen, damit bezahlbarer Wohnraum erhalten bleibt“. Deshalb solle die Stadt es kaufen – für schlappe 400.000 Euro, was deutlich unter dem aktuellen Bodenrichtwert liegt.

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Dieses Mehrfamilienhaus an der Neugasse will die HWB an die Stadt verkaufen.

Merkwürdig ist das Geschäft deshalb, weil die Stadt zu 100 Prozent Eigentümerin der HWB ist. Sie würde also ihr eigenes Haus kaufen. Dabei könnte die Stadt über den Aufsichtsrat (Vorsitzender: Bürgermeister Christian Vogt) veranlassen, dass die HWB das Haus herrichtet und für Flüchtlinge an die Stadt vermietet.

Über den Verkauf wird am kommenden Mittwoch, 6. Dezember, im Haupt- und Finanzausschuss beraten. Vor einer Entscheidung werden die Stadtverordneten hoffentlich dem Magistrat klärende Antworten abverlangen. Und zwar umfassende. Und ehrliche, bitte.

CDU-Bürgermeister entdeckt sein Herz für Frauen

CDU-Bürgermeister Christian Vogt ist um sein Image bei den Frauen besorgt, völlig zu recht. Es hat sich herumgesprochen, dass Frauen in seinem CDU-Stadtverband so gut wie nichts zu melden haben. Jüngst gab er das Amt als Parteichef ab und ließ eine neue Führung wählen. 16 Männer gehören jetzt dem Vorstand an. Und zwei Frauen (hier).

Überraschend macht sich Vogt jetzt für Frauen stark. Kleine Einschränlung: Künstlerinnen müssen sie sein, und sie dürfen nicht mehr leben. Dann, teilte er jüngst mit, wolle er Straßen nach ihnen benennen.

Ist ja mal eine nette Idee! Aktuell ist von den rund fünfhundert Straßen in der Kreisstadt fast jede zehnte nach einem Mann benannt – von Adalbert Stifter bis Wilhelm Leuschner. Frauennamen auf Straßenschildern gibt’s dagegen, selbst wenn wir Vornamen-Straßennamen wie Elisabethenstraße mitzählen, keine Handvoll. Also nicht mal jede Hundertste.

Vogt’s Gleichberechtigungs-Offensive sieht so aus: Die Straßen in dem Wohngebiet, das auf dem Polar-Mohr-Gelände entlang der Hattersheimer Straße entstehen soll, sollen nach Hofheimer Künstlerinnen benannt werden.

Das ist ein Plan, dem man nur zustimmen kann. Allerdings auch hier wieder: Fettnäpfchen! Vogt verkündete seinen Vorschlag, ohne ihn mit den Stadtverordneten abgestimmt zu haben. Die ersten mokierten sich schon: Nichts gegen Frauennamen auf Straßenschildern – aber solche Entscheidungen trifft noch immer die Stadtverordnetenversammlung.

Innerhalb der CDU ist übrigens keine Besserung in Sicht: Der neue Vorsitzende, ein Bankangestellter, gilt als gehorsamer Adlatus Vogts. Auf die Frage, ob er sich für Gleichberechtigung der Frauen im CDU-Stadtverband stark machen wolle, reagierte er erst gar nicht.

Das ist natürlich auch eine Antwort.

Neues Projekt für die Altstadt: Jetzt kommt der „Oversize-Spielplatz“

Auch das noch: Die Stadt Hofheim hat wieder einen Preis gewonnen. Die Nachricht wurde von der Rathaus-Pressestelle nicht, wie sonst üblich, mit einer Pressemeldung und einem Bürgermeister-Foto flächendeckend verbreitet – aus gutem Grund:

Die Stadtverwaltung hatte am Landeswettbewerb „Meine Stadt, mein Spielfeld“ teilgenommen: 13.500 Euro gab’s als Zuschuss zu einer Idee, die man sich im Rathaus – erneut ohne Einbeziehung der Bürgerschaft – ausgedacht hatte. Überschrift: „Spielplatz Historische Altstadt: Hofheim – Spiel und Platz – mal anders“. Und etwas ausführlicher: „Im Fokus steht ein begehbarer Oversize-Spielplatz in der Altstadt (Pop Up) mit Gesellschaftsspielen in Übergröße, Spielwiesen, Spielmobilen, Lichtspielen und Kunstinstallationen.“

Oversize heißt Übergröße. Was bitte ist ein Oversize-Spielplatz? Selbst Google ist ahnungslos. Soll ein übergroßer Spielplatz mitten in Hofheim entstehen? Was kommt da auf die historische Altstadt wieder zu?

Vielleicht ist die Rathaus-Idee ja diesmal akzeptabel. Aber warum dann wieder diese Geheimnistuerei? Warum wird die Öffentlichkeit nicht umfassend informiert?

Der Grund für die ungewohnte Zurückhaltung lässt sich nur erahnen: Man will sich nicht schon wieder von den Stadtverordneten ein undurchdachtes Projekt kaputt machen lassen – wie es mit dem City Tree passiert ist und bald den geplanten Riesenschirmen drohen könnte. 

Riesenschirme in der Altstadt: Die ersten Stadtverordneten gehen auf Distanz

Der Bericht im Hofheim/Kriftel-Newsletter über die geplanten Riesenschirme auf dem Untertorplatz hat die Stadtverordneten aufgeschreckt: Für die monströsen Trichterschirme, die aufgrund ihrer Form kaum vor Sonne und Regen schützen können, hat das Land zwar einen Zuschuss in Höhe von 160.000 Euro bewilligt. Aber womöglich werden sie noch teurer:

Welche Kosten kommen auf die Stadt zu – bei der Planung, bei der Anschaffung und später bei der Pflege und Unterhaltung?

Aktuell weiß das keiner.

Frau
Ein Riesenschirm mitten in der Altstadt: Das groß angekündigte Projekt ist ins Wanken geraten.

Als der Hauptausschuss in dieser Woche tagte, forderte Barbara Grassel von den Linken, die Gelder komplett aus dem Haushaltsplan zu streichen – im Klartext: das Projekt zu stoppen. Die „Bürger für Hofheim“ verlangten einen Sperrvermerk: Es dürfe kein weiteres Geld ausgegeben werden, bis die Stadtverordnetenversammlung darüber gesprochen und entschieden habe.

Am nächsten Mittwoch, 6. November, tagt der Haupt- und Finanzausschuss (ab 19 Uhr, Stadthalle) noch einmal: Dann fällt eine Vorentscheidung zum neuen Haushaltsplan. Vorher will man darüber sprechen, wie man mit den Riesenschirmen – und all dem vielen Geld dafür – weiterverfahren will.

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