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Nachrichten aus Hofheims Wirtschaft: Polar-Geheimnisse entdeckt – Preissturz im Chinon-Center und an der Hauptstrasse

Gepostet in Allgemein

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Es gibt interessante Nachrichten aus Hofheims Wirtschaftsleben:

Polar: Neue Firma gegründet und neuer Patente-Eigentümer
Chinon-Center: Preissturz
HWB: Altstadt-Geschäft zum Schnäppchenpreis

Polar: Neue Firma gegründet und neuer Patente-Eigentümer

Rund um die neugegründete Firma „Polar Cutting Technologies GmbH“ – einstmals Polar Mohr – geschehen bemerkenswerte Dinge: Schon wieder wurde eine neue Polar-Firma gegründet. Zugleich wurden sämtliche Polar-Mohr-Patente an einen neuen Eigentümer übertragen, ebenso die geschützten Firmennamen „Polar“ und „Mohr“. Interessant dabei: Die „Polar Cutting Technologies GmbH“ ging leer aus. Und: Zweifel am Standort Hofheim bleiben.

Polar Mohr, selbsternannter Weltmarktführer für Schneidemaschinen, bis vor kurzem Familienunternehmen, dann jäh abgestürzt, beinahe pleite, vor wenigen Monaten von österreichischen Finanzinvestoren übernommen:

Polar Mohr gehört heute der SOL Capital Management GmbH mit Sitz in der Walfischgasse in Wien.

Als Geschäftsführer tritt nach außen Thomas Raab in Erscheinung, er kam kurz vor dem Niedergang in das Unternehmen. Der starke Mann im Hintergrund aber heißt Haiko Stüting. Der 44-Jährige, der als Wohnsitz München angibt, gehört zur SOL-Führungsmannschaft. In Wien nennt er sich Senior Partner. In Hofheim ist er inzwischen Geschäftsführer gleich mehrerer Firmen.

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Die Polar-Geschäftsführer Heiko Stüting (li.) und Thomas Raab. Foto: SOL Capital Management GmbH.

SOL/Stüting hat die neue „Polar“ in ein komplexes Firmenkonstrukt eingeflochten: Der „SOL Capital Management GmbH“ gehört die „SOL-Drei EuVECA GmbH & Co KG“, kurz SOL#3. Dieser Firma gehört eine „SOL Polar Beteiligungs GmbH“ mit Sitz in Wien (Geschäftsführer u.a.: Haiko Stüting), dieser Firma gehört eine „Polar-Mohr Beteiligungs GmbH“ (Geschäftsführer: Haiko Stüting), und dieser Firma gehört das eigentliche Hauptunternehmen, die „Polar Cutting Technologies GmbH“ in Hofheim (Geschäftsführer, wie gesagt, u.a. Haiko Stüting). 

Unmittelbar vor der Übernahme durch SOL hatte die Mohr-Sippschaft als früherer Eigentümer noch schnell das Firmengelände versilbert: Entlang der Hattersheimer Straße will ein Bauunternehmer aus Kelkheim in zwei, drei Jahren beginnen, Wohnungen zu bauen. Bis dahin müssen die alten Werkhallen natürlich verschwunden sein.

Bei Polar Mohr geht’s jetzt um die Zukunft: Ein neuer Standort muss her, und zwar schleunigst. Rund 250 Arbeitsplätze stehen auf der Kippe.

Es geht also um Alles.

Neue Firma ist selbst auf oberen Polar-Rängen nicht bekannt

Längst blickt kein Außenstehender mehr durch, was an der Spitze des Unternehmens läuft. Als der Hofheim/Kriftel-Newsletter vor einiger Zeit aufdeckte, dass Stüting eine Firma namens „Polar-Mohr Beteiligungs GmbH“ ausgerechnet im bayerischen Steuerparadies Unterhaching gegründet habe, kriegten sie im Rathaus Schnappatmung – woraufhin die Polar-Geschäftsführung eilig versicherte, man habe nie daran gedacht, die Produktion nach Bayern auszulagern (was allerdings auch niemand behauptet hatte).

