Jetzt ist es heraus: Das Sparprogramm in den Varisano-Kliniken wird für das Hofheimer Krankenhaus dramatisch! Schlimmste Befürchtungen werden wahr: Zwei wichtige Abteilungen werden komplett geschlossen, außerdem sollen im Konzern über 300 Stellen abgebaut werden. Erste Einzelheiten des Krankenhaus-Umbaus wurden heute vorgestellt, und es ist kein Ende in Sicht: Weitere Einsparmaßnahmen wurden ausdrücklich nicht ausgeschlossen.
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UPDATE im Dezember 2024: Kliniken bestätigen Schließung der Notaufnahme zum 31. Dezember 2024.
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Die Varisano-Geschäftsführung und der Aufsichtsrat der Kliniken haben an diesem Freitag das lang erwartete “Restrukturierungskonzept” vorgestellt. Bekanntlich verursachen die drei Kliniken in Hofheim, Bad Soden und Frankfurt-Höchst ein Defizit in Millionenhöhe, das vom Main-Taunus-Kreis und von der Stadt Frankfurt ausgeglichen werden muss. So kann’s angeblich nicht weitergehen: Jetzt soll gespart werden.
Für das Krankenhaus Hofheim heißt das konkret:
Die Zentrale Notaufnahme wird, wie befürchtet, geschlossen: Patienten mit akuten medizinischen Problemen müssen dann künftig weite Wege fahren. In einer Mitteilung der Kliniken heißt es beschwichtigend: “Die qualifizierte Versorgung von Notfallpatienten übernehmen die Notaufnahmen in den wenige Kilometer entfernten Schwesterkrankenhäusern Bad Soden und Frankfurt-Höchst.” Der angehängte Nachsatz “…um auch weiterhin eine gute Notfallversorgung in der Region sicherzustellen” ist sicher als Beruhigungspille für besorgte Bürger zu werten.
Auch die Klinik für Pneumologie (Lungenheilkunde) mit dem neuen Chefarzt Dr. Gerasimos Varelis – Nachfolger des allseits geschätzten Dr. Thomas Müller – wird aus Hofheim abgezogen: Sie siedelt wie erwartet nach Höchst um, wo bereits eine starke Lungenkrebsabteilung besteht.
Krankenhaus Hofheim bleibt Geriatrie und Psychiatrie
Ein erster Schwerpunkt des Hofheimer Krankenhauses soll künftig auf der Geriatrie (Altersmedizin) liegen. Die bisher teilweise auch in Bad Soden angesiedelte Geriatrie wird komplett nach Hofheim umziehen; eine zweite geriatrische Klinik bleibt in Höchst.
Die Allgemeine Innere Medizin in Hofheim soll künftig durch die Geriatrie mit abgedeckt werden.
Als zweiter Schwerpunkt des Hofheimer Krankenhauses wird die Psychiatrie genannt. Eine Vernetzung mit Höchst, wo die psychiatrische Klinik erhalten bleibt, soll intensiviert werden.
In Hofheim bleiben dürfen zudem das Weaningzentrum, wo Patienten von der Beatmungsmaschine entwöhnt werden, das kleine Therapiezentrum für außerklinische Beatmung und das Schlaflabor.
Eine Entscheidung ist noch offen, sie sei abhängig von der Krankenhausreform des Bundes, heißt es: In Hofheim könnte eine pflegerische Versorgungseinheit mit medizinischer Mitbetreuung eingerichtet werden. Dort erhalten Patienten beispielsweise nach einem stationären Aufenthalt eine heimatnahe pflegerische Anschlussversorgung. Oder es werden Patienten versorgt, die einer klassischen stationären Behandlung nicht bedürfen, ambulant aber nicht adäquat betreut werden können.
Die weiteren Umbau-Maßnahmen betreffen Höchst und Bad Soden: So wird die interventionelle kardiologische Versorgung (minimalinvasive Behandlung von Herzerkrankungen) künftig komplett in Höchst konzentriert. In Bad Soden Angebote verbleibt die ambulante kardiologische Versorgung.
Komplexe chirurgische Eingriffe wie etwa Operationen der Bauchspeicheldrüse übernimmt künftig das Klinikum Höchst. Allgemeinchirurgische Eingriffe sollen weiterhin im Krankenhaus Bad Soden möglich sein.
