Die Straßen in der Hofheimer Kernstadt sind herausgeputzt. Tannenbaum, Lichtersterne – und dazwischen immer wieder blinkenden Warnleuchten von Autos, deren Fahrer eigentlich nur bestellte Speisen abholen wollen und dann doch länger warten müssen…
Die vorweihnachtliche Idylle lenkt ein wenig ab von der aufgeregten Betriebsamkeit, die inzwischen Hofheims Polit-Szene erfasst hat. Was wir vor zwei Wochen noch als Gerücht gemeldet hatten, hat sich bewahrheitet. Aus der Bürgerinitiative “Feld statt Beton” heraus, die sich gegen das Mega-Bauprojekt Marxheim II (neuerdings “Römerwiesen”) gebildet hat, gründete sich eine Wählergemeinschaft. Und die will bei den Kommunalwahlen im März 2021 antreten.
Das dürfte die Polit-Szene in der Kreisstadt ordentlich durchrütteln: “Hofem Schlofem” soll jetzt offenbar der Kampf angesagt werden. Der Stadt kann’s nur gut tun…
Die Frankfurter Rundschau, die ihre Hofheim-Berichterstattung schon vor Jahren auf nahezu Null heruntergedimmt hat, überrascht heute mit dieser Nachricht: Die Anti-Marxheim-II-Bürgerinitiative hat eine Wählergemeinschaft namens “Wir in Marxheim” gegründet. Die Formalien im Rathaus seien erledigt, wird BI-Sprecher Helmut Kornmann zitiert, jetzt müssten aber noch 90 Unterschriften gesammelt werden. Das dürfte wohl kein Problem sein.
Der 72-jährige Diplomkaufmann ist Spitzenkandidat, auf Platz zwei steht die kaufmännische Angestellte Gabriele Wilhelm (60). Man wolle das Mega-Baugebiet mit dem neuen Namen „Römerwiesen“ verhindern und den natürlichen Lebensraum erhalten „im Einklang mit unserer intakten Dorfgemeinschaft, die besonders Familien mit Kindern eine Zukunftsperspektive bietet“.
Am Kreisblatt, das trotz massiver hausinterner Sparmaßnahmen noch immer mit eigener Redaktion vor Ort ansässig ist, war diese Information offenbar vorbeigerauscht. Übrigens nicht nur diese: Auch die Nachricht von der Kandidatenaufstellung der “Bürger für Hofheim” am vergangenen Freitag, bei der Wilhelm Schultze überraschend zum Spitzenkandidaten nominiert wurde, hat die Redaktion offensichtlich verpennt.
Dafür schreibt Kreisblatt-Redakteur Manfred Becht heute eine Geschichte, in der er alle ihm bekannten personellen und wahlstrategischen Vorgänge zu einer Geschichte verrührt. Er stellt sie unter die Überschrift: “Kleine Parteien sorgen vermutlich für Veränderung”.
Wieso “vermutlich”? Die reine Faktenlage lassen Veränderungen bereits heute sehr wahrscheinlich erscheinen:
Aktuell sitzen acht Gruppierungen im Stadtrat. CDU (13 Mandate) und SPD (9) gehen Hand in Hand, seit Jahren schon, sie sind kaum noch auseinanderzuhalten. Man teilt sich einvernehmlich Posten und Pöstchen und wohl auch Pfründe.
Weil diese CDUSPD nach der letzten Wahl zahlenmäßig nicht mehr gegen die sechs anderen Gruppierungen in der Stadtverordnetenversammlung ankommen konnte, holte man die FDP (5 Mandate) ins Boot. Der Kaufpreis: ein Posten für einen Liberalen. Es war ein echtes Schnäppchen: Thomas Jung, ein Versicherungskaufmann, darf sich seither ehrenamtlicher Dezernent für Nahmobilität nennen. Was macht so einer eigentlich? Jung, so scheint’s, genügt der Titel. Mit innovativen Vorschlägen jedenfalls fiel er bisher nicht auf.
Damit verfügte diese Große Koalition über 27 von insgesamt 45 Mandaten, also über eine satte Mehrheit. Und trotzdem holte man die Freien Wähler dazu. Es gibt verschiedene Versionen, die diesen merkwürdigen, da inhaltlich völlig unsinnigen Zusammenschluss erklären:
Die FWG, die vielerorts eine echte Opposition darstellt und es dadurch schaffte, bestehende Machtstrukturen zu kippen, sollte – so die eine Erklärung – möglichst eng eingebunden und damit mundtot gemacht werden. Selbst wenn’s nicht stimmen sollte: Es hat ziemlich gut geklappt.
Eine andere Erklärung: FWG-Frontmann Andreas Nickel soll als Gegenleistung für angepasstes Verhalten das Amt eines hauptberuflichen Stadtrates erwartet haben. Allerdings schmierte er bei der Bürgermeisterwahl derart brutal ab, dass ein FWG-Beigeordneter nicht mehr vermittelbar gewesen wäre. Nickel versank in der lokalpolitischen Bedeutungslosigkeit, seine FWG gilt mit ihren 5 Mandaten nur noch als willfähriges Stimmvieh. Die Kandidatenaufstellung für die Märzwahlen steht noch aus: Offen ist, ob sich die Mehrheit der FWG-Mitglieder eine “echte Alternative zu den politischen Parteien”, die auf der FWG-Webseite versprochen wird, wirklich so vorgestellt hat, wie sie aktuell im Stadtparlament vorgeführt wird.