Wenig später verlegte Stüting die „Polar-Mohr Beteiligungs GmbH“ von Unterhaching nach Hofheim. Über die Lokalzeitung wurde der Umzug als „eine gute Nachricht aus dem Hause Polar Mohr“ lanciert. Das wirkte wie Baldrian auf Betriebsrat und Belegschaft. Und auf die Lokalpolitik.

Seitdem herrscht Ruhe bei Polar. Ruhe vor dem Sturm? Oder Grabesruhe?

Dass Stüting im Hintergrund weitere Schachzüge ausführte, bekamen weder Lokalzeitung noch die Lokalpolitik mit. Sie müssen sich deshalb nicht grämen: Die Information erfuhren nicht einmal alle Leute auf den oberen Polar-Rängen. Als wir jetzt bei der Polar-Pressestelle nachfragten, was es mit dem neuen Unternehmen auf sich habe, zeigte sich Firmensprecher Frank Mayer überrascht: „Da wissen Sie mehr als ich.“ Von einer neuen Polar-Firma habe er noch nichts gehört.

Das sind die Fakten:

Unmittelbar nach dem Umzug der „Beteiligungs GmbH“ von Unterhaching nach Hofheim gründete Stüting eine weitere Polar-Gesellschaft. Die „Polar Cutting Solutions GmbH“ wurde beim Handelsregister in Frankfurt angemeldet (HRB 129988). Geschäftsführer ist, na klar, Haiko Stüting. Als Gesellschafter – also Eigentümer dieser neuen Polar-Firma – wurde die „Polar-Mohr Beteiligungs GmbH“ eingetragen, der auch die „Polar Cutting Technologies GmbH“ gehört.

Mit Solutions („Lösungen“) werden in der Regel Firmen benannt, die Entwicklungsaufgaben übernehmen. Man kennt das: In einer Solutions GmbH wird geplant; die Produktion kann dann in alle Welt vergeben werden, gewöhnlich an den billigsten Anbieter.

Käme ein solches Konzept bei Polar zu tragen, bräuchte das heutige Kernunternehmen „Polar Cutting Technologies GmbH“ wahrscheinlich nur noch kleine Werkhallen. Für die „Polar Cutting Solutions GmbH“ würden vermutlich eher Büros für Ingenieure benötigt.

Ist das die neue Zukunft von Polar in Hofheim?

Patente und Firmennamen jetzt in neuen Händen

In das Bild eines – auch steuertechnisch – durchgestylten Unternehmen passt: Die alte Polar Mohr hatte in den letzten Jahrzehnten etliche technische Erfindungen mit einem Dutzend Patenten schützen lassen. Urkunden, ausgestellt vom Deutschen Patent- und Markenamt in München, gelten gemeinhin als der wahre Schatz eines Unternehmens.

Außerdem hatte man beim Patentamt mehrere Markennamen registrieren lassen, mit denen Produkte und Systeme bezeichnet wurden – beispielsweise „OptiKnife“, „Wimotion“, „Autotrim“ oder auch „Pace“. Natürlich waren auch die schwarz-roten Firmenlogos „Polar“ und „Mohr“ als Wort-Bild-Marken geschützt worden.

Polar
Diese schwarz-rote Wort-Bild-Marke „Polar“ wurde 1996 unter der Nummer 018240184 angemeldet.
Polar

Die Wort-Bild-Marke „Mohr“ wurde 2020 beim Patentamt unter der Nummer 018240184 registriert.