Zudem soll in Bad Soden ein orthopädischer Schwerpunkt mit eher planbaren Eingriffen entstehen, während man sich in Höchst auf die nicht planbare Unfallchirurgie konzentriert.
Am Standort Bad Soden ist zudem die Klinik für Augenheilkunde vorgesehen, dort wird auch die Urologie konzentriert.
Klinik-Verbund: Jeder 10. Mitarbeiter muss gehen
Neben dem Umbau soll auch Personal abgebaut werden. „Auch wenn dies ein unbequemer Teil der Wahrheit ist: Wir werden in nahezu allen Bereichen die Stellenpläne genauestens überprüfen und hinterfragen müssen“, teilte die Geschäftsführung der Belegschaft mit. Um wirtschaftlicher zu werden – im Klartext: um Geld zu sparen –, sei ein Personlabbau “von etwas mehr als 10 Prozent” notwendig. Insgesamt sollen deutlich mehr als 300 Mitarbeiter ihre Jobs verlieren.
Als Gegenleistung versprach die Geschäftsführung, künftig den Großteil der Beschäftigten nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bzw. des TV-Ärzte/VKA zu bezahlen.
Ein Ende der “Restrukturierung” ist mit all diesen Maßnahmen noch nicht in Sicht: Es werde weitere Veränderungen geben, weil die finale Version der bundesweit geplanten Krankenhausreform noch ausstehe. Man könne nicht in eine Kristallkugel schauen, sagte Teilzeit-Geschäftsführer Michael Osypka. Deswegen sei absehbar, “dass wir mit dem endgültigen Beschluss der Krankenhausreform noch einmal nachjustieren müssen“.
Die Politik zeigte sich heute bemüht, um Verständnis für die Maßnahmen zu werben. So wird MTK-Landrat Michael Cyriax zitiert: „Eines ist klar: Die Krankenhauslandschaft in Deutschland und auch bei uns in der Region wird nicht bleiben, wie sie war. Alle Abteilungen müssen sich verändern.“
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Dezember 2024: Kliniken bestätigen Schließung der Hofheimer Notaufnahme
Fast genau ein Jahr nach unserem Bericht informiert Varisano die Öffentlichkeit: “Hofheimer Notaufnahme schließt zum 31.12.2024”. Hier die Mitteilung vom 13. Dezember 2024 im Wortlaut:
Die varisano Kliniken Frankfurt-Main-Taunus schließen die Notaufnahme am Krankenhaus Hofheim zum 31.12.2024. Diese musste aufgrund von Personalmangel bereits seit längerem immer wieder und zuletzt dauerhaft von der Notfallversorgung abgemeldet werden.
Der Verbund folgt mit der Schließung dem Ende 2023 durch den Aufsichtsrat grundsätzlich verabschiedeten varisano-Medizinkonzept und setzt nun die entsprechenden Maßnahmen um. Das Konzept wurde erarbeitet, um den in finanzielle Schieflage geratenen kommunalen Verbund durch unterschiedliche Maßnahmen perspektivisch wieder auf finanziell stabile Füße zu stellen, und den Anforderungen der zwischenzeitlich auf Bundesebene verabschiedeten Krankenhausreform besser gerecht zu werden. Unterschiedliche Restrukturierungsmaßnahmen des medizinischen Leistungsangebotes der drei varisano-Krankenhausstandorte sind ein wesentlicher Baustein des zukunftsweisenden Konzeptes, das die Steuerzahler entlasten sowie den Erhalt der Kliniken und somit die medizinische Versorgung der Region sichern soll.
Der Betriebsrat sowie die varisano-Mitarbeitenden wurden bereits über den jüngsten Umsetzungsschritt informiert. Die drei verbliebenen Mitarbeitenden der Hofheimer Notaufnahme wechseln im Verbund in einen neuen Aufgabenbereich.