Es gibt daneben noch die Grünen (7 Mandate), die Linken (3 Mandate) sowie die Wählergemeinschaft Wallau und die Bürger für Hofheim (je 2 Mandate). Sie bilden die Opposition in der Stadtverordnetenversammlung, und das fürwahr kein Spaß. Das ist echte Kärrnerarbeit, und hat man mal eine gute Idee, wird sie von der übermächtigen Koalition regelmäßig abgeschmettert. Der Wählergemeinschaft Wallau wurde es bereits zu viel: Sie tritt bei der nächsten Wahl nicht wieder an.
Dafür kommt jetzt “Wir in Marxheim”. Die Stadtverordnetenversammlung bleibt bunt, auch nach der Wahl im März nächsten Jahres.
Corona-Zentrum kommt nach Hattersheim
Es geht mit rasantem Tempo voran, nahezu unfassbar, wie die Kreisverwaltung agiert: “Das Impfzentrum für die Bevölkerung des Main-Taunus-Kreises soll in Hattersheim, Mainzer Landstraße 500, errichtet werden. In einem ehemaligen Forschungslabor der Sanofi AG stehen eine Vielzahl gut geschnittener Räume zur Verfügung.”
Das teilte Landrat Michael Cyriax soeben in seinem “Internet-Tagebuch” auf seiner Facebookseite mit. Die Liegenschaft sei gut ausgestattet mit Lagermöglichkeiten, Büros, Internet, Strom und Licht. Auch seien die Räume belüftbar, beheizt und von der Aufteilung nahezu ideal. “Ein guter und sicherer Arbeitsort für die Impfteams.”
Es gibt Parkplätze, die Anbindung an den Busverkehr sei “sicherlich noch ausbaufähig”. Und auch wichtig: “Eine Belästigung der Nachbarschaft durch den Dauerbetrieb der Einrichtung von 7 bis 22 Uhr von Montag bis Sonntag ist nicht zu befürchten.”
Sieben „Impfstraßen“ soll es dort geben, pro Schicht werden überschlägig 20 Personen im Einsatz sein. Cyriax sagt auch Dankeschön: an die Projektgruppe unter Leitung des Brandschutzamtes, die eine Vielzahl von Objekten kurzfristig geprüft hat. An die Bürgermeister im Kreisgebiet und die Organisationen und all die vielen Menschen, die ihre Unterstützung angeboten haben. “Mit diesem guten Gemeinschaftsgeist wird es gelingen, das einmalige Impfprojekt zu meistern.”
Die aktuellen Corona-Zahlen
Die neusten Corona-Zahlen sehen erneut nicht gut aus: Es gibt 16 weitere Infizierte im Kreisgebiet, damit sind aktuell 604 Menschen an Covid-19 erkrankt. In Hofheim wurde zehn weitere Fälle registriert, hier ist die Zahl der aktuell Infizierten wieder auf 92 angestiegen. In Kriftel sind es aktuell 18 (plus 2).
Der Inzidenzwert geht langsam nach unten, er liegt jetzt bei 147.
In den Main-Taunus-Kliniken wurden heute Mittag 35 Patienten mit bestätigter Covid-19-Infektion behandelt. 7 Patienten müssen beatmet werden.
Ein Zeichen gegen häusliche Gewalt
Heute ist der Aktionstag gegen Gewalt an Frauen. Blaufarbene Flaggen wurden am Landratsamt und vor der Stadtverwaltung Hofheim gehisst: Es sind die Fahnen „Frei leben ohne Gewalt“ der Menschenrechtsorganisation „Terre des Femmes“.
Das Hofheimer Rathaus leuchtete am Mittwochabend orangefarben auf, und das soll die nächsten 16 Tage so bleiben: Mit den “Orange Days 2020” wird weltweit ein Zeichen gegen geschlechtsspezifische Gewalt gesetzt. Schlusstag ist der 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte. Orange war von den Vereinten Nationen als Signal-Farbe für den Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen ausgewählt worden. Sie soll eine aussichtsreiche Zukunft symbolisieren.
Unverständlich ist, weshalb der Auftakt der Leucht-Aktion nicht im Vorfeld bekannt gegeben wurde. Erst an diesem Mittwoch-Abend veröffentlichte Bürgermeister Christian Vogt auf seiner privaten Facebookseite einen Hinweis. Die ihm unterstellte städtische Pressestelle, die zeitweilig täglich selbst kleinste Baustellen im Foto vorstellt, hat die tolle Aktion bisher mit keinem Wort erwähnt.