Bislang gehörten die Patente und Markenrechte der alten Adolf Mohr Maschinenfabrik GmbH & Co. KG. Sie waren wohl im Verkaufspaket enthalten, gingen jetzt aber nicht in den Besitz der eigentlichen Nachfolgefirma „Polar Cutting Technologies GmbH“ über:

Als neuer Eigentümer der wertvollen Patente wurde im Juni – Überraschung? – die uns inzwischen gut bekannte „Polar-Mohr Beteiligungs GmbH“ beim Patentamt eingetragen. Eine solche Übertragung könnte aus Sicht eines Investors durchaus Sinn machen:

Aus steuerlichen Gründen, wir hatten das schon mal angesprochen, werden Patente und Marken oftmals in ein anderes Unternehmen verlagert. Das verkauft dann Lizenzrechte und kassiert dafür Geld, üblicherweise möglichst viel Geld.

Alles normal soweit, alles nicht verwerflich

Im konkreten Fall dürfte sich aber natürlich die Frage stellen: Wird Polar wohl jemals wieder Gewerbesteuer in Hofheim zahlen? Oder wandern die Gewinne von Polar-Firma zu Polar-Firma weiter?

Auch wenn sich Hofheims Stadtführung öffentlich optimistisch gibt und fest an künftige Steuereinnahmen von Polar glaubt:

Die Fragezeichen werden größer.

Klares Bekenntnis zum Standort Hofheim gibt es nicht

Fragezeichen bleiben auch hinter dem künftigen Standort. Die Stadtpolitik, allen voran CDU-Bürgermeister Christian Vogt, versucht immer wieder den Eindruck zu erwecken, dass das Unternehmen nach Diedenbergen ziehen wolle. Deshalb ließ man dort quasi über Nacht ein ziemlich großes Gewerbegebiet ausweisen, anfangs mit Platz für ein monströses Möbelhaus, was allerdings von übergeordneten Planungsbehörden gestoppt wurde.

Die zentrale Frage wurde bis heute nicht beantwortet: Will Polar eigentlich wirklich nach Diedenbergen ziehen? Braucht das Unternehmen dann überhaupt noch Werkhallen, und wenn ja: wie groß müssen die sein?

Auch dazu fragten wir bei Unternehmenssprecher Mayer nach: In zwei, spätestens drei Jahren stehe ein Komplett-Umzug an, da werde doch normalerweise der Turbo gezündet, da rotiere eine Firmenspitze – denkt man sich als Laie wenigstens so…

Nix da! Mayer gibt sich ganz relaxt: „Wir sind tiefenentspannt.“ Und dann sagt er einen Satz, der vermuten lässt, dass ein Standort in Hofheim nicht die einzige Option für Polar ist:

„Wir bleiben in Hofheim, wenn wir eine Location hier haben.“ Alles weitere, sagt er auch, liege jetzt erst einmal „bei Stadt, Land und Region“.

Was bitte haben „Land und Region“ mit einem neuen Polar-Standort zu tun? Mayer: „Wir warten ab, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert. Dann werden wir sicher eine Entscheidung treffen.“

Ein aufrichtiges Bekenntnis zum Standort Hofheim hört sich anders an.

Es bleibt spannend bei Polar.


Preissturz im Chinon-Center

20210105 Chinon Center

Wie sich die Preise auf dem Markt der Gewerbeimmobilien gerade entwickeln, lässt sich gut an einem Vermietungsangebot des Chinon-Centers erkennen:

Im Obergeschoß war früher ein China-Restaurant, nach längerem Leerstand zog eine Corona-Teststation ein. Die ist längst verschwunden, und seitdem heißt es wieder: 440 Quadratmeter (396 qm Verkaufsfläche plus 40 qm Nebenfläche) in allerbester Lage suchen einen Mieter.

Vor gut zwei Jahren wurden die Räume noch zu einem absoluten Spitzenpreis offeriert. Der Hofheim/Newsletter hatte darüber berichtet: 6.600 Euro Miete wurden verlangt, also 15 Euro pro Quadratmeter. Dazu Nebenkosten in Höhe von 1.980 Euro – zusammen 8.580 Euro pro Monat. Gegenüber der Lokalzeitung, die das Thema später aufgriff, gab sich Center-Manager Uwe Lippold naturgemäß optimistisch: Man sei dabei, eine Neuvermietung voranzutreiben, wolle „die Katze aber noch nicht aus dem Sack lassen“. 

Die Katze ist noch immer im Sack – wenn sie überhaupt jemals drin war: Das Objekt wird weiterhin angeboten, dabei ist die Miete inzwischen deutlich günstiger geworden: „Nur“ noch 4800 Euro werden verlangt, das sind 10,90 Euro pro Qudratmeter. Gleichzeitig wurden allerdings die Nebenkosten auf 2.755 Euro/Monat erhöht. Macht unterm Strich eine Warmmiete von 7.555 Euro.

Eine Menge Geld, aber immerhin gut 1000 Euro weniger als vor zwei Jahren.

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Screenshot der Internetanzeige: Das Chinon-Center sucht über ein Maklerbüro einen neuen Mieter.

HWB: Geschäftsräume in Top-Lage jetzt zum Schnäppchenpreis

Ist die Hauptstrasse so unattraktiv? Seit Monaten sucht die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft HWB vergeblich neue Mieter für Büro- und/oder Geschäftsräume mitten in der Altstadt: Das Obergeschoss des Jean-Hammel-Hauses steht noch immer leer. Jetzt wurde die Miete radikal gesenkt:

Für die 160 Quadratmeter hatte die HWB im Januar dieses Jahres noch 12,40 Euro pro Quadratmeter verlangt: 1.984 Euro wollte sie für die laut Internetanzeige „großzügige Bürofläche“ haben – plus 800 Nebenkosten, machte fast 3000 Euro. Das war wohl etwas zu teuer, ein ernsthafter Interessent fand sich offenbar nicht.

Jetzt wird das Objekt zu einem echten Schnäppchenpreis im Internet angeboten: Für die „repräsentative Bürofläche“ (Makler-Werbung) werden nur noch 8 Euro/qm verlangt – es dürfte damit die billigste Gewerbeimmobilie in der Innenstadt sein. Auch die Nebenkosten sind plötzlich erheblich günstiger als zuvor: Sie werden nur noch mit 480 Euro angegeben. Die Warmmiete liegt damit bei 1.760 Euro.

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Screenshot vom Vermietungsangebot: Im Januar wurde eine „großzügige Bürofläche“ angeboten – für 1.984 Euro.
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Jetzt das neue Angebot: Aus der großzügigen wurde eine „repräsentative Bürofläche“, und die soll nur 1.280 Euro kosten.

Die Hofheimer Wohnungsbaugesellschaft hatte das Haus vor gut drei Jahren gekauft: Man wolle „Einfluss auf den Branchenmix in der Hauptstraße haben“, hieß es, man wolle „den Einzelhandel weiterentwickeln und verhindern, dass eine eher schädliche Nutzung für die Hauptstraße entsteht“.

So richtig geklappt hat das bisher noch nicht

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2 Kommentare

  1. Birgit Mitchell

    …Nachmieter für Deutsche Bank
    Filiale? Wir brauchen keine Immobilienmakler, Nagel-Studios oder Friseursalons mehr in unserer attraktiven Altstadt, sondern ein gemütliches Ambiente sich zu treffen, Kaffee zu trinken, andere Kleinigkeiten zu geniessen und ja, bitte mit Gratis-WLAN-Zugang!

    …ich bin gerade nach 30 Jahren USA wieder nach Hofheim in die alte Heimat zurückgekehrt… aus Seattle Washington… did I mention this is the birthplace of Starbucks?😜

    5. September 2023
    |Antworten
  2. Ich mag Deine gründliche Recherche. Das ist für mich guter Jouralismus, den wir dringend in Hofheim benötigen.

    Danke dafür.

    6. April 2024
    |Antworten

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