„Wir können nachvollziehen, dass das Thema der Notfallversorgung ein emotionales ist und die Schließung Ängste weckt. Aber die Bürgerinnen und Bürger der Region sind durch die umliegenden Notaufnahmen gut versorgt. Dazu zählen unsere Zentralen Notaufnahmen in Bad Soden und Frankfurt Höchst ebenso wie diejenigen anderer Krankenhäuser, wie zum Beispiel in Wiesbaden“, so Dr. med. Patrick Frey, einer der beiden varisano-Geschäftsführer. „Zusätzliche Versorgungsstabilität bringt die Nachbesetzung der Chefarztposition am varisano-Standort Frankfurt Höchst zum 1. Januar 2025. Mit Dr. Matthias Seidel konnten wir einen erfahrenen Notfallmediziner gewinnen, der seine überzeugenden innovativen Ideen ganz im Sinne der bestmöglichen Patientenversorgung einsetzen wird. Zusammen mit der durch Dr. Ulf Waldmann seit vielen Jahren erfolgreich geleiteten und ständig weiterentwickelten Zentralen Notaufnahme in Bad Soden sind wir für die Notfallversorgung der Region hervorragend aufgestellt.“
Bekannt ist dem Verbund auch, wie schnell die Bevölkerung der Region nach einer Schließung der Hofheimer Notaufnahme belegbar ein anderes Notfallkrankenhaus erreichen könnte. Das Ergebnis: Für 72,4 Prozent der Bürgerinnen und Bürger aus dem Einzugsgebiet beträgt die Fahrtzeit nach Schließung unter 15 Minuten, für 26,7 Prozent zwischen 16 und 20 Minuten und weniger als 1 Prozent müssen für eine Fahrt zwischen 20 und 25 Minuten einplanen. Fahrtzeiten von über 30 Minuten entstünden nicht.
Eine massive Verlängerung der Wartezeiten – insbesondere auch für den wichtigen Rettungsdienst – in den varisano-Notaufnahmen in Bad Soden und Frankfurt Höchst befürchtet die varisano-Geschäftsführung für Notfallpatienten nicht: „Zum einen war das Patientenaufkommen in der Hofheimer Notaufnahme mit durchschnittlich fünf bis sechs Rettungsdienstanfahrten am Tag in den letzten Jahren und Monaten nicht sonderlich hoch. Zum anderen investieren wir viel Energie und Engagement unserer Mitarbeitenden in die stetige Verbesserung der Prozesse und Strukturen in unseren verbleibenden Zentralen Notaufnahmen – auch in der eingespielten Zusammenarbeit mit den Ärztlichen Bereitschaftsdienstzentralen der Kassenärztlichen Vereinigung an beiden Standorten in Bad Soden und Frankfurt-Höchst. Und wie überall in Deutschland gilt auch in unseren Notaufnahmen: Je schwerer der Notfall, desto schneller die Behandlung! Patienten werden nicht nach der Reihenfolge des Eintreffens behandelt, sondern nach dem eingeschätzten Schweregrad ihrer Erkrankung bzw. der Dringlichkeit der Behandlung. Lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen werden zu jeder Tages- und Nachtzeit unverzüglich versorgt“, ergänzt Dr. Frey.
In der Hofheimer Notaufnahme waren seit 2009 bereits nur noch internistische Fälle versorgt worden, da es dort seitdem in der Klinik keinen chirurgischen Fachbereich mehr gab.
Psychiatrische Notfallpatienten werden auch weiterhin in Hofheim behandelt.
Dass der Konzentrationsprozess aus Kostengründen bei Krankenhäusern unumgänglich ist, mag richtig sein. Ich möchte glauben, dass wir alle davon profitieren. Aber für die Kreisstadt Hofheim ist das eine Entwertung, zumal optional noch weitere Einschnitte für Hofheim zu befürchten sind.
Ganz schlimm finde ich die Auflösung der Notaufnahme in Hofheim. Aber vielleicht hilft eine örtliche Grafik der heutigen und künftigen Situation der Notfallwege, meine Bedenken zu zerstreuen!? Sowas muss es doch geben!! Bin gespannt ob man sich traut, solch eine Grafik zu veröffentlichen.
Wie auch immer, es ist zum Verrückt werden… Aber da bin ich ja künftig in Hofheim gut aufgehoben – und alt bin ich auch schon… Ich Glückspilz.
und in Bad Soden können Sie mit Herzprobleme oder Unfallchirurgischen Problemen dann auch nicht mehr versorgt werden
Beschlossen ist dieser Wahnsinn zum Glück noch nicht, das ist dem Kreistag des MTK und dem Römer vorbehalten. Wer diese Entwicklung nicht will, sollte diejenigen unterstützen, die dagegen ankämpfen:
https://www.change.org/p/wir-wollen-eine-sichere-gesundheitsversorgung-im-main-taunus-kreis-und-frankfurter-westen-du-auch-dann-unterstützen-und-unterschreiben?source_location=search
Politisch endgültig noch nicht beschlossen – richtig. Aber von der Geschäftsführung und vom Aufsichtsrat der Kliniken so entschieden: Jetzt wurden die Pläne allen Mitarbeitern verkündet. Kaum zu glauben, dass so etwas ohne Rückendeckung geschieht: Die “Macher” werden sich vorher bei den entscheidenden Leuten im Kreistag und Römer vergewissert haben, dass die das Sparprogramm mittragen und abnicken. So wird’s dann auch passieren.
Ja, die Chance ist gering. Aber es gab schon andere Beispiele, wo Widerstand gegen Kürzungsabsichten erfolgreich war. Vor zwei Jahren sollten die Bedingungen für die Teilhabeassistenzen in Schulen verschlechtert werden, der gemeinsame Gegendruck hat das genaue Gegenteil (Entfristung) zur Folge gehabt.
Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Die Notaufnahme in Hofheim ist doch eigentlich schon seit Jahren geschlossen. Ich wurde jedenfalls mit Verletzungen meiner Kinder, die nicht lebensbedrohend waren, immer nach Bad Soden weitergeschickt. Ein Armutszeugnis für eine Kreisstadt! Ich dachte, mit dem neuen Klinikbau wird es besser – falsch gedacht …
und absofort werden sie dann nach Höchst geschickt 😉
Die Umstruktierung bedeutet ein quasi absichtliches “an die Wand fahren” des Krankenhaus Bad Soden
Der Main-Taunus-Kreis umfasst 12 Städte und Gemeinden bis Hochheim im Westen. Bislang war das Krankenhaus Hofheim ziemlich mittig gelegen, Bad Soden im Osten und Frankfurt-Höchst außerhalb. Deshalb finde ich die Entscheidung zum Krankenhaus Hofheim eine Entwertung der Bürger des Main-Taunus-Kreises.
im Endeffekt bleibt kein Krankenhaus mehr übrig was eine wirkliche umfassende Notfallversorgung (Herzinfarkt,Frakturen) gewährleisten kann!
Die Zentrale Notaufnahme muss bleiben das ist essentiell für die Bevölkerung vor Ort.
Nach Bad Soden brauche ich mit dem Auto 20 min und nach Höchst mind. 15 min zzgl. der Parkplatzsuche. In Hofheim gehe ich zu Fuß in die Notaufnahme!
Lieber sollte sie die Psychiatrie schließen, oder die Beatmung verlegen, die sowieso schon in dem Wohnheim für Mitarbeiter ausgelagert wurde.
An allen Ecken und Endes läuft hier alles schief!!
In D – mit dem angeblich besten Gesundheitssystem der Welt (HaHa!!) – wäre es DRINGEND nötig die medizinische Versorgung zu erhöhen und zu verbessern. Aber es wird ständig weiter reduziert und am falschen Ende gespart.
Aber solange wir uns immer einbilden bei uns ist ja alles SO TOLL, wir meckern zu viel oder in Kimbuktu ist es ja schlechter wird es leider so weitergehen.
Hm, das ist symptomathisch für unser »Gesundheitswesen«. Leider kaum noch Service. Dafür Neubauten. Ich hätte mir ein funktionierendes und allgemein finanziertes Krankenhaus gewünscht, meinetwegen im Altbau bzw. alten Bau des Hofheimer Krankenhauses (in dem ich geboren wurde). Privatisierung hat fast immer Gewinnmaximierung zur Folge. In Deutschland heisst das im Klartext, Abbau der Arbeitsplätze = weniger bis kein Service, da Versicherungen, Mieten und Stundensätze so hoch sind (seltsamerweise in der Pflege nicht). Wie wäre es mit sinnvoller Verteilung von (Steuer)-Geldern? Warum lassen wir uns als Bürger die Butter vom Brot nehmen und schauen noch dumm zu? Wann verstehen wir endlich, dass es hier ums Überleben, nicht um Gewinne geht? Schrecklich, wie ohnmächtig wir beim Abbau des alt etablierten Gesundheitswesens zuschauen müssen…