Wie dringend notwendig der Aktionstag ist, lässt eine Mitteilung der Kreisverwaltung erahnen. Dort heißt es: “Der Bedarf an Unterstützung in Fällen häuslicher Gewalt ist weiterhin hoch.” Im Main-Taunus-Kreis habe es in diesem Jahr deutlich mehr Fälle von häuslicher Gewalt gegeben. Genaue Zahlen werden mit der Kriminalstatistik im Frühjahr 2021 veröffentlicht.
Eine Übersicht und die direkten Kontaktdaten von Beratungsstellen und Hilfetelefonen gibt es hier
Im Altpapier geplättert
Wechselmodell an Schulen bleibt umstritten
Das Kreisblatt hat für seine Hofheimer Leser eine größere “Sammelgeschichte” zur Kommunalwahl aufgeschrieben (oben). Dazu wird eine etwas ältere Fotomeldung über die Stollenprüfung der Bäcker-Innung aufgetischt und eine ebenfalls ältere Pressemitteilung der Stadtverwaltung zur Radfahreraktion. Außerdem hat Redakteurin Barbara Schmidt Schüler und Eltern zum Wechselmodell an den Schulen gefragt, dass derzeit im Main-Taunus-Kreis nicht kommen soll. Wichtigste Erkenntnis: “Schüler und Eltern als direkt Betroffene tun sich mit einem klaren Pro oder Kontra ebenfalls nicht leicht.”
Adventskalender der Karnevalisten
Für die Leser in Kriftel sprach Redakteurin Ulrike Kleinekoenen mit Daniel Weiß, dem Vorsitzenden des Karneval Klubs. Derzeit wird ein virtueller “KKK-Adventskalender” vorbereitet: Hinter jedem Türchen auf der Vereinswebseite verbirgt sich ein Video mit unvergesslichen Darbietungen. Peter Heyel und Alice Pitas haben dafür die Highlights aus den Sitzungen der letzten Jahre ausgesucht. Zudem wird an einem Online-Konzept für die närrische Zeit in 2021 gearbeitet.
Bob’s Fine Wine schließt für immer – “momentan”
Weinliebhaber werden Trauer tragen: “Bob’s fine wines” hat geschlossen, seit längerem schon. Und diesmal nicht nur vorübergehend (das kam immer mal wieder vor, wenn der Besitzer auf Reisen war), sondern wohl für immer. Bob Gogan: “16 Jahre lang habe ich dieses Geschäft gehabt.” Er habe für wirklich gute Weine sehr viel reisen müssen, dieses Jahr sei er mehrmals in Australien und Frankreich gewesen. Dazu private Events, dazu immer wieder Verkostungen – es reicht. Die Schließung seines Geschäfts in der Hauptstrasse, das er vor gar nicht allzu langer Zeit noch schick herausgeputzt hat, sei eine ganz persönliche Entscheidung gewesen: “Corona war nicht der Grund, hat mich aber in meinen Überlegungen bekräftigt.” Was er künftig macht? Da mache er sich keine Sorgen, er werde etwas finden, “was mir gefällt”.
Geht’s vielleicht doch noch weiter mit “Bob’s Fine Wine”? Ganz ausschließen will Gogan das wohl nicht: Auf seiner Webseite steht, er habe sich “entschieden (momentan), den Verkauf von Premium-Weinen von familiengeführten Weingütern nicht weiterzuführen”.
“Momentan” steht da! Ein kleines Wort, das hoffen lässt…
Kurznachrichten aus Hofheim
Blutspenden im Bürgerhaus Marxheim
Eigentlich sollte die Turnhalle Diedenbergen für Blutspender bereit gestellt werden. Wegen eines Wasserschadens wird man jetzt das Bürgerhaus Marxheim benutzen. Die nächsten Termine: 21. Dezember von 15 bis 20 Uhr, und 26. Dezember 2020 (2. Weihnachtstag) von 13 bis 17. Unbedingt vorher anmelden! Mehr hier.
Vandalen auf Schulgelände
Sachschaden in Höhe von etwa 2.000 Euro haben unbekannte Täter auf dem Gelände der Philipp-Keim-Schule verursacht. Den Spuren zufolge betraten die Unbekannten unerlaubt das Areal in der Straße “Oberer Haingraben” und beschädigten die Tischtennisplatte sowie ein Lüftungsgitter. Hinweise nimmt die Ermittlungsgruppe der Hofheimer Polizei (Tel. 06192 20790) entgegen.
Kurznachrichten aus Kriftel
Kriftel: Frankfurter Straße gesperrt
Wegen Bauarbeiten wird die Frankfurter Straße 11 ab Montag, 30. November, halbseitig gesperrt. Mehr hier.
Kinder für Kitas anmelden
Neue Kitaplätze werden in Kriftel vergeben: Christiane Early vom Team Kinder- und Jugendbetreuung der Gemeinde Kriftel bittet, Anmeldungen für Kinder, die zwischen dem 1. August 2018 und 31. Juli 2019 geboren sind, schnellst möglich abzugeben. Auch Anmeldungen für Kinder unter drei Jahren werden angenommen. Mehr hier.
Hinweis: Die Information über die Rathaus-Beleuchtung wurde in diesem Text gegen 20 Uhr ergänzt, für den per E-Mail verschickten Newsletter kam sie zu spät.