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Nach Plakat-Protest: Jetzt werden Hofheims Stadtverordnete „massiert“

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Das hat einige Leute in Hofheim ganz schön sauer gemacht: Grelle Plakate mit einer aufrührerischen Botschaft richten den Spot auf die Lokalpolitik in der Kreisstadt und ihre „Macher“. Ein großes Bauprojekt, das eigentlich klammheimlich durchgezogen werden sollte, wird von grellem Scheinwerferlicht ausgeleuchtet – und könnte jetzt sogar platzen. Der Hofheim/Kriftel-Newsletter erfuhr: Die Investoren sind nervös geworden. Sie haben bereits zu Hinterzimmertreffen eingeladen, in denen Stadtverordnete „massiert“ werden sollen. Es geht um sehr viel Geld.

Ein paar kleine Plakate haben in den letzten Wochen den Blutdruck einiger Hofheimer Stadtpolitiker in medizinisch bedenkliche Bereiche hochgetrieben. Sie hingen auf dem Kapellenberg aus, eben dort, wo Hofheims CDU ein Villengebiet hatte bauen wollen. „Vorderheide II“ war vor einem Jahr vom obersten deutschen Verwaltungsgerichtshof gestoppt worden; die Stadt hat wegen ihrer undurchdachten Planung bereits mehr als eine Million Euro verloren (mögliche Schadenersatzforderungen nicht eingerechnet). 

„Der Stadt-Vogt“, lesen wir jetzt auf den Plakaten. Und darunter, als wäre’s eine amtliche Mitteilung: „Ich Weiss von nix und ich Henniger mich da auch nicht rein“.

Darunter: „Bananen Republik Hofheim“.

Und dann, letzte Zeile: „Lokalpolitiker, die den Hals nicht vollkriegen“.

Die Empörung über derlei Unbotmäßigkeit ist groß, was man nachvollziehen kann: Denn das sind richtig fiese Sprüche. Andererseits lassen die Aushänge erahnen, dass der Frust und Unmut über Hofheims Lokalpolitik bei einigen Bürgern ziemlich ausgeprägt sein muss – wofür es auch unbestreitbar jede Menge Gründe gibt.

Plakat
Vor Wildgehege auf dem Kapellenberg:

Der Hintergrund der Plakate ist schnell erzählt:

Ganz in der Nähe von Vorderheide II beabsichtigen die Unternehmen Weiss und Frank, 400 bis 500 neue Wohnungen zu bauen. Sie wollen beste landwirtschaftliche Flächen planieren, um ein lukratives Projekt realisieren zu können. Künftigen Bewohnern würde sich bei gutem Wetter ein Blick bis nach Frankfurt bieten. Allerbeste Lage also. Teurer Wohnen am Stadtrand Hofheims.

„Auf den Gleichen“ nennt sich das Gebiet: Die Investoren haben sich bereits Zugriff auf die meisten Grundstücke gesichert, sie ließen sogar umfangreiche Pläne erarbeiten – sie haben also schon richtig viel Geld investiert.

Die Unternehmen müssen sich ihrer Sache offfenbar absolut sicher sein, was überrascht: Denn eigentlich darf da oben nicht gebaut werden. Im Flächennutzungsplan sind die Flächen nicht als Wohngebiet ausgewiesen, es existiert also auch kein Bebauungsplan.

Das lässt sich natürlich ändern: Hofheims CDU-geführte Stadtspitze wollte Ende vergangenen Jahres plötzlich und ganz schnell Fakten schaffen, um den Weg zum großen Geschäft zu ebnen: Dem Stadtparlament wurde ein Papier (Aktenzeichen: STV2023/153) vorgelegt, wonach die Entwicklung des Baugebiets vorangetrieben werden sollte – ohne jede Diskussion

Der Plan ging nicht auf, und das hat einen Grund:

Kurz zuvor hatte der Hofheim/Kriftel-Newsletter die Hintergründe des Millionencoups öffentlich gemacht. Da kriegten selbst einige CDUler Fracksausen, und ihr Fraktionschef Frank Härder zog im letzten Augenblick die Reißleine: Mit der Begründung, es gebe noch Beratungsbedarf, beantragte er eine Vertagung des Themas. Angenommen!

In diesem Jahr soll’s weitergehen. Die Investoren buhlen bereits und wollen die Lokalpolitiker in vertraulichen Gesprächen herumkriegen. Auszug aus einer E-Mail, die vor wenigen Tagen an Stadtverordnete verschickt wurde: Man biete an, „das Projekt und alle bislang erarbeiteten Planungskonzepte, Ziele und Hintergründe ausführlich und auf Grundlage des aktuellen Planungsstandes zu erläutern“

Solche Schreiben sind, natürlich, nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Die Bürger Hofheims sollten, wieder einmal, gezielt umgangen werden. Die Masche hat in Hofheim Methode:

In den vertraulichen Fraktionssitzungen werden die Lokalpolitiker „massiert“, damit sie ihre Zustimmung geben. Bei der CDU ist das angeblich kein Problem, bei ihren kleinen Koalitionspartnern FDP und FWG dann gewöhnlich auch nicht. Für eine Mehrheit im Stadtparlament reicht das aber noch nicht, dafür müsste wenigstens einer von der Opposition umfallen. Als Wackelkandidat gilt die SPD. Die könne man, heißt es, mit dem Versprechen, ein paar Sozialwohnungen zu bauen, leicht ködern.

Das heimliche Zusammenspiel von Investoren und Polit-Verantwortlichen nennt man gemeinhin Kungelrunden. Oder auch Hinterzimmerpolitik.

Es ist ein zutiefst undemokratisches Handeln, weil es allen Grundsätzen der Transparenz widerspricht.

Plakat-Protest richtet sich gegen intransparente Planung

Untrennbar mit dem Bauplänen verbunden sind drei Namen, die auf dem ominösen Plakat genannt werden:

Christian Vogt – der CDU-Bürgermeister ist Chef der Hofheimer Stadtverwaltung und Vorsitzender des Magistrats. Dass die Planung eines großen Baugebiets plötzlich blitzschnell vorangetrieben werden sollte, ist damit auch sein „Verdienst“.

Michael Henninger ist ein Parteifreund von Vogt. Viele Jahre diente er dem Hamburger Immobilienkonzern Frank als Statthalter in Hofheim – und sitzt zugleich für die CDU im Stadtparlament, wo er immer wieder als Lobbyist der Baubranche auffällt. Er schaffte es sogar in die Verbandskammer des Regionalverbands FrankfurtRheinMain: Dort könnte er mit dafür sorgen, dass die Flächen „Auf den Gleichen“ zu wertvollem Bauland umdeklariert würden. Henninger stieg im letzten Jahr bei Frank aus und verdingt sich seitdem als freiberuflicher Berater.

Michael Weiss, der Dritte im Bunde, ist Geschäftsführer einer kleinen Bauträgerfirma, mit der er im Langgewann bereits mehrere Bauprojekte realisiert hat. Dem Mann werden enge Verbindungen zum Frank-Konzern nachgesagt.

Braucht Hofheim eigentlich das geplante Baugebiet „Auf den Gleichen“? Derzeit sind jede Menge Wohnungen „in der Mache“:

Fast 500 Wohnungen sind an der Hattersheimer Straße (Gelände Polar Mohr) geplant.

Ein gewaltiger Wohnklotz soll an der Homburger Straße errichtet werden: Rund 100 neue Wohnungen sollen mitten in dem engen Wohngebiet entstehen.

Und dann gibt’s auch noch Marxheim II (auch Römerwiesen genannt), ein Riesen-Projekt mit mehr als 1.400 Wohnungen für über 3.000 Menschen. Vor drei Jahren Jahren wurde es mit großem Aufwand von der Stadt vorgestellt. Seither hört man nicht mehr viel davon…

Auf den Gleichen 202312
So stellen sich die Unternehmen Weiss und Frank die Bebauung des Gebiets „Auf den Gleichen“ vor. Es liegt hinterm Wohn- und Gewerbegebiet Langgewann und zieht sich von der Reifenberger Straße bis zur gepflasterten
Verlängerung der Altenhainer Straße hoch.

Angesichts von fast 2.000 geplanten Wohnungen könnte man über die Notwendigkeit eines weiteren Baugebiets vortrefflich diskutieren – wenn denn nur offen darüber gesprochen würde. Aber genau hier liegt ein Problem der Hofheimer Politik, das ihr zunehmend auf die Füße fällt:

Die Planung für „Auf den Gleichen“ wurde bislang und wieder einmal wie eine geheime Kommandosache behandelt. Informationen für die Öffentlichkeit? Gab’s nicht! Details zur Planung: völlig unbekannt!

Weitergehende und eigentlich naheliegende Fragen zur Grundversorgung aller Bürger – Wie sieht’s mit der Verkehrsplanung aus? Was ist mit Kita-Plätzen, von denen es heute schon zu wenige gibt? Was ist mit Schulen? Ärztlicher Versorgung? Mit Umwelt, Klima, Naturschutz... – all diese Themen wurden erst gar nicht angesprochen.

Inzwischen stellt sich noch eine weitere Frage, die bisher stets ausgeklammert wurde – erst die engagierte Naturschützerin Tanja Lindenthal, die für die Bürger für Hofheim (BfH) im Stadtparlament sitzt, machte darauf aufmerksam: Die Flächen des geplanten Wohngebiets könnten zu einem sogenannten Kompensationsbereich gehören, von dem im Gerichtsurteil zu Vorderheide II zu lesen ist.

Bezeichnend, dass dies nicht längst geklärt wurde. Vielleicht hatte man gehofft, das keiner danach fragen werde. Jetzt sollen sich Juristen kümmern und Antworten liefern.

Projektentwickler Weiss beteuert inzwischen, er habe die meisten Fraktionen vollumfänglich und frühzeitig informiert. Er nennt auch Daten: Der CDU-Fraktion will er die Pläne bereits Ende 2022 präsentiert haben, FDP, FWG und BfH wurden demnach im Februar letzten Jahres eingeweiht.

Es waren offenbar „nur“ informelle Gespräche. Eine breite Vorstellung der Pläne oder gar Diskussionen in der Bürgerschaft waren bisher nicht vorgesehen. Die Entscheidungen sollten demnach hinterm Rücken der Stadtgesellschaft gefällt werden.

So hat man sich das im Hofheimer Rathaus wohl gedacht: Erst wenn alle Beschlüsse unumkehrbar „im Sack sind“, werden die Bürger informiert.

Dieses in Hofheim über viele Jahre geübte Vorgehen könnte den Vorwurf auf dem Plakat erklären: „Bananenrepublik Hofheim“

Wer das Plakat entworfen und aufgehängt hat, ist übrigens nicht bekannt. Der Kreis der Verdächtigen ist ziemlich groß:

Es soll sich um einen Leser des Hofheim/Kriftel-Newsletters handeln. Ein größerer QR-Code auf dem Plakat jedenfalls führt auf diese Webseite – direkt zum Bericht „Milllionen-Coup eines CDU-Politikers – mit Unterstützung aus dem Rathaus“.

Wer sagt die Wahrheit – wer lügt?

Hat Hofheims Stadtspitze versucht, die Öffentlichkeit vorsätzlich zu täuschen? Und benutzte sie dafür die Lokalzeitung? Oder aber verbeiten die Investoren Fake-News?

Am 9. März 2023 berichete das Kreisblatt über das Baugebiet „Auf den Gleichen“, dass sich die Stadt „nach eigenem Bekunden mit dem Baugebiet derzeit nicht beschäftigt“. Und weiter:

„Nach den Worten von Planungsdezernent Wolfgang Exner (CDU) sei auf die Stadt auch noch kein Projektentwickler zugekommen. Und Bürgermeister Christian Vogt (CDU) winkt ab – neben den Römerwiesen und dem Polar-Gelände werde die Stadt sich sicherlich nicht gleichzeitig mit einem weiteren großen Baugebiet befassen“.

Vor einer Woche haben die Investoren die Stadtverordneten angeschrieben. In ihrer E-Mail heißt es – wörtlich:

Zum Baugebiet „Auf den Gleichen“ „sind wir seit etwa einem Jahr auch in intensivem Austausch mit der Fachverwaltung und dem Magistrat“.

Wer sagt hier die Wahrheit? Einer jedenfalls sagt die Unwahrheit…

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2 Kommentare

  1. hebeling

    Von zuviel Henninger bekommt man in der Politik warsteinlich Binding-Hautentzündung, das behindert die gesunde Wahrnehmung… Das kennt doch Jever hier: Die Kommunalpolitik ist offensichtlich in Bierlaune… aber schon längst über einen lustigen Anfangsschwips drüber Richtung Dauerpegel.

    14. Januar 2024
    |Antworten
  2. Norbert Rüffer

    Neben einer wünschenswerten generellen Transparenz bei diesen Planungen den Hofheimer Bürgern gegenüber, ginge es m.E. auch darum, offenzulegen, inzwiefern diese Projekte in die kommunale Wärmeplanung der Stadt einbezogen sind bzw. einbezogen werden sollen. Für Marxheim II stellt sich z.B. die Frage, ob die Abwärme eines m.W. in der Nähe geplanten Rechenzentrums genutzt werden kann.

    15. Januar 2024
    |Antworten